Neuigkeiten im grenzüberschreitenden Insolvenzverfahren

Erleichterung der Geltendmachung von Gläubigeransprüchen, effizienteres Verfahren

Am 26 Juni 2017 ist die europäische Verordnung Nr. 2015/848 in Kraft getreten, die auch in Ungarn wesentliche Änderungen der grenzüberschreitenden Insolvenzverfahren mit sich gebracht hat.  Die Verordnung zielt insbesondere darauf ab, die Geltendmachung von Gläubigeransprüchen zu erleichtern und deren Effizienz zu erhöhen. Um der Verordnung zu entsprechen, wurde auch das ungarische Insolvenzgesetz an mehreren Stellen modifiziert.  Im Zuge der Modifizierung des Insolvenzgesetzes wurde die Definition der Wirtschaftsorganisationen präzisiert und es wurde auch ein neuer Begriff, der des „Verwalters“ eingeführt. Als Verwalter gilt in Ungarn der Insolvenzverwalter, der Vergleichsverwalter und der ausländische Verwalter.

 

Gemäß der Verordnung müssen im Fall von grenzüberschreitenden Insolvenzverfahren elektronische Insolvenzregister geführt werden, damit dadurch Gläubigern mit Wohnsitz oder Sitz in anderen Mitgliedstaaten sowie Gerichten mit Sitz in anderen Mitgliedstaaten Informationen leichter zugänglich gemacht werden. Das in Ungarn zu errichtende mitgliedsstaatliche Insolvenzregister wird diejenigen Daten der Insolvenzverfahren enthalten, die ab dem 26. Juni 2018 in Ungarn eingeleitet werden. Neben den „Pflichtinformationen“ muss das Register auch solche Daten enthalten, wie zum Beispiel die Einleitung und Beendigung von Klagen bezüglich des Schuldnervermögens, Name des zuständigen Gerichtes und Geschäftszahl, oder Hinweise auf Feststellungsklagen hinsichtlich der Verletzung der Interessen der Gläubiger gegen Leiter und ehemalige Leiter des Schuldners, oder gegen Mitglieder, Eigentümer der juristischen Person als Schuldner. Weiter werden auch die elektronischen Daten des Schuldners, des Vergleichsverwalters und des Insolvenzverwalters angegeben, und auch, ob das Verfahren als „vereinfachtes Verfahren“ durchgeführt wird. D Insolvenzregister wird die Daten für 15 Jahre ab deren Eintragung in abrufbarer Form bewahren.  Danach müssen sie noch bis 5 Jahre archiviert und danach unverzüglich gelöscht werden.

Zur Erleichterung der Geltendmachung des Anspruchs ermöglicht die Verordnung, dass die ausländischen Gläubiger ihre Ansprüche mithilfe eines einheitlichen Formulars geltend machen. Das Formular für die in Ungarn eingeleiteten Hauptinsolvenzverfahren und Sekundärinsolvenzverfahren kann von der Webseite des Firmenamtsblattes und des Nationalen Justizamtes heruntergeladen werden.

Eine wesentliche Änderung ist, dass der ausländische Verwalter gemäß dem geänderten Insolvenzgesetz  im Falle eines Hauptinsolvenzverfahrens dafür Sorge zu tragen hat, dass die Einleitung des Hauptinsolvenzverfahrens ins Grundbruch oder in ein anderes öffentliches Register eingetragen wird, wenn der Schuldner in Ungarn über Immobilienvermögen, oder über Vermögen verfügt, das in ein anderes öffentliches Register eingetragen ist, bzw. über einen Standort verfügt, bezüglich dessen ein Recht oder eine Tatsache in ein öffentliches Register eingetragen ist.  Wird diese Eintragung unterlassen, haftet der ausländische Verwalter, bzw. der Schuldner, falls der Schuldner über sein Vermögen noch verfügen kann. 

Desweiteren wird es inländischen Gläubigern im Rahmen eines Sekundärinsolvenzverfahrens ermöglicht, dass sie einen Sachverständigen in  Anspruch nehmen, um bestimmte wesentliche und wirtschaftliche Sachfragen zu klären.

Falls innerhalb eines Konzerns gegen mehrere Konzernmitglieder in verschiedenen Mitgliedstaaten Insolvenzverfahren eingeleitet sind, haben die zuständigen Verwalter die Möglichkeit, im Rahmen einer koordinierten oder sogar informellen Zusammenarbeit eine Vereinbarung abzuschließen. Es besteht aber auch die Möglichkeit, das Verfahren sogar auf eine formale Art und Weise, im Rahmen eines Gruppen-Koordinationsverfahrens abzuwickeln. Gemäß der Verordnung kann jeder Verwalter innerhalb des Konzerns die Einleitung eines Gruppen-Koordinationsverfahrens beantragen. Über den Antrag entscheidet jegliches Gericht, welches für eine Gesellschaft der Koordinations-Gruppe zuständig ist. Im Rahmen des Verfahrens schlägt der Koordinator eine koordinierte und übergreifende Vorgehensweise vor und führt diese gemeinsam mit den anderen Verwaltern durch. Im Falle der Insolvenzverfahren innerhalb eines Konzerns werden die Gläubigerinteressen durch das koordinierte Vorgehen gesichert und wird dadurch eine höhere Rückerstattung erhofft.

Résumé:

Die Änderungen werden die Abwicklung der grenzüberschreitenden Insolvenzverfahren  voraussichtlich effizienter  gestalten und die Geltendmachung der Gläubigerforderungen erleichtern. Eine wesentliche Rolle wird dabei die Möglichkeit der Kontaktpflege zwischen den Verwaltern und den Gerichten der Verfahren spielen. Das elektronische Register und die einheitlichen Formulare werden auch zu einer wesentlichen Erleichterung führen.

 

Quelle: Verordnung 2015/848 des Europäischen Parlaments und des Rates über Insolvenzverfahren

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