Tschechien: Änderungen der Rechtsvorschriften zur Meldung von Missständen

Die Gesetzgebung im Bereich des Schutzes von Whistleblowern gewinnt konkretere Umrisse. Ein überarbeiteter Gesetzentwurf wurde zur Stellungnahme vorgelegt und wird voraussichtlich im Juli 2023 in Kraft treten.

Mit dem Schutz von Hinweisgebern soll das tschechische Rechtssystem um einen neuen Schutz für Personen erweitert werden, die rechtswidriges Verhalten melden, und es sollen Verpflichtungen für eine Reihe von Einrichtungen, vor allem Arbeitgeber, eingeführt werden, die interne Meldewege für rechtswidriges Verhalten einrichten müssen. Die Frist für die Umsetzung der Richtlinie 2019/1937 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2019 zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden (die „Richtlinie“), nach der der Schutz von Whistleblowern auf nationaler Ebene geregelt werden soll, ist am 17. Dezember 2021 abgelaufen. Die Tschechische Republik ist ihren Verpflichtungen nicht innerhalb dieser Frist nachgekommen und hat noch kein Gesetz verabschiedet, das den Schutz von Whistleblowern in Tschechien regelt.

Mit dem Ablauf der Legislaturperiode der Abgeordnetenkammer wurde der Erörterung des Gesetzentwurfs der Regierung, der strengere Regeln als die Richtlinie vorsah, ein Ende gesetzt. Insbesondere sah der ursprüngliche Gesetzentwurf vor, dass der Arbeitgeber verpflichtet ist, ein internes Meldesystem einzuführen, wenn er im vorangegangenen Kalenderquartal durchschnittlich 25 Arbeitnehmer angestellt hat, während in der Richtlinie 50 Arbeitnehmer vorgesehen waren. Zusätzlich wurde im ursprünglichen Gesetzesentwurf unter anderem der Umfang der Meldungen, die vom Whistleblower gemacht werden können, über die in der Richtlinie genannten Bereiche hinaus deutlich erweitert.

Das Justizministerium hat nun eine überarbeitete Fassung des Gesetzentwurfs erstellt, die am 29. April 2022 im interministeriellen Verfahren vorgelegt wurde. Es ist zu erwähnen, dass der aktuelle Entwurf von einigen der im Vergleich zur Richtlinie strengeren Maßnahmen Abstand genommen hat, die im ursprünglichen Gesetzentwurf noch enthalten waren. Die Definition der Meldung wurde eingeengt, so dass der Whistleblower eine Handlung melden kann, die die Merkmale einer Straftat oder eines Verstoßes gegen das Recht der Europäischen Union in den in Artikel 2 Absatz 2 des Gesetzentwurfs definierten Fällen aufweist. Neu an dem Entwurf ist, dass Schutz auch für anonym abgegebene Meldungen gewährt werden soll, wenn die Identität des Hinweisgebers nachträglich bekannt wird. Der Verpflichtete, z.B. der Arbeitgeber, ist nur dann zur Einführung eines internen Meldesystems verpflichtet, wenn er im letzten Kalenderquartal durchschnittlich mindestens 50 Arbeitnehmer beschäftigt hat. Selbstständige, Freiwillige oder Praktikanten werden alle als Arbeitnehmer betrachtet.

Einige von Experten kritisierte Aspekte blieben jedoch im Gesetzentwurf erhalten – insbesondere zum Beispiel die Wahlmöglichkeit für den Whistleblower, ob er die Meldung über das interne System einreichen oder sich an das Justizministerium wenden möchte. Die Richtlinie selbst geht jedoch in Artikel 7 Abs. 1 und 2 davon aus, dass die Mitgliedstaaten die Whistleblower dazu drängen werden, Meldungen über interne Meldewege abzugeben. Eine solche Regelung ist sinnvoll, da der Schutz von Whistleblowern u.a. dazu dient, rechtswidrige Handlungen in Unternehmen zu verhindern und eine wirksame und zügige Aufklärung von festgestelltem Fehlverhalten zu ermöglichen. Als problematisch bewerten wir auch die 30-Tage-Frist für die Prüfung der Meldung durch die vom Verpflichteten beauftragte verantwortliche Person. Dies ist eine sehr kurze Frist, innerhalb derer der Verpflichtete die Prüfung der Gültigkeit der Meldung durch die verantwortliche Person sicherstellen und den Whistleblower schriftlich über das Ergebnis der Prüfung informieren muss. In der Praxis muss er also innerhalb dieser Frist die erforderlichen Untersuchungen durchführen und auch eine rechtliche Bewertung vornehmen. Obwohl die Frist für die Beurteilung einer Meldung bis zu zweimal verlängert werden kann, darf davon ausgegangen werden, dass auf Arbeitgeber und Verpflichtete generell Kosten zukommen werden, wie sie mit der Einrichtung eines solchen internen Meldesystems verbunden sind, aber auch mit der Beschaffung des nötigen Instrumentariums für die zuständige Person, um innerhalb dieser Frist allen Verpflichtungen gemäß dem Gesetz zum Schutz von Whistleblowern nachkommen zu können.

Obwohl der Gesetzentwurf im Vergleich zur ursprünglichen Fassung von einigen problematischen Aspekten Abstand nimmt, hat auch der aktuelle Wortlaut noch Reserven. Andererseits ist nicht absehbar, inwieweit der gesetzgeberische Prozess den Inhalt des Gesetzentwurfs verändern wird. Es ist davon auszugehen, dass der Gesetzesentwurf im Rahmen des interministeriellen Verfahrens überarbeitet wird; überdies sind Änderungen durch die Abgeordnetenkammer und den Senat zu erwarten. Es dürfte sich lohnen, den Gesetzgebungsprozess im Auge zu behalten, da das Gesetz zahlreiche neue Verpflichtungen mit sich bringt. Der aktuelle Gesetzentwurf wird voraussichtlich am 01. Juli 2023 in Kraft treten.

Quelle:
https://apps.odok.cz/veklep-detail?pid=KORNCDXFM97V
https://www.psp.cz/sqw/text/historie.sqw?o=8&T=1150

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