Der Gläubiger gerät dem Schuldner gegenüber in die schwächere Position schon allein dadurch, dass er diesem Mittel vorgestreckt hat. Welche Möglichkeiten gibt ihm das Gesetz an die Hand, um sich im Falle einer nicht vollstreckbaren Forderung zu wehren?
Der Gläubiger erbringt seine Leistung an den Schuldner in Erwartung dessen, dass der Schuldner ihm die Schuld später zurückzahlen wird, wenn die vereinbarten Bedingungen erfüllt sind. Die Sicherheit des Gläubigers, dass dies auch tatsächlich der Fall sein wird, erhöht sich, wenn der Schuldner über Vermögenswerte verfügt, aus denen heraus sich der Gläubiger befriedigen kann, wenn der Schuldner seinen Pflichten gegenüber dem Gläubiger nicht nachkommt. Allerdings unternehmen unredliche Schuldner nicht selten den Versuch, den Gläubiger zu prellen, indem sie ihr damit beginnen, ihr Vermögen zu veräußern. Für diesen Fall ermöglicht es das Gesetz Gläubigern, sich zu wehren, indem sie die Unwirksamkeit solcher Rechtsgeschäfte des Schuldners einwenden, mit denen der Gläubiger in seinen Rechten gekürzt werden sollte.
Um die Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts eines Schuldners zu erzielen, muss der Gläubiger beim zuständigen Gericht eine Feststellungsklage auf Unwirksamkeit einreichen. Wenn es dem Gläubiger gelingt, eine Entscheidung des Gerichts zu erlangen, in dem ein bestimmtes Rechtsgeschäft des Schuldners gegenüber dem klagenden Gläubiger für unwirksam erklärt wird, kann er auf der Grundlage dieser Entscheidung die Befriedigung seiner Forderung im Weg der Zwangsvollstreckung erwirken, und zwar auch in das vom Schuldner im Wege des unwirksamen Rechtsgeschäfts veräußerte Vermögen hinein – ungeachtet dessen, wer aktuell Eigentümer dieses Vermögens ist. Ist eine Befriedigung aus dem Vermögen des Schuldners nicht möglich, steht dem Gläubiger ein angemessener Schadensersatz in Geldern zu.
Gegenüber der früheren, im damaligen Bürgerlichen Gesetzbuch (Ges. Nr. 40/1964 Slg.) enthaltenen Regelung hat das heutige BGB (Ges. Nr. 90/2012 Slg.) gewisse Änderungen mit sich gebracht, die leider zu Lasten des Gläubigers gehen – im Sinne einer Schwächung der Rechtsstellung von Gläubigern mit einer nicht vollstreckbaren Forderung. Diese Auslegung ist u.a. auch vom Obersten Gerichtshof in seiner Auslegungspraxis bestätigt worden.
Gemäß § 593 BGB-cz hat der Gläubiger die Möglichkeit, sein Recht auf Einwendung der Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts des Schuldners im Wege eines sog. Vorbehalts anzumelden, und zwar über einen Notar, einen Vollstrecker oder das Gericht. Tut er dies, so hemmt er den Fristenlauf für die weiter oben beschriebene Feststellungsklage, mit der er die relative Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts des Schuldners einwendet, solange seine Forderung nicht vollstreckbar geworden ist. Der OGH hat nun aber geschlossen, dass die Stellung der Feststellungsklage nicht möglich ist, falls die Forderung des Gläubigers nicht vollstreckbar ist. Was bedeutet dies für Gläubiger in der Praxis?
Ein in der Praxis häufig vorkommende Situation ist die, dass der Schuldner Immobilien sein eigen nennt – also Aktiva, die in einem öffentlichen Verzeichnis: dem Grundbuch eingetragen sind – und langwierige gerichtliche Verfahren wg. der Vollstreckbarkeit der (bis dato nicht vollstreckbaren) Forderungen des Gläubigers anhängig sind, die oft lange vor dem Zeitpunkt begonnen haben, zu dem der Schuldner bei Rechtsgeschäften Zuflucht sucht, mit denen der Gläubiger in seinen Rechten beschnitten wird. Gemäß der einstigen rechtlichen Regelung galt folgender wesentlicher und grundlegender Grundsatz: falls der Gläubiger eine Anfechtungsklage auf Unwirksamkeit eines Rechtsgeschäfts stellte, wurde im Grundbuch auf seinen Antrag hin eine Klausel eingetragen, wonach sich jemand auf die Unwirksamkeit eines Übertragungsgeschäfts beruft. Dies erschwerte zum einen weitere Übertragungsgeschäfte; zum anderen konnte damit der gute Glaube Dritter auch für den Fall ausgeschlossen werden, dass die Immobilie sich womöglich auf einen solchen Dritten übertragen ließ. Soweit er in der Sache obsiegte, konnte der Gläubiger sich auch an den Immobilien des X-ten Erwerbers in Folge befriedigen, soweit diese das Eigentum erst nach Eintragung der besagten Klausel über die Einrede der Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts ins Grundbuch erwarben.
Nach der derzeitigen Rechtslage hingegen gilt: hat der Gläubiger keine vollstreckbare Forderung, so kann er keine Anfechtungsklage stellen und die Eintragung einer entsprechenden Klausel ins Grundbuch erwirken, mit denen die Immobilie des Schuldners beschwert würde, um zu erreichen, dass eine Befriedigung auch an Immobilien des Rechtsnachfolgers des Schuldners möglich wird, falls der Gläubiger mit seiner Anfechtungsklage erfolgreich sein sollte. Mit anderen Worten, der Rechtsvorbehalt hat weder präventive noch rechtswirksame Konsequenzen im Sinne einer realistischen Aussicht des Gläubigers auf Vollstreckung in die Immobilien eines Rechtsnachfolgers des Schuldners hinein.
Daraus folgt, dass der sich aus dem Rechtsvorbehalt gemäß § 593 BGB-cz ergebende Gläubigerschutz im Falle von Immobilien nicht allzu wirksam ist; sein einziger Zweck besteht damit im Erhalt der Frist für die Stellung der Anfechtungsklage.
Quelle:
Ges. Nr. 89/2012 Slg. (BGB-cz); Beschluss des Obersten Gerichtshofs (20. 1. 2017, 21 Cdo 3914/2016)