Tschechien: Ist eine ausländische juristische Person mit Sitz in der EU verpflichtet, zwecks Anmeldung ihres Gewerbes eine Zweigniederlassung in Tschechien zu gründen?

Das Oberste Verwaltungsgericht hat in seinem jüngsten Urteil klargestellt, dass ausländische juristische Personen mit Sitz in der EU nicht verpflichtet sind, in Tschechien eine Zweigniederlassung zu gründen, um hier den Gewerbebetrieb anzumelden.

In seinem Urteil vom 15.6.2023 befasste sich das Oberste Verwaltungsgericht mit der Frage, ob die Gewerbeämter berechtigt sind, von einer ausländischen, innerhalb der EU ansässigen juristischen Person zu verlangen, sie möge den Nachweis der Gründung einer Zweigniederlassung in der Tschechischen Republik erbringen (und den Rechtstitel zur Nutzung der Räumlichkeiten nachweisen, in denen diese Zweigniederlassung untergebracht ist), bevor die Behörden die Anmeldung eines (freien) Gewerbes akzeptieren, dem diese juristische Person nachgehen möchte.

Generell gilt, dass ausländische juristische Personen berechtigt sind, in der Tschechischen Republik u.a. vermittels einer Filiale, eines Zweigbetriebs oder einer Tochtergesellschaft unternehmerisch tätig zu werden. Des Weiteren gilt gemäß § 5 Abs. 2 der Gewerbeordnung, dass ausländische Körperschaften auf dem Gebiet der Tschechischen Republik zu den gleichen Bedingungen und im gleichen Umfang dem Gewerbebetrieb nachgehen dürfen wie eine tschechische Gesellschaft (wobei natürlich die gesetzlichen Voraussetzungen für den jeweiligen Gewerbebetrieb erfüllt sein müssen).

Das Oberste Verwaltungsgericht hatte eine Situation rechtlich zu würdigen, in der ein Gewerbeamt für die Zwecke der Anmeldung eines (nicht konzessionierten) Gewerbes von einer ausländischen, in der EU (konkret im Königreich der Niederlande) ansässigen Körperschaft verlangt hatte, sie solle die Gründung einer Zweigniederlassung nachweisen und zeigen, dass diese zur Nutzung der jeweiligen Räumlichkeiten berechtigt ist.

Aus der Gewerbeordnung ergibt sich jedoch keine derartige Pflicht – und auch aus keinem anderen Gesetz. Das Gericht befand, das Gewerbeamt habe diese Pflicht ausländischer Körperschaften zur Gründung einer Zweigniederlassung vor Anmeldung ihres Gewerbes in fälschlicher Weise aus § 46 Abs. 2 der Gewerbeordnung hergeleitet. Das Oberste Verwaltungsgericht wies diese unzulässige Ausweitung des gesetzlichen Wortlauts durch die Gewerbeämter zurück und konstatierte, dass juristische Personen nicht dazu verpflichtet werden können, eine Zweigniederlassung einzurichten, bloß um ein Gewerbe anzumelden. Juristische Personen, deren Sitz innerhalb der EU liegt, sind also berechtigt, Gewerbe in Tschechien anzumelden, ohne dass sie im tschechischen Handelsregister eingetragen sein müssten oder eine Filiale oder Zweigniederlassung gründen brauchten.

Allerdings müssen wir an dieser Stelle betonen, dass das Vorstehende nur für juristische Personen gilt, deren Sitz in einem anderen EU-Mitgliedstaat liegt. Der Fall liegt anders bei juristischen Personen, deren Sitz außerhalb der EU gelegen ist: § 44 des Registergesetzes verlangt, dass sie (ggfs. über eine Filiale usw.) im Handelsregister eingetragen sind, bevor sie einer gewerblichen Tätigkeit in Tschechien nachgehen können.

Die weiter oben beschriebene Praxis der Gewerbeämter entspricht unseren Praxiserfahrungen: wir sind konkreten Fällen begegnet, in denen die Behörden von ausländischen, in der EU ansässigen Körperschaften die Einrichtung einer Zweigniederlassung forderten. Allerdings sollte diese Frage mit dem genannten Urteil des Obersten Verwaltungsgericht abschließend geklärt sein; man darf mit Fug und Recht erwarten, dass die Gewerbeämter künftig keine derartigen Forderungen mehr an ausländische Antragsteller mit Sitz in der EU richten werden, bevor sie diesen die Anmeldung eines Gewerbes ermöglichen.

Quelle:
Ges. Nr. 455/1999 Slg., über den Gewerbebetrieb (Gewerbeordnung)
Ges. Nr. 304/2013 Slg., über öffentliche Register juristischer und natürlicher Personen und die Erfassung von Treuhandfonds
Beschluss 2 As 193/2022 des Obersten Verwaltungsgerichts der Tschechischen Republik vom 15.06.2023

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