Ein Überblick zu den am 30. Juli 2020 in Kraft tretenden Änderungen des Arbeitsgesetzbuches zur Umsetzung der Richtlinie 2018/957/EU.
Während die Novelle des Arbeitnehmerentsendegesetzes in Deutschland hitzige Debatten auslöste und am 3. Juli 2020 quasi erst in letzter Minute vor Ablauf der Umsetzungsfrist (30. Juli 2020) vom Bundesrat verabschiedet wurde, treten auch in Litauen pünktlich zum 30. Juli 2020 Änderungen der Art. 108 und 109 des Arbeitsgesetzbuches zur Umsetzung der Entsenderichtlinie in Kraft.
Demnach unterliegt ein Arbeitnehmer, der aus dem Ausland nach Litauen entsendet wird, zukünftig auch Bestimmungen nationaler (branchenübergreifender), territorialer und sektoraler Kollektivverträge.
Bisher waren lediglich die gesetzlichen Mindestbestimmungen des zwingenden Rechts auf das Arbeitsverhältnis anwendbar, das betraf Arbeits- und Ruhezeiten, Mindesturlaub, Arbeitsschutz und das Verbot von Diskriminierung am Arbeitsplatz.
Zudem musste nach Litauen entsandten Arbeitnehmern der litauische Mindestlohn, einschließlich einer Abgeltung für Überstunden, Nachtarbeit sowie Arbeit an Feiertagen gezahlt werden.
Dieser Katalog der Arbeitsbedingungen wird nun deutlich erweitert. Zukünftig muss den Arbeitnehmer nicht mehr nur der Mindestlohn gezahlt werden, sondern die Vergütung, die in nationalen, territorialen und sektoralen Kollektivverträgen vorgesehen sind.
Hinzu kommt, dass auch die Bedingungen für die Unterbringung von Arbeitnehmern sowie Aufwandsentschädigungen (Transport-, Reise- und sonstige Kosten) gemäß den nationalen, territorialen und sektoralen Kollektivverträgen für den entsandten Arbeitnehmer anwendbar sind.
Tagegeld und andere Entsendezulagen, mit Ausnahme der Zulagen zur Deckung der tatsächlichen Reise-, Unterbringungs- und Aufenthaltskosten, werden als Teil der Vergütung behandelt. Wenn das Tagegeld oder andere Entsendezulagen nicht getrennt von den tatsächlichen Reise-, Unterbringungs- und Aufenthaltskosten ausgewiesen sind, wird davon ausgegangen, dass die an den Arbeitnehmer gezahlten Zulagen den tatsächlichen Reise-, Aufenthalts- und Aufenthaltskosten der Entsendung decken.
Übersteigt die tatsächliche Dauer der Entsendung 12 Monate, unterliegt der entsandte Arbeitnehmer zukünftig ungeachtet des für den Arbeitsvertrag oder das Arbeitsverhältnis geltenden Rechts sämtlichen auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Vorschriften der Republik Litauen (einschließlich der oben genannten Kollektivverträge), mit Ausnahme der Bestimmungen über den Abschluss und die Beendigung von Arbeitsverträgen sowie Wettbewerbsverbote. Die Frist von 12 Monaten kann durch Mitteilung an die Aufsichtsbehörde auf maximal 18 Monate verlängert werden. Wenn ein entsandter Arbeitnehmer durch einen anderen entsandten Arbeitnehmer ersetzt wird, der dieselbe Arbeit am selben Arbeitsplatz ausführt, werden die Entsendezeiten beider Arbeitnehmer für die Berechnung dieser Frist aufaddiert.
Im Vergleich zu den Auswirkungen, welche die Umsetzung der Richtlinie 2018/957/EU für litauische Unternehmen, die Arbeitnehmer nach Deutschland entsenden, mit sich bringt, dürfte der umgekehrte Fall zumindest weniger problematisch sein. Im Vergleich zu Deutschland sind Kollektivverträge deutlich weniger verbreitet und deren Struktur weniger komplex. Dennoch sollte im Voraus immer eine intensivere Prüfung der geltenden Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen erfolgen, was Entsendungen verwaltungstechnisch komplizierter machen dürfte.
Quelle: Gesetz Nr. XIII-2888 vom 7. Mai 2020 zur Änderung der Artikel 108, 109 sowie des Anhangs zum Arbeitsgesetzbuches der Republik Litauen (TAR, 2020, Nr. 2020-10789)