Tschechien: Zur Bereitstellung digitaler Inhalte im Licht der kürzlichen Neufassung des BGB-cz

Mit der umfänglichen Neufassung des Bürgerlichen Gesetzbuchs erhalten wir eine neue, in sich geschlossene Regelung für die Bereitstellung digitaler Inhalte, die u.a. einen neuen Vertragstyp und spezielle Rechte aus der Mängelleistung einführt, um nur zwei Beispiele zu nennen.

Zum 6.1.2023 ist Ges. Nr. 374/2022 Slg. in Kraft getreten, mit dem das Verbraucherschutzgesetz (Ges. Nr. 634/1992 Slg., idgF) und das Bürgerliche Gesetzbuch (Ges. Nr. 89/2012 Slg., idgF) geändert werden. Diese Rechtsvorschrift regelt das Verbraucherrecht umfassend neu und setzt den Inhalt mehrerer europäischer Richtlinien ins tschechische Recht um, darunter die Richtlinie (EU) 2019/770 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2019 über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte der Bereitstellung digitaler Inhalte und digitaler Dienstleistungen. Im Bürgerlichen Gesetzbuch wurde dem Problemkreis ein selbständiger Abschnitt eingeräumt (§ 2389a – § 2389u), und zwar im Rahmen der Regelungen zur Überlassung einer Sache zur Nutzung an Dritte.

Zwar gehen die nachstehend näher beschriebenen Änderungen aus der sog. Verbraucherschutznovelle hervor; es muss aber betont werden, dass die neuen Rechte und Pflichten nicht nur in Beziehungen mit Verbrauchern, sondern zum Großteil auch in B2B-Beziehungen Anwendung finden. Ware mit digitalen Elementen werden von der Novelle hingegen außen vor gelassen. Damit gilt z.B. für Elektronik mit verbauter Software auch weiterhin die bisherige Regelung.

Vertrag über die Bereitstellung von digitalen Inhalten

Das Änderungsgesetz führt einen neuen Vertragstyp ein – den Vertrag über die Bereitstellung digitaler Inhalte. Mit diesem verpflichtet sich der Anbieter, eine Sache in digitaler Form zugänglich zu machen (beispielsweise eine App, ein E-Buch, Streamingdienstleistungen usw.), oder eine digitale Dienstleistung anzubieten (z.B. soziale Medien, Cloud-basierte Speicher, usw.), und zwar unverzüglich und in der neuesten Version zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Dem entspricht die Pflicht des Users, dem Anbieter die entsprechende Vergütung zu zahlen. Diese Regelung erstreckt sich freilich auch auf heute bereits gängige Geschäftsmodelle, gemäß denen dem Anbieter keine Vergütung gezahlt wird, sondern personenbezogene Daten zur Verfügung gestellt werden (typischerweise im Fall der sozialen Medien). Die o.g. EU-Richtlinie erkennt dieses Modell an, betont aber, dass personenbezogene Daten in keinem Falle als Ware gelten können.

Aktualisierung und Änderung der digitalen Inhalte

Das Gesetz führt des Weiteren eine neue Pflicht im Zusammenhang mit der Bereitstellung von Updates ein. Der Anbieter muss sicherstellen, dass dem User (i) vertraglich vereinbarte Aktualisierungen sowie (ii) für die reibungslose Funktion der digitalen Inhalte unerlässliche Aktualisierungen bereitgestellt werden. Letztere muss der User zulassen bzw. vornehmen, ansonsten büßt er seine Rechte aus der Mängelhaftung bezüglich derjenigen Mängel ein, die wg. des nicht erfolgten Updates eingetreten sind.

Von der Aktualisierung ist allerdings der Fall zu unterscheiden, dass der Anbieter sich entschließt, digitale Inhalte zu ändern. Die konkrete Änderung und deren Begründung (z.B. notwendige technische Änderungen, verbesserte Funktionalitäten, Änderungen von Algorithmen usw.) müssen v.a. in den Geschäftsbedingungen geregelt sein und dem Verbraucher rechtzeitig sowie klar und verständlich angezeigt werden. Im Zuge der Vornahme der Änderungen dürfen dem Verbraucher jedenfalls keine weiteren Kosten entstehen.

Rechte aus der Mängelhaftung

Das Gesetz unterscheidet zwischen der einmaligen und fortlaufenden Bereitstellung digitaler Inhalte. Im letzteren Falle kann der User einen Mangel anmahnen, der zu irgendeinem Zeitpunkt während des Bestehens der vertraglichen Verpflichtung auftritt. Handelt es sich aber um eine Einmalbereitstellung, so haftet der Anbieter nur für diejenigen Mängel, die bereits bei der Bereitstellung der digitalen Inhalte bestanden (diese können dann innerhalb von zwei Jahren ab der Bereitstellung reklamiert werden). Da es Verbrauchern im Regelfall nicht möglich sein wird, die Mängel von digitalen Inhalten korrekt festzustellen und zu bestimmen, obliegt es dem Anbieter nachzuweisen, dass die geschuldete Leistung einwandfrei war. In beiden o.g. Fällen ist der Anbieter verpflichtet, den Mangel zu beseitigen. Falls (i) der Anbieter den Mangel nicht beseitigt, (ii) der Mangel nach Beseitigung erneut auftritt, oder (iii) es sich beim Mangel um eine wesentliche Vertragsverletzung handelt, so kann der Verbraucher einen angemessenen Nachlass verlangen oder vom Vertrag zurücktreten.

In der Praxis begegnen wir allerdings häufig dem Fall, dass digitale Inhalte deshalb gar nicht ordnungsgemäß funktionieren konnten, weil auf Seiten des Users keine angemessenen technischen Bedingungen gegeben waren. Wurde der User hierauf noch vor Vertragsschluss ordnungsgemäß hingewiesen, so ist der Anbieter nicht verpflichtet, das Nichtvorhandensein von Mängeln nachzuweisen. Allerdings haftet der Anbieter dem User (Verbraucher) gegenüber für den Mangel, der durch unkorrekte Integration des digitalen Inhalts in die digitale Umgebung des Users verursacht wurde, soweit diese Einbindung durch den Anbieter vorgenommen wurde (bzw. durch den User vorgenommen wurde, wobei der Mangel dann infolge unzureichender Einweisung verursacht wurde).

Quelle:
Ges. Nr. 374/2022 Slg.,
zugehörige Begründung des Gesetzesentwurfs

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