Forderungsinkasso gemäß dem Neuen Bürgerlichen Gesetzbuch

Czech Republic: Die sog. Rekodifizierung des tschechischen Zivilrechts hat zahlreiche Änderungen mit sich gebracht, die sich auf rechtliche Beziehungen in der Tschechischen Republik auswirken.

Zu einem erheblichen Teil betreffen diese Änderungen auch Rechtsträger bei der Eintreibung ihrer Forderungen, weswegen diese im eigenen Interesse die relevanten Neuregelungen im Auge behalten sollten. Der vorliegende Artikel möchte die wichtigsten davon wenigstens in Kürze abhandeln.

Allgemeiner Mechanismus für das Forderungsinkasso
Der allgemeine Mechanismus für das Forderungsinkasso ist auch nach Inkrafttreten des neuen Bürgerlichen Gesetzbuchs (Ges. Nr. 89/2012 Slg. – im Weiteren auch nur „BGB-cz“) der gleiche geblieben: zunächst muss Leistungsklage eingereicht werden, und erst nach Erlangung eines stattgebenden Urteils (welches rechtskräftig und vollstreckbar sein muss) kann – falls der Schuldner nicht schon auf Grundlage des Urteils allein freiwillig leistet – die Erfüllung der Forderung im Rahmen eines Vollstreckungsverfahrens erwirkt werden.

Übergangsbestimmungen
Beim Inkasso einer konkreten Forderung muss zunächst bedacht werden, ob die gegebene Rechtsbeziehung sich nach dem früheren Bürgerlichen Gesetzbuch (Ges. Nr. 40/1964 Slg.) oder nach dem neuen Bürgerlichen Gesetzbuch richtet und anhand welcher dieser Rechtsvorschriften sie von daher zu beurteilen ist.

Es gilt die allgemeine Regel, dass Rechte und Pflichten, die ab dem Tag des Inkrafttretens des BGB-cz (also am 1.1.2014 oder später) zustande gekommen sind, sich nach diesem (neuen) BGB-cz richten. Frühere rechtliche Beziehungen richten sich nach dem alten Bürgerlichen Gesetzbuch, wobei aber die nachstehend beschriebenen Besonderheiten zu beachten sind.

In erster Linie von Interesse ist, dass sämtliche Mietverträge – also auch vor dem 1.1.2014 eingegangene Mietverträge – sich nach dem (neuen) BGB-cz richten. In diesem Zusammenhang will außerdem beachtet sein, dass sämtliche Bestimmungen von Mietverträgen, die im Widerspruch zu den zwingenden Bestimmungen des BGB-cz stehen, zum 1.1.2014 nichtig geworden sind. Damit gehen u.a. vertragliche Abreden ins Leere, in denen vereinbart wurde, die Pflichten des Mieters mit einer Vertragsstrafe abzusichern.

Was die Besicherung von Pflichten (z.B. durch Pfandrecht, Bürgschaft, Sicherungsübereignung usf.) allgemein anbelangt, so gilt, dass die Rechte, die sich aus einer vor dem 1.1.2014 bestellten Sicherheit ergeben, dem alten Bürgerlichen Gesetzbuch unterliegen, wohingegen Sicherheiten, die nach dem 1.1.2014 zustande gekommen sind, sich nach dem neuen BGB-cz richten, und zwar ungeachtet dessen, ob die mit ihnen besicherte Schuld dem alten oder dem neuen Bürgerlichen Gesetzbuch unterworfen ist.

Ein sich aus einer Verletzung von Rechtsvorschriften ergebendes Recht auf Schadensersatz richtet sich nach dem alten Bürgerlichen Gesetzbuch, falls die Pflichtverletzung vor dem 1.1.2014 begangen wurde, und zwar unbeachtlich des Zeitpunkts, zu dem der Schaden eintrat oder das Recht auf dessen Ersatz zustande kam. Falls die Pflichtverletzung nach dem 1.1.2014 begangen wurde, richtet sich das damit einhergehende Recht auf Schadensersatz nach dem neuen BGB-cz.

Verjährung
Das neue BGB-cz vereinheitlicht den rechtlichen Rahmen zur Verjährung – vorher war die Regelung für Vollkaufleute im Handelsgesetzbuch enthalten gewesen, während das Bürgerliche Gesetzbuch die Regeln für alle anderen Subjekte enthielt. Das BGB-cz schreibt eine dreijährige subjektive Verjährungsfrist fest (wobei der Beginn des Fristenlaufs vom Wissen des Gläubigers um die für den Beginn der Verjährung maßgeblichen Umstände abhängt), sowie eine zehnjährige objektive Verjährungsfrist (deren Beginn von der Einklagbarkeit des betreffenden Rechts abhängig ist, und zwar unabhängig davon, ob sich der Gläubiger seines Anspruchs bewusst ist). Für bestimmte Rechte sind Verjährungsfristen von besonderer Dauer vorgeschrieben.

Das BGB-cz schreibt vor, dass die Verjährungsfrist bei Abschluss einer Vereinbarung über außergerichtliche Verhandlungen zwischen Gläubiger und Schuldner über ein Recht bzw. über die Umstände, die ein solches Recht begründen, erst zu laufen beginnt, nachdem der Gläubiger oder der Schuldner ausdrücklich die weitere Teilnahme an solchen Gesprächen ablehnt; hat die Verjährungsfrist bereits früher zu laufen begonnen, so wird sie für den Zeitraum dieser außergerichtlichen Verhandlungen ausgesetzt. Da es durchaus strittig sein kann, wann die betreffende Vereinbarung geschlossen wurde (ob bereits mit Aufnahme der Verhandlungen selbst oder erst mit dem förmlichen Abschluss einer entsprechenden Vereinbarung – sei es mündlich oder schriftlich), ist Gläubigern jedenfalls davon abzuraten, sich auf diese Unterbrechung des Fristenlaufs zu verlassen, es sei denn, der Gläubiger und der Schuldner haben eine ausdrückliche (also am besten eine schriftliche) Vereinbarung über außergerichtliche Verhandlungen getroffen, aus der klar hervorgeht, dass sie unter anderem die Aussetzung der Verjährungsfrist bewirkt.

Zinsen
In Abkehr von der früheren Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs lässt es das BGB-cz zu, dass Vertragsparteien ein Recht des Gläubigers vereinbaren, Zinseszins zu fordern. Der Gläubiger ist außerdem auch ohne eine solche Abrede berechtigt, Zinseszins zu berechnen, falls sich die jeweils relevante Forderung auf eine widerrechtliche Handlung gründet. In einem solchen Fall darf aber Zinseszins erst ab dem Datum in Rechnung gestellt werden, zu dem die Forderung gerichtlich geltend gemacht wurde. Unseres Erachtens nach haben für die Zwecke dieser Bestimmung jegliche Vertragsverletzung und jeglicher Gesetzesverstoß als „widerrechtliche Handlung“ zu gelten.

Das BGB-cz motiviert Gläubiger zur zügigen Geltendmachung ihrer Forderungen vor Gericht insofern, als es eine Bestimmung enthält, wonach ein Gläubiger, der ohne guten Grund solange mit der Geltendmachung seines Anspruchs auf Begleichung der Schuld hintanhält, bis die Zinsen denselben Betrag wie das Forderungskapital ausmachen, das Recht einbüßt, weitergehende Zinsen zu fordern. (Allerdings stehen ihm dann weitergehende Ansprüche wieder ab dem Tag zu, zu dem er sein Recht vor Gericht geltend gemacht hat.)

Wucher, Übervorteilung
Beim Abschluss von Verträgen sollte im Auge behalten werden, dass bei einer Eintreibung der vertraglich geschuldeten Erfüllungsleistung der Schuldner womöglich auf die Einrede eines behaupteten wucherähnlichen Rechtsgeschäfts oder einer sog. enormen Verletzung („Verkürzung über die Hälfte“, Laesio enormis) zurückgreift.

Eine „enorme Verletzung“ bzw. Übervorteilung liegt dort vor, wo die Parteien sich zur gegenseitigen Erbringung von Leistungen verpflichtet haben und die von einer der Parteien geschuldete Leistung im groben Missverhältnis zu der von der jeweils anderen Partei erbrachten Leistung steht. In einem solchen Fall kann die „gekürzte“ Partei die Aufhebung des Vertrags und die Rückabwicklung (also die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands) verlangen, es sei denn, die andere Partei erbringt eine ergänzende Nachleistung, um die Kürzung wiedergutzumachen, unter Berücksichtigung des zum Zeitpunkt und am Ort des Vertragsschlusses üblichen Leistungswerts. Zu dieser allgemeinen Regel existieren freilich mehrere Ausnahmen.

Das BGB-cz bestimmt, dass ein Vertrag nichtig ist, wenn eine der Parteien beim Vertragsschluss die Notlage, Unerfahrenheit, Verstandesschwäche, emotionale Aufwallung oder Leichtfertigkeit der jeweils anderen Partei ausgenutzt hat und sich oder einem Dritten hat Leistungen von dieser anderen Partei zusichern oder erbringen lassen, deren Vermögenswert im groben Missverhältnis zur Gegenleistung steht (wucherähnliches Rechtsgeschäft).

Angesichts der Risiken, die sich aus der Möglichkeit ergeben, dass ein Schuldner sich auf Übervorteilung beruft, erscheint es sinnvoll darüber nachzudenken, ob die einschlägigen Bestimmungen (die unserer Auffassung nach sämtlich abdingbar sind) nicht im Vertrag von der Anwendung ausgeschlossen werden sollten. Die Bestimmungen des BGB-cz zum Wucher und zur Übervorteilung finden jedenfalls auf Beziehungen zwischen Vollkaufleuten keine Anwendung.

Letzte Mahnung vor Klageerhebung
Das Rechtsinstitut der „letzten Mahnung vor Klage“ hat ins tschechische Recht zwar nicht unmittelbar im Zusammenhang mit der Verabschiedung des BGB-cz Eingang gefunden; es ist aber für das Forderungsinkasso von solch grundlegender Bedeutung und zugleich relativ neu (es gilt seit dem 1.1.2013), dass es uns notwendig erscheint, es im Rahmen dieses Artikels kurz anzusprechen.

Die Zivilprozessordnung bestimmt, dass ein Kläger, der Leistungsklage (wg. Zahlung, Herausgabe einer Sache u. dergl.) erhoben hat, nur dann berechtigt ist, vom Beklagten die Erstattung seiner Verfahrenskosten zu fordern, wenn er mindestens 7 Tage vor Stellung des Antrags auf Einleitung eines Verfahrens eine letzte Leistungsaufforderung (Mahnung) an den Beklagten geschickt hat, und zwar an dessen Zustelladresse bzw. gegebenenfalls an die letzte ihm bekannte Adresse des Beklagten. Unterlässt der Kläger dies, so hat er auch dann keinen Anspruch auf Erstattung der Verfahrenskosten (also insbesondere der Gerichtsgebühr und der Kosten für die Rechtsvertretung), wenn er in der eigentlichen Sache obsiegt; je nach Lage des Einzelfalls kann dies für den Kläger eine empfindliche finanzielle Einbuße bedeuten.

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