Verwendbarkeit von Videokonferenzen im Zivilprozess vor tschechischen Gerichten

Das Jahr 2020 steht im Zeichen des Abstands, den wir alle zur Eindämmung der Pandemie halten sollen (das sog. Social Distancing). Ist der Zivilprozess darauf eingerichtet?

Im September 2017 – lange bevor die aktuelle Pandemie auf den Plan trat – trat ein Änderungsgesetz zur Zivilprozessordnung in Kraft, welches es den Zivilgerichten ermöglichen sollte, technische Einrichtungen für die Übertragung von Bild und Ton für Prozesshandlungen heranzuziehen. Vermittels Videokonferenztechnologie kann die Anwesenheit der Verfahrensbeteiligten (d.h. sowohl des Klägers als auch des Beklagten) oder etwa eines Dolmetschers sichergestellt werden; es können Zeugen, Sachverständige oder die Beteiligten vernommen werden. Auch im Rahmen der Beweisaufnahme kann die Videokonferenz zum Einsatz kommen.

Das Gericht kann Videokonferenztechnologie nur auf Antrag eines der Verfahrensbeteiligten einsetzen, oder dann, wenn deren Verwendung zweckmäßig erscheint – letzteres ist z.B. der Fall, wenn für das Beisein eines Beteiligten oder Zeugen gesorgt werden soll, der sich im Strafvollzug befindet oder hospitalisiert ist, so dass seine physische Anwesenheit im Gerichtssaal schwerlich zu bewerkstelligen ist. Nicht zweckmäßig wäre hingegen die Vernehmung eines Hauptzeugen, dessen persönliche Anwesenheit bei der Gerichtsverhandlung wichtig ist, um seine Glaubwürdigkeit beurteilen zu können.

Die eigentliche Videokonferenz beginnt notwendigerweise mit der Feststellung der Person. In der Praxis ist für diesen Schritt mit Einwilligung des vorsitzenden Richters ein entsprechend betrauter Gerichts- oder Gefängnisbeamter verantwortlich. In einer einleitenden Belehrung informiert der Richter die betreffenden Personen über das Prozedere; insbesondere können sie jederzeit im Verlauf der Videokonferenz die mangelnde Qualität der Bild- oder Tonübertragung einwenden. Der mit der Feststellung der Identität betraute Mitarbeiter soll die ganze Zeit mit der betreffenden Person vor Ort verbleiben, um sicherzustellen, dass die Videokonferenz das entsprechende Gewicht hat. Dass es sich in jedem Fall um einen justiziellen Akt handelt, sollte nicht vergessen werden: als solcher hat ein ausreichender Grad an Würde und Formalität gewahrt zu bleiben. Videokonferenzen werden immer als audiovisuelle Aufzeichnung festgehalten, um den Verlauf auch später belegen zu können.

Im Rahmen der fortschreitenden Digitalisierung des Gerichtswesens und der öffentlichen Verwaltung als solcher handelt es sich um ein insgesamt begrüßenswertes Element, welches nicht nur in Krisenzeiten seine Verwendung findet. Die Möglichkeit, Videokonferenzen abzuhalten, bietet eine Reihe von Vorteilen, und kann u.a. zur Verfahrensbeschleunigung und zu einer effektiveren Rechtsprechung beitragen (weil die Notwendigkeit entfällt, Gerichtstermine, z.T. wiederholt, vertagen zu müssen).

Quelle:
Zivilprozessordnung (Ges. Nr. 99/1963 Slg., idgF)

Newsletter abonnieren

Wenn Sie den Newsletter abonnieren, stimmen Sie zugleich unseren Datenschutzbedingungen zu.