Verbesserung des Arbeitnehmerschutzes durch Richtlinienänderung

Arbeitnehmerschutz und zugleich Erhalt der Dienstleistungsfreiheit? Ob dies möglich ist, erscheint zumindest fraglich.

Die Entsenderichtlinie 96/71/EG regelt, inwieweit für entsandte Arbeitnehmer ein „Kern zwingender Bestimmungen“ des Aufnahmemitgliedstaats Anwendung findet, unabhängig davon, welches Recht nach der Rom I-Verordnung auf das Arbeitsverhältnis anwendbar ist. Am 9. Juli 2018 wurde die Richtlinie (EU) 2018/957 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 96/71/EG über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen im Amtsblatt der EU veröffentlicht. Eine Umsetzung in nationales Recht hat gemäß Art. 3 der Richtlinie bis zum 30. Juli 2020 zu erfolgen.

Laut Kommissionsvorschlag ist das offizielle Hauptziel der Richtlinienreform “gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort” – also die Geltung der gleichen Lohnbedingungen innerhalb eines Mitgliedsstaates, unabhängig davon, ob ein einheimischer oder ein dorthin entsandter Arbeitnehmer tätig wird. In Art. 1 der Richtlinie sind darüber hinaus die Förderung der Dienstleistungsfreiheit, die Gewährleistung gleicher Wettbewerbsbedingungen und Schutz der Arbeitnehmer durch soziale Konvergenz als Ziele normiert.

Die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen in andere Staaten betrifft vor allem ortsgebundene Tätigkeiten wie Bauleistungen, Sicherheitsleistungen, Bewachung von Gebäuden, persönliche Dienstleistungen wie Pflege und Transportleistungen. Im Jahr 2016 wurden etwa 2,3 Millionen Arbeitnehmer innerhalb der EU entsendet; Hauptzielland ist Deutschland, Hauptherkunftsland sind Polen und andere mittel- und osteuropäische Länder. Die Zahl der Entsendungen ist seit 2010 um ein Mehrfaches angestiegen.

Die wichtigsten Änderungen betreffen vor allem die vollumfängliche Lohngleichstellung entsandter Arbeitnehmer, die Einführung einer Höchstdauer, nach deren Überschreiten sämtliche Rechtsvorschriften des Aufnahmestaates auf eine Entsendung Anwendung finden, sowie die Ausweitung der zwingenden Geltung von Entsendevorschriften in allgemeinverbindlichen Tarifverträgen auf alle Wirtschaftszweige und eine höhere Transparenz der Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen.

Die beschlossene Änderung wird durch eine Vielzahl der Mitgliedsstaaten sehr kritisch gesehen. Dies ist insbesondere darauf zurückzuführen, dass zwar der Schutz der Arbeitnehmer erhöht wird, eine Entsendung für Unternehmen jedoch auch unattraktiver wird. Es ist daher ein Rückgang der Arbeitnehmerentsendungen wahrscheinlich. Polen und Ungarn haben im Zuge dessen Nichtigkeitsklage beim EuGH erhoben.

Lukas Breier (Author) und Stephan Heidenhain (Mitautor)

Lukas Breier ist derzeit ein deutscher Referendar in bnt Prag.

 

 

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