Tschechien: Hat der Vermieter für die Übernahme des Kundenstamms zu zahlen?

Als 2014 das (damals) neue Bürgerliche Gesetzbuch das Rechtsinstitut einer Kompensation für die Übernahme des Kundenstamms des Vormieters einführte, warf dies v.a. bei Vermietern eine Reihe von Fragen auf. Zumindest eine davon wurde kürzlich vom Obersten Gerichtshof abschließend beantwortet.

Eingangs sollten wir uns kurz in Erinnerung rufen, worin die Entschädigung für die Übernahme des Kundenstamms besteht. Gemäß d. Best. d. § 2315 BGB-cz hat ein vom Vermieter gekündigter Mieter bei Beendigung des Mietverhältnisses Anspruch auf eine Erstattungsleistung für den Vorteil, den der Vermieter bzw. der Nachmieter daraus ziehen, dass sie die Stammkundschaft übernehmen, die vom gekündigten Mieter aufgebaut wurde (es sei denn, dem Mieter wurde die Kündigung wg. einer groben Pflichtverletzung ausgesprochen).

Im Regelfall wird es sich um Verkauf- und Betriebsstätten handeln, in denen auch nach dem Betreiberwechsel unverändert Waren oder Dienstleistungen desselben Charakters angeboten werden, ohne dass diese Waren oder Dienstleistungen an die Person des ursprünglichen Betreibers (des ursprünglichen Mieters) gebunden wären. Als Beispiel wäre etwa die Vermietung von Räumlichkeiten für den Restaurantbetrieb zu nennen, denn das Restaurant mag auch nach dem Betreiberwechsel durchaus von denselben Gästen frequentiert werden; anders ist es hingegen im Fall der Kündigung von Räumlichkeiten, in denen eine Arztpraxis untergebracht ist: hier darf davon ausgegangen werden, dass die Patienten „ihrem“ Arzt in die neuen Praxisräume nachfolgen werden.

Eine der von der o.g. Bestimmung aufgeworfenen Fragen bestand darin, wer verpflichtet ist, die Entschädigung für die Übernahme des Kundenstamms an den gekündigten Mieter zu zahlen. Insofern das Bürgerliche Gesetzbuch davon ausgeht, dass der zu kompensierende Vorteil A) vom Vermieter oder B) vom neuen Mieter erwirtschaftet wird, lag von Anfang an die Auslegung nahe, dass die Entschädigung an den gekündigten Mieter von demjenigen der beiden zu zahlen ist, der den vorausgesetzten Vermögensvorteil tatsächlich erlangt hat. Diese Auslegung wurde nun aber höchstrichterlich verworfen.

In seinem Urteil vom 14.3.2023 (AZ 26 Cdo 3644/2022) hat der Oberste Gerichtshof nämlich eindeutig bestätigt, dass es sich bei der Pflicht zur Entschädigung für die Übernahme des Kundenstamms um eine Pflicht handelt, die sich aus dem Mietvertrag ergibt. Diese Schlussfolgerung muss im Zusammenhang mit den allgemeinen Prinzipien für vertragliche Schuldrechtsverhältnisse gelesen werden, wonach die Vertragsparteien keinen Dritten, der selbst nicht am jeweiligen Vertrag beteiligt ist, zur Erbringung irgendwelcher Leistungen auch immer verpflichten können. Die Anwendung dieser Prinzipien hat der OGH nun auch im zu beurteilenden Fall eines Mietvertrags und der möglichen Pflicht zur Entschädigung für den mit der Übernahme des Kundenstamms des Vormieters erlangten Vorteil bekräftigt. Das logische Fazit des OG war von daher, dass der gekündigte Mieter sein Recht auf Entschädigung für den mit der Übernahme „seiner“ Stammkundschaft erlangten Vorteil ausschließlich dem Vermieter gegenüber geltend machen kann, und zwar auch in denjenigen Fällen, in denen dieser Vorteil eigentlich vom neuen Mieter genossen wird.

Zwar hat das vorstehend beschriebene Urteil wenigstens teilweise für Klärung gesorgt, was die Funktionsweise des Rechtsinstituts der Kompensation für die Übernahme des Kundenstamms anbetrifft; dass aber auch weiterhin eine Reihe unbeantworteter Fragen fortbesteht, ist nicht zu übersehen.

Aus unserer Sicht erachten wir dabei für das ganz grundsätzliche Problem, dass jegliche Regeln fehlen, anhand derer sich bestimmen ließe, wie denn die Höhe einer solchen Kompensation überhaupt zu bemessen ist; diesbezüglich herrscht auch in Fachkreisen enorme Unsicherheit. Zugleich ist der Problemkreis Übernahme des Kundenstamms bei Weitem nicht der einzige Fallstrick, der auf die Vermieter und Nutzer (Mieter) von Gewerberäumen wartet. Falls Sie derartige Räumlichkeiten vermieten oder umgekehrt anmieten wollen, empfehlen wir Ihnen deshalb, vor Abschluss des Mietvertrags Rücksprache mit einem Rechtsberatungsunternehmen bezüglich der vertraglichen Konditionen zu halten. Unsere Kanzlei bnt attorneys in CEE verfügt nicht nur in Sachen kommerzielle Vermietung, sondern allgemein im Zusammenhang mit dem Immobilienrecht über reiche Erfahrung, die wir Ihnen gerne zugutekommen lassen wollen.

Quelle:
BGB-cz (Ges. Nr. 89/2012 Slg., idgF)
Urteil des Obersten Gerichtshofs vom 14.3.2023 (AZ 26 Cdo 3644/2022)

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