Einmalprodukte

Kommt die kontrollierte Aufbereitung in der EU dennoch?

Ein Einmalprodukt sollte an einem einzigen Patient, ein einziges Mal und für eine einzige Maßnahme verwendet werden. Das Einmalprodukt sollte nicht einmal an demselben Patienten nochmal verwendet werden und ist insbesondere nicht für die Aufbereitung bestimmt. Aufbereitung bedeutet unter anderem Desinfektion, Reinigung, Sterilisation und Verpackung von einem bereits verwendeten Produkt, um es nochmal zu verwenden. Einmalprodukte wurden entwickelt, um die Infektionsgefahr und die Kreuzkontamination zu minimalisieren. Viele von ihnen sind heutzutage High-Tech-Produkte, welche Verfahren ermöglichen, die anders nicht möglich wären. Leider werden diese empfindliche Geräte und Produkte oft ohne ausreichende Kontrolle aufbereitet und wiederverwendet, wodurch das Leben der Patienten gefährdet wird. Wird anderseits ein Einmalprodukt auf geregelte Weise und sicher aufbereitet, verringert das die Gesundheitskosten, schützt die Umwelt, und verbessert die Sicherheit des Patienten. Daher ist eine klare, genaue und einheitliche Regelung erforderlich.
 
Derzeit gibt es zur Überwachung der Aufbereitung der Einmalprodukte keine EU-weite Regelung. Jeder Mitgliedstaat hat seine eigenen Rechtsvorschriften. Zum Beispiel verbieten Ungarn, Tschechische Republik und die baltischen Staaten die Aufbereitung der Einmalprodukte. Deutschland verfügt inzwischen über Leitlinien, die die Aufbereitung in gewisser Masse regeltn. Andere Mitgliedstaaten haben keine spezifischen Rechtsvorschriften zu diesem Aspekt (wie Slowakei, Polen). Diese Abweichungen zeigen die Notwendigkeit einer einheitlichen Regelung, um ein höchstmögliches Maß an Sicherheit für Patienten und Staatsbürger der EU zu gewährleisten sowie die Risiken für Hersteller solcher Produkte zu minimalisieren.
 
Entspricht allerdings die neue Medizinprodukteverordnung („MDR“) diesen Anforderungen?
 
Erstens wird die Aufbereitung von Medizinprodukten nur dann möglich, wenn die Mitgliedstaaten sich dafür entscheiden, dass dies gemäß nationalem Recht erlaubt ist. Somit werden die Mitgliedstaaten eine sog. „Opt-out“ Option hinsichtlich der Aufbereitung haben. Da nationale Regelungen gelten werden, können sie je nach Mitgliedstaat variieren. Trotz der Absicht der Kommission werden die Regelungen bezüglich der Aufbereitung nicht für alle EU-Länder verbindlich sein. Aus regulatorischer Sicht ist es möglich, dass Länder, welche die Aufbereitung verbieten, den Status quo aufrechterhalten, da diese Lösung günstiger ist. Dies wird allerdings die unkontrollierte Aufbereitung in Gesundheitseinrichtungen nicht verhindern, was erhebliche Risiken hinsichtlich der Patientensicherheit mit sich bringt.
 
Um die Sicherheit der Patienten zu gewährleisten, werden Aufbereiter von Einmalprodukten gemäß der MDR wie Hersteller betrachtet. Somit übernehmen sie die Verpflichtungen eines Herstellers. Es ist möglich, dass sie von einer Benannten Stelle zertifiziert werden sollen und auch ihr Name und Adresse an dem aufbereiteten Produkt angegeben werden soll. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass die aufbereiteten Produkte dasselbe Sicherheitsniveau haben als die ursprünglichen Einmalprodukte.
 
Die Mitgliedstaaten haben allerdings die Möglichkeit, sich für eine Ausnahme für Gesundheitseinrichtungen (sogar auch möglich für ihre externen Aufbereiter) zu entscheiden. In diesem Fall werden die geltenden Regelungen für Hersteller nicht angewendet, wenn Einmalprodukte verarbeitet und nur in Gesundheitseinrichtungen verwendet werden. Diese Abweichung von der MDR ist nur möglich, wenn die Gesundheitseinrichtung oder ihr externer Aufbereiter den üblichen relevanten Spezifikationen oder nationalen Bestimmungen und harmonisierten Standards entspricht, und dies durch eine Benannte Stelle bescheinigt wird. Es ist nicht eindeutig, was als übliche Spezifikation gelten wird, und es ist auch zweifelhaft, ob die Benannten Stellen die Richtlinien der Gesundheitseinrichtungen für die Aufbereitung zertifizieren werden.
 
Obwohl die MDR einen Schritt in die richtige Richtung macht, sieht es leider trotzdem so aus, dass sogar die MDR kein harmonisiertes und einheitliches System einführen kann, um die sichere Aufbereitung der Einmalprodukte zu sichern.
 
Résumé:
 
Es ist zweifelhaft, ob die neue Regelung die Sicherheit der Patienten erhöhen wird. Um die unkontrollierte Aufbereitung, die derzeit in vielen EU-Ländern stattfindet, wirksam zu stoppen, ist ein harmonisiertes und einheitliches Regulierungssystem, das von Behörden überwacht und von Benannten Stellen kontrolliert wird, von entscheidender Bedeutung. Die zukünftige Opt-out Regelung der MDR mit zusätzlichen speziellen Ausnahmen für Krankenhäuser, beseitigt nicht die Unterschiede zwischen den bestehenden nationalen Regelungen. Zudem stellen sich sowohl für die betroffenen Unternehmen als auch für die Gesetzgeber viele offenen Fragen.

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