Tschechien: Unter welchen Bedingungen können mit der Gehaltsvereinbarung etwaige Überstunden abgegolten werden?

In seinem Urteil 21 Cdo 1033/2019-209 vom 26.2.2021 befasste sich der Oberste Gerichtshof mit einer Frage, welche die Bedingungen berührte, unter denen die Gehaltsvereinbarung mit dem Arbeitnehmer dessen etwaige Überstundenarbeit bereits berücksichtigt.

Im vorliegenden Streit hatte der Arbeitnehmer bei seinem Arbeitgeber (bzw. dessen Rechtsnachfolger) die Zahlung eines Betrags i.H.v. 90 510,- CZK mit Verzugszinsen aus dem Rechtsgrund von Überstundenarbeit angestrengt, die er im Zeitraum vom 1.7.2015 bis zum 14.2.2016 im Umfang von 196 Stunden geleistet haben wollte. Auf der Grundlage des Arbeitsvertrags vom 4.2.2002 war der Arbeitnehmer (Kläger) als Verkaufsstellenleiter tätig gewesen.

Der Arbeitgeber führte vor dem erstinstanzlichen Gericht zu seiner Verteidigung an, das Gehalt des Klägers sei bereits unter Berücksichtigung etwaiger Überstunden vereinbart worden, im Hinblick auf den Wortlaut von Art. 3.1. des Tarifvertrags für das Jahr 2015. Gemäß der Neufassung des Tarifvertrags galt das Gehalt von Mitarbeitern stets als neu u. unter Berücksichtigung einer Klausel vereinbart bzw. festgesetzt, wonach etwaige Überstunden im festgesetzten Höchstumfang (150 Stunden pro Kalenderjahr bei Regelarbeitnehmern bzw. 416 Stunden bei leitenden Angestellten) bereits abgegolten seien.

Das Gericht erster Instanz gab dem Arbeitnehmer recht und der Klage statt, unter Verweis auf den Umstand, dass das Gehalt dem Kläger von der Beklagten in Form einer einseitigen Gehaltsbemessung festgesetzt worden war, so dass die Bedingung eines unter Berücksichtigung der etwaigen Überstundenarbeit vereinbarten Gehalts gar nicht erfüllt sein konnte.

Die Beklagte wandte sich an das zuständige Berufungsgericht, welches in der Sache eine andere Auffassung als das erstinstanzliche Gericht hatte und dessen Urteil zurückwies. Zwar stimmte das Berufungsgericht dem erstinstanzlichen Gericht insoweit zu, dass die Gehaltsbemessung vom 30.12.2011 keine Gehaltsvereinbarung, sondern ein unilaterales Rechtsgeschäft war. Es wies aber zugleich darauf hin, dass zum 1.5.2015 ein Tarifvertrag wirksam geworden war, dem zufolge das Gehalt leitender Angestellter künftig stets als unter Berücksichtigung etwaiger Überstundenarbeit vereinbart galt. Das Berufungsgericht gab dem Kläger darin Recht, dass der zum 1.5.2015 verabschiedete Tarifvertrag sich nicht auf die Vergütungsbedingungen beziehen kann, die in dem seiner Verabschiedung vorausgehenden Zeitraum galten.

Allerdings argumentierte das Berufungsgericht des Weiteren, dass der für den Gegenstand der Klage relevante Zeitraum nach dem 1.7.2015 lag. Gegenstand der Argumentation des Berufungsgerichts war außerdem, dass sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber im Rahmen der Vertragsfreiheit jederzeit während des Beschäftigungsverhältnisses eine Änderung der früher vereinbarten (oder vom Arbeitgeber einseitig bestimmten) Gehaltsbedingungen veranlassen und sich darauf einigen können, dass das Gehalt (ohne dass sich dessen Höhe ändern würde) im Weiteren als Gehalt vereinbart wird, in dem die Überstundenarbeit bereits enthalten ist.

Der Kläger ging gegen diese Entscheidung des Berufungsgerichts in Revision. Er wollte dessen Schluss nicht folgen, wonach sein Gehalt auf der Grundlage des neuen, ab dem 1.5.2015 gültigen Tarifvertrag als Pauschalgehalt mit Einbeziehung etwaiger Überstunden vereinbart worden war. Das Revisionsgericht konstatierte, das angefochtene Urteil des Berufungsgerichts hänge (u.a.) von der Antwort auf eine materiellrechtliche Frage ab, die bisher nicht in allen Zusammenhängen von den Gerichten geklärt worden sei – nämlich der Frage, unter welchen Umständen ein Gehalt unter Berücksichtigung etwaiger Überstundenarbeit vereinbart werden kann, und beurteilte damit die Revision des Klägers als zulässig. Vorrangig hielt das Revisionsgericht fest, dass ein Gehalt unter Einbeziehung etwaiger künftiger Überstundenarbeit vereinbart werden kann, wenn zugleich der Umfang der Überstunden festgehalten wird, der bei Vereinbarung des Gehalts in Betracht gezogen wird. Zugleich betonte das Gericht, das Arbeitsgesetzbuch sehe keine konkrete Art und Weise für die Berücksichtigung etwaiger Überstunden in der Gehaltsvereinbarung vor, so dass es ganz der Vertragsfreiheit der Parteien vorbehalten bleibt, wie sich die voraussichtliche Leistung von Überstunden im Gehalt niederschlagen soll. Von daher ist es ausgeschlossen, ein Gehalt, welches Überstundenarbeit berücksichtigt (vergütet), in Form einer arbeitgeberseitigen internen Richtlinie oder einer unilateralen Gehaltsbemessung festzusetzen. Ein Gehalt, welches Überstundenarbeit berücksichtigt, kann damit (nur) im Tarifvertrag, im Arbeitsvertrag oder in einer anderen vertraglichen Vereinbarung vereinbart werden.

Das Revisionsgericht hielt des Weiteren fest, dass dieser Vertrag – neben der Abrede betreffend die Vergütungsbedingungen des Arbeitnehmers (sowie, im Falle eines Tarifvertrags, der Abgrenzung der betreffenden Arbeitnehmerkategorie(n)) – eine Vereinbarung dahingehend enthalten muss, dass das Gehalt unter Berücksichtigung etwaiger Überstundenarbeiten vereinbart wurde, einschließlich des Umfang der mit dem vereinbarten Gehalt abgegoltenen Überstunden. Soll der Arbeitnehmer nach dem Übergang auf diese Art der Vergütung auch weiterhin das Gehalt (nur) in der ursprünglichen Höhe zustehen, so muss dieser Umstand im Vertrag zum Ausdruck kommen; es genügt also nicht eine bloße Klausel des Inhalts, das Gehalt sei (nunmehr) unter Berücksichtigung etwaiger Überstunden vereinbart.

Das Revisionsgericht wies außerdem darauf hin, dass die Vereinbarung, Bemessung oder Bestimmung des Gehalts im Einklang mit § 113 Abs. 3 des Arbeitsgesetzbuchs vor Beginn der Arbeitsausübung stattfinden muss. Deshalb lässt sich ein Gehalt, mit dem etwaige Überstunden bereits berücksichtigt sind, lediglich mit Wirkung für die Zukunft vereinbaren. Abschließend hielt das Revisionsgericht fest, dass dem Arbeitnehmer im vorliegenden Fall für die bisher ausgeübte Überstundentätigkeit das verdiente Gehalt einschließlich Zuschlag (bzw. Freizeitausgleich) zusteht.

Das Revisionsgericht gelangte somit zu dem Schluss, dass der zur Beurteilung anstehende Wortlaut des Tarifvertrags vom 1.5.2015 für sich genommen an den bisherigen Vergütungsbedingungen des Klägers hinsichtlich der Vergütung von Überstunden nichts ändern konnte, hob das Urteil des Berufungsgerichts auf und verwies die Sache zur Neuverhandlung an das Berufungsgericht zurück.

Quelle:
Urteil des Obersten Gerichtshofs, AZ 21 Cdo 1033/2019-209, vom 26.2.2021

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