Neues Vergaberecht kommt nach Tschechien

Czech Republic: Ein neues Gesetz über die Vergabe öffentlicher Aufträge lässt dem Auftraggeber mehr Ermessensspielraum bei der Wahl des Auftragnehmers und lockert den bestehenden überspannten Formalismus für den Auftragnehmer.

Am 1.Oktober 2016 tritt nach langen Vorbereitungsarbeiten eine neue Vergabeordnung in Kraft, die die europäische Vergaberichtlinie ins tschechische Recht transponiert.

Die Vergabeverordnung sorgt dafür, dass der (mancherorts übertriebene) Formalismus der bisherigen Regelung etwas gelockert wird. In Zukunft ist die Vergabestelle nicht mehr in dem Maße wie bisher gebunden, wenn es um die Beurteilung der Qualifikation der Bieter oder die Vergabe von Mehrarbeit geht. Außerdem ist die Bandbreite der Gründe erweitert worden, aus denen heraus die Vergabestelle einen Bieter vom Vergabeverfahren ausschließen kann. Damit wird es ihr ermöglicht, flexibler auf den bisherigen Verlauf der jeweiligen Ausschreibung zu reagieren, und gegebenenfalls nicht bloß auf Grundlage der vorgelegten Angebotsunterlagen sondern auf der Grundlage ihrer weitergehenden Kenntnis der einzelnen Bieter zu entscheiden.

Die neue Verordnung enthält eine Reihe kleinerer wie größerer Änderungen. Die Grundstruktur des Vergabeverfahrens ist aber unangetastet geblieben, so dass die mit der bisherigen Regelung gewonnenen Erfahrungen auch nach Inkrafttreten der Neuregelung von Nutzen sein werden.

Zu den wichtigsten Änderungen zählt Folgendes:

Die Vergabestelle hat das Recht, den Bieter gegebenenfalls zur Ergänzung seines bereits eingereichten Angebots um weitere „Angaben, Unterlagen, Muster oder Modelle, die nicht gemäß den Bewertungskriterien bewertet werden“ aufzufordern.

Damit müssen formale Mängel bei der Erstellung der Angebotsunterlagen künftig nicht zum „automatischen“ Ausschluss von der Teilnahme am Vergabeverfahren führen, so wie dies bisher der Fall war – dies ist ein enormer Schritt in die richtige Richtung. Allerdings macht die Lockerung der Regeln zugleich deren Missbrauch (im Sinne einer Bevorzugung bestimmter Bieter) leichter.

Der Auftraggeber darf den Leistungsgegenstand gemäß dem öffentlichen Auftrag um bis zu 10% des ursprünglichen Auftragsvolumens (bzw. 15% im Falle von Bauleistungen) ausweiten, ohne diese sog. Mehrarbeiten gesondert ausschreiben zu müssen. Bisher galt, dass jede (noch so unbedeutende) Erweiterung des Auftragsgegenstands die Durchführung eines förmlichen Vergabeverfahrens erforderlich machte (zumeist als Verhandlungsverfahren ohne vorherige Veröffentlichung einer Bekanntmachung).

Der ursprüngliche öffentliche Auftrag kann außerdem um bis zu 50% erweitert werden, falls die gesetzlich vorgegebenen Anforderungen erfüllt sind. Dies ermöglicht es dem Auftraggeber, bei der Umsetzung des öffentlichen Auftrags flexibler auf unerwartete Hindernisse zu reagieren, was v.a. im Bereich Bauaufträge eine willkommene Änderung darstellen dürfte.

Allerdings wird erst die Praxis zeigen, ob der neue Ansatz zu einem „besseren“ Vergabewesen (im Sinne höherer Qualität zum vernünftigen Preis) führt, oder zu größerer Manipulation zuungunsten eines gleichberechtigten Wettbewerbs um öffentliche Aufträge.

Quelle: Ges. Nr. 134/2016 Slg., über die Vergabe öffentlicher Aufträge

 

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