Das Oberste Gericht Litauens beschränkt die Missbrauchsmöglichkeiten für Gläubiger im Insolvenzverfahren

Das Insolvenzgericht kann Angelegenheiten im Zuständigkeitsbereich der Gläubigerversammlung entscheiden, wenn diese notwendige Entscheidungen nicht trifft und so das Insolvenzverfahren verschleppt wird.

Am 12. Mai 2017 entwickelte das Oberste Gericht Litauens neue Leitlinien für Insolvenzverfahren. Diese sollen den Missbrauch von Gläubigerrechten beschränken. Das Gericht entschied, dass es in den Kompetenzbereich der Gläubigerversammlung eingreifen und deren Entscheidungen ersetzen kann in Fällen, in denen die Gläubigerversammlung keine Beschlüsse fasst, oder solche, die die wirksame Durchführung des Insolvenzverfahren vereiteln. Die neue Gerichtspraxis bezweckt, das schnelle und effektive Durchführen von Insolvenzverfahren sicher zu stellen.

Im zu entscheidenden Fall hatten Gläubiger mit Stimmenmehrheit in der Gläubigerversammlung die Fassung eines Beschlusses verhindert, der in der Kompetenz der Gläubigerversammlung lag und die Höhe des Verkaufspreises sowie das Verfahren bezüglich der Verwertung der Immobilien des Schuldners betraf.

Auf Grundlage einer Entscheidung der Gläubigerversammlung war eine hypothekarisch belastete Immobilie während des Insolvenzverfahrens vermietet worden. Die Mieteinnahmen wurden verwendet, um die Forderungen aller Gläubiger anteilig zu befriedigen, einschließlich der Forderungen der unbesicherten Gläubiger.

Der hypothekarisch besicherte Gläubiger vertrat hingegen die Auffassung, der Beschluss der Gläubigerversammlung verletze seine Rechte. Dabei sei zu berücksichtigen, dass seine Anträge, die Immobilie zu verkaufen und den Erlöß zur Befriedigung seiner Forderungen zu nutzen, nicht die erforderliche Mehrheit in der Gläubigerversammlung erhalten habe. Der besicherte Gläubiger begründete seinen Standpunkt mit den Bestimmungen des Gesetzes über Unternehmensinsolvenzen, nach denen die besicherten Forderungen eines Gläubigers vorranging aus dem Verwertungserlös des Sicherungsguts zu befriedigen seien. Im zu entscheidenden Fall hielten die unbesicherten Gläubiger die Stimmmehrheit in der Gläubigerversammlung und hatten kein Interesse daran, den Verkauf der hypothekarisch belasteten Immobilie (zum Vorteil der dadurch besicherten Gläubigers) einzuleiten. Vielmehr war es in ihrem Interesse, das Gebäude zu vermieten, um langfristig Einnahmen aus den Mieteinnahmen zu erzielen.

Gemäß dem Urteil des Obersten Gerichtshofes Litauen kann das Insolvenzgericht in Ausnahmefällen in die Kompetenz der Gläubigerversammlung eingreifen und erforderliche Beschlüsse fassen, wenn das Gericht zu dem Schluss kommt, dass die Gläubiger notwendige Beschlüsse nicht fassen und dadurch das Insolvenzverfahren verschleppt wird. Für Fälle wie diesen hat der Oberste Gericht dem Insolvenzgericht das Recht zugesprochen, Beschlüsse der Gläubigerversammlung aufzuheben und den Verkauf der Immobilie unter Festlegung des Mindesverkaufspreis anzuordnen, wie es eigentlich durch die Gläubigerversammlung hätte beschlossen werden müssen.

Dieses Urteil des Obersten Gerichtshofes Litauens ist positiv zu bewerten, da es das effektive Durchführen von Insolvenzverfahren fördert. Das Oberste Gericht hat klargestellt, dass das Insolvenzgericht in die Kompetenz der Gläubigerversammlung eingreifen darf, wenn unbesicherte Gläubiger eigennützig ihre Stimmenmehrheit missbrauchen, um die Rechte von besicherten Gläubigern auf Verwertung des Sicherungsguts  und Vorrangige Befriedigung aus dem Verwertungserlös zu beschneiden.

Quelle: Urteil des Obersten Gerichtshofs Litauen vom 12. Mai 2017, Az. 3K-3-253-219/2017

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