Dass einzelne Einkaufszentren, die zum selben Gewerbegebiet gehören, nicht im Rahmen einer förmlichen UVP geprüft werden, stellt nach Ansicht des Obersten Verwaltungsgerichts nicht unbedingt den Fall der verbotenen Salamitaktik dar.
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Mit dem umgangssprachlichen Begriff „Salamitaktik“ wird zuweilen die Strategie beschrieben, dass jemand ein kontroverses oder schwer erreichbares Ziel und die zugehörige Lösung in kleine Einzelschritte aufteilt, die dann einer nach dem anderen durchgesetzt werden. Im Bauwesen kommt die Salamitaktik nicht nur bei der Streckenführung und dem Genehmigungsprozess für wichtige Verkehrsinfrastrukturbauten zum Einsatz, sondern auch bei der allmählichen Erweiterung von genehmigten und (scheinbar) „fertigen“ (also abgeschlossenen) Bauwerken. Aus Sicht des tschechischen UVP-Gesetzes (Ges. Nr. 100/2001 Slg., über die Prüfung der Umweltverträglichkeit, idgF – das „UVP-Gesetz“), zu dessen Grundprinzipien die Forderung gehört, dass Bauvorhaben umfassend auf ihre Auswirkungen auf die Umwelt hin beurteilt werden, handelt es sich um eine verbotene Praxis, mit der das Gesetz gezielt umgangen werden soll.
Die Frage, ob im Einzelfall eine Salamitaktik vorliegt, die mit eigennützigem Hintergedanken verfolgt wird, wird nicht selten im Zuge der schrittweisen Erweiterung von städtischen Gewerbe- oder Industriegebieten aufgeworfen; in dieser Hinsicht war die Auslegung seitens der Verwaltungsbehörden bisher uneinheitlich. Baurechtsanwender begrüßten von daher das Urteil 2 As 86/2020-134 vom 23.12.2022, in dem das Oberste Verwaltungsgericht festhielt, dass eine Vorgehensweise, bei der von der UVP für einzelne Einkaufszentren abgesehen wird, welche Bestandteil einer einzigen Gewerbezone sind, aber nicht die festgesetzten Grenzwerte erreichen, nicht automatisch die verbotene Praxis der sog. Salamitaktik darstellt, denn hier wird eben nicht ein einziges Bauvorhaben zwecks Umgehung der gesetzlichen Pflichten in mehrere Teilvorhaben aufgegliedert.
Zwar mag die zusammenhängende Bebauung mit Einkaufszentren und Geschäftshäusern insgesamt ein einziges Gewerbegebiet hervorbringen; das Oberste Verwaltungsgericht hat jedoch befunden, dass das UVP-Gesetz die Schaffung dieser Zone nicht automatisch an eine Umweltverträglichkeitsprüfung knüpft, denn der Regelungsgegenstand des UVP-Gesetzes sind einzelne Bauwerke (also das einzelne Shopping Center) und eben nicht die aus ihnen allmählich heranwachsenden Ballungen. Deshalb muss in jedem Einzelfall abgewogen werden, ob der funktionelle oder bauliche Zusammenschluss der einzelnen Gebäude innerhalb eines Gewerbegebiets eine derartige Intensität erlangt, dass zweifelsfrei von einem einzigen Vorhaben gesprochen werden kann, dessen Auswirkungen auf die Umwelt dann in ihrer Komplexität zu prüfen wären.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die umfassende Beurteilung der Umweltverträglichkeit von Gewerbe- bzw. Industriegebieten in den Aufgabenbereich der sog. SEA bzw. SUP (Strategischen Umweltprüfung) fällt – ein Prozess, der bereits im Zuge der Aufstellung der Unterlagen für die Bauleitplanung zum Tragen kommt, und zwar im Rahmen einer umfassenden konzeptuellen Lösung der Verhältnisse im Plangebiet, und der die synergischen und kumulativen Auswirkungen des Bauvorhabens (einschließlich bereits vorhandener Einflüsse) bewertet.