Drittstaatsangehörige mit temporärer Aufenthaltserlaubnis in Litauen können nicht ohne Weiteres nach Deutschland entsendet werden.
Mit der 2022 erfolgten Aufhebung des ca. dreijährigen Banns in Litauen, vorübergehende Aufenthaltserlaubnisse für Arbeitnehmer aus Drittsaaten in der Zeitarbeit auszustellen, war bei vielen litauischen Unternehmen die Hoffnung verbunden, leichter Arbeitnehmer anzustellen, um sie vorübergehend nach Deutschland zu entsenden.
Dabei wird allerdings häufig übersehen, dass drittstaatsangehörige Arbeitnehmer mit temporärer Aufenthaltserlaubnis in Litauen zwar grundsätzlich nach Deutschland reisen können, dort aber keine Erlaubnis zur Arbeit haben.
Zwar gilt, dass EU-Unternehmen, die grenzüberschreitende Dienstleistungen erbringen, darin nicht eingeschränkt werden dürfen, wenn sie dafür auf drittstaatsangehörige Arbeitnehmer einsetzen. Dies stellte der EuGH bereits im Jahr 1994 in seiner sog. Vander-Elst-Entscheidung klar. Deutschland dürfte demnach keine zusätzliche deutsche Arbeitserlaubnis für diese Arbeitnehmer fordern.
Deutschland legt das Urteil jedoch seit jeher restriktiv aus und führte im Vergleich zu vielen anderen EU-Mitgliedsstaaten eine Vorabkontrolle ein, in der geprüft wird, ob sich das Unternehmen tatsächlich zurecht auf seine Dienstleistungsfreiheit beruft – das sogenannte Vander-Elst-Visum.
Die Beantragung des Visums erfolgt bei der deutschen Botschaft. Antragsteller ist der zu entsendende Arbeitnehmer, ein persönlicher Termin ist nach aktueller Praxis der Botschaft zwingend erforderlich.
Obwohl eigentlich nur als reine Missbrauchskontrolle vom EuGH zugelassen, wird das Vander-Elst-Visum von deutschen Botschaften und Behörden als eine Art Visum mit Arbeitserlaubnis betrachtet. Eine nachträgliche Einholung des Visums ist nicht möglich. Die Konsequenzen einer Nichteinholung können drakonisch sein – einerseits für den Arbeitnehmer, andererseits für den litauischen Arbeitgeber und ggf. den deutschen Entleiher.
Der Hintergrund ist, dass ein Tätigwerden des Arbeitnehmers ohne dieses Visum den gesamten Aufenthalt in Deutschland illegal macht. Für den litauischen Arbeitgeber hat dies zur Folge, dass er einen Arbeitnehmer in Deutschland tätig werden lässt, der keinen legalen Aufenthalt hat.
Für den Arbeitnehmer drohen Abschiebung und ein Einreiseverbot nach Deutschland. Für den Arbeitgeber, besonders im Sektor der Arbeitnehmerüberlassung, Strafen von EUR 500 000 bis hin zu Freiheitsentzug für den Geschäftsführer – je nachdem, wie viele Arbeitnehmer auf diese Art tätig wurden.
Das Visum wird für maximal 12 Monate ausgestellt, ein Folgevisum kann im Einzelfall ausgestellt werden, wenn das Projekt in Deutschland nachweisbar länger dauert.
Entscheidend für die Antragstellung sind vor allem die Vorlage des Dienstleistungsvertrags bereits bei Beantragung sowie die Vorlage einer A1-Bescheinigung.
Aus den Gesamtumständen muss sich nach aktueller Praxis ergeben, dass der Arbeitgeber und Arbeitnehmer ihre Haupttätigkeit in Litauen haben und nur für ein abgrenzbares Projekt nach Deutschland gesendet werden.
Was bei Bauprojekten o.ä. eher leicht darstellbar ist, fällt bei anderen Dienstleistungen, vor allem der Arbeitnehmerüberlassung eher schwer.
Dennoch kann es im Einzelfall möglich sein, sofern nachgewiesen werden kann, dass eben Arbeitgeber und Arbeitnehmer ihre Haupttätigkeit in Litauen haben. Indizien, die allerdings dagegen sprechen, wären bspw. wenn der Arbeitsvertrag nur befristet ist für den angestrebten Zeitraum, in dem der Arbeitnehmer in Deutschland arbeiten soll oder wenn die temporäre Aufenthaltserlaubnis des Arbeitnehmers in Litauen lediglich eine Laufzeit hat, die mit der Entsendung nach Deutschland korrespondiert.
Entscheidend ist also ein gut vorbereiteter und vollständiger Antrag auf Ausstellung des Vander-Elst-Visum. Orientierung geben die Informationen, die auf der Webseite der deutschen Botschaft Wilna veröffentlicht sind:
https://wilna.diplo.de/lt-de/service/05-VisaEinreise/-/2632012