Außerordentlicher Zahlungsaufschub für Unternehmer, die von den Anti-Epidemie-Maßnahmen betroffen sind in Tschechien

Unter den aktuellen Umständen, die von Unternehmen einen schweren Tribut fordern, hat sich der Staat entschlossen, den Zugang zum vorübergehenden Schutz vor Gläubigern zu vereinfachen und diesen Schutz im Unterschied zum regelgerechten Zahlungsaufschub auf breiterer Basis zu gewähren.

In einem verkürzten Gesetzgebungsverfahren hat das Tschechische Parlament ein Lex COVID verabschiedet, welches die Bereiche Justiz, Insolvenz und Schuldvollstreckung abdeckt. Dieses Gesetz fügt in die Insolvenzordnung u.a. ein Rechtsinstitut ein, welches Unternehmen helfen soll, die von den außerordentlichen Maßnahmen im Kampf gegen die Coronavirus-Epidemie betroffen sind: ein Zahlungsaufschub in Form eines außerordentlichen Memorandums, der zwischen dem Datum des Inkrafttretens des Sondergesetzes und dem 31.8.2020 beantragt werden kann.

Sinn und Zweck dieses außerordentlichen Moratoriums ist es, Unternehmen so rasch wie möglich Zugang zu einem wirksamen Schutz vor Gläubigern zu verschaffen. Deshalb sind die pflichtigen Angaben, die von notleidenden Unternehmen im Antrag auf die Erklärung des Moratoriums gemacht werden müssen, auf ein Minimum reduziert worden. Konkret muss dem Antrag weder der letzte Jahresabschluss noch Verzeichnisse des Vermögens, der Verbindlichkeiten und der Belegschaft noch die Einwilligung der Gläubiger beigefügt werden – alles Anlagen, die mit dem Antrag auf Erklärung eines regulären Moratoriums eingereicht werden müssten.

Im Unterschied dazu müssen im Antrag auf Erklärung eines außerordentlichen Moratoriums lediglich die Zahl der Arbeitnehmer zum Tag der Antragstellung sowie die Höhe der Umsatzerlöse im vorausgegangenen Geschäftsjahr aufgeführt werden, so dass Unternehmen sehr rasch auf die aktuelle Situation reagieren können. Um das Prozedere noch einfacher zu gestalten, hat das Justizministerium einen Formularantrag zur Verfügung gestellt.

Wer von einem außerordentlichen Stillhabeabkommen Gebrauch machen will, darf nicht Insolvenzantrag stellen: das Gesetz sieht nicht vor, dass der Antrag auf das außerordentliche Moratorium im Rahmen eines Insolvenzverfahrens gestellt wird, welches auf Antrag des Schuldners eröffnet wurde. Außerdem steht das außerordentliche Moratorium denjenigen Unternehmen nicht offen, die zum 12.3.2020 zahlungsunfähig waren und die kürzlich Leistungen an nahestehende Personen (einschl. Gesellschafter oder Aktionäre) gewährt haben, die über den üblichen Geschäftsbetrieb hinausgehen.

Die Unternehmen müssen die vorstehend aufgeführten Angaben in keiner Weise dokumentieren oder nachweisen. Um zu erzielen, dass ein außerordentliches Moratorium zu ihren Gunsten ausgesprochen wird, genügt es, die o.g. Angaben zu machen und eine Erklärung dahingehend abzugeben, dass die Bedingungen für die Erklärung des Moratoriums erfüllt sind. Von daher ist ein Missbrauch des außerordentlichen Moratoriums durch Unternehmen, die eigentlich nicht anspruchsberechtigt wären, nicht auszuschließen. Wird später festgestellt, dass die gemachten Erklärungen nicht der Wahrheit entsprechen, so kann das außerordentliche Moratorium vom Insolvenzgericht aufgehoben werden.

Das außerordentliche Moratorium zeitigt folgende Wirkungen: ab dem Zeitpunkt seiner Erklärung können keine Sicherheiten am Vermögen des notleidenden Unternehmens bestellt oder geltend gemacht und keine Vollstreckung in dieses Vornehmen vorgenommen werden. Die Fristen für die Ausübung von Gläubigerrechten sind während des außerordentlichen Moratoriums ausgesetzt. Anderseits kann auch während des außerordentlichen Moratoriums Klage eingereicht bzw. ein laufendes Gerichtsverfahren fortgesetzt werden.

Unternehmen können außerdem bevorzugt Verbindlichkeiten bedienen, welche in direktem Zusammenhang mit der Aufrechterhaltung ihres Geschäftsbetriebs stehen und nach der Ausrufung des außerordentlichen Moratoriums zustande kamen. Folgerichtig sieht das Lex COVID ein deutlich breiter gefasstes Verbot der Aufkündigung bestimmter Verträge durch Geschäftspartner des Schuldners im Vergleich zum regulären Zahlungsaufschub vor.

Ein weiterer Vorteil des außerordentlichen Stillhalteabkommens besteht darin, dass die diesbezüglichen Angaben aus dem Insolvenzregister gelöscht werden, sobald der festgelegte Zeitraum abgelaufen ist (oder falls das betroffene Unternehmen, zugunsten dessen das Moratorium erklärt wurde, darum nachsucht).

Das außerordentliche Moratorium kann für einen Zeitraum von bis zu drei Monaten erklärt und auf Antrag um bis zu drei weitere Monate verlängert werden. Dem Antrag auf Verlängerung muss ein komplettes Verzeichnis der Verbindlichkeiten beigefügt werden, sowie insbesondere eine Erklärung, in der eine Mehrheit der Gläubiger (gemessen an der Höhe ihrer jeweiligen Forderungen) der Verlängerung des außerordentlichen Moratoriums zustimmt.

Abschließend sei noch erwähnt, dass das außerordentliche Stillhalteabkommen Unternehmen nicht daran hindert, staatliche Hilfeleistungen in Anspruch zu nehmen, mit denen die Folgen der Coronavirus-Krise gelindert werden sollen.

Quelle:
Wortlaut der vom Senat des Parlaments der Tschechischen Republik am 16.4.2020 verabschiedeten Vorlage
https://www.senat.cz/xqw/webdav/pssenat/original/94479/79244

 

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