In einem Insolvenzverfahren hat die Forderung des Pfandgläubigers auch in dem Fall Vorzugsstellung, in dem die gepfändete Sache vor der Insolvenzerklärung in einem Vollstreckungsverfahren veräußert wurde

Das Oberste Staatsgericht hat die bisher in Estland nicht geregelte Frage beantwortet, wie sich das Insolvenzverfahren des Schuldners auf die Befriedigung der Forderung des Pfandgläubigers auswirkt. Nämlich ging es um eine Situation, in der die gepfändete Sache in dem Vollstreckungsverfahren veräußert wurde, der Schuldner aber noch vor Auszahlung des Erlöses an den Pfandgläubiger als insolvent erklärt wird, weswegen das aus der Verwertung der gepfändeten Sache erlangte Geld an den Pfandgläubiger nicht ausgezahlt bleibt und der Gerichtsvollzieher das Geld an den Insolvenzverwalter übergibt.

Im vorliegenden Fall wurde ein Vollstreckungsverfahren gegen den Schuldner aufgrund des Antrages des Klägers eingeleitet, um Einziehung der mit einer an dem Grundstück des Schuldners zugunsten des Klägers bestellten Hypothek gesicherten Forderung zu betreiben. Das mit der Hypothek belastete Grundstück wurde im Vollstreckungsverfahren veräußert, das erlangte Geld blieb an den Kläger nicht ausgezahlt. Der Grund dafür war, dass am Tag, an dem das Geld an den Gerichtsvollzieher übergeben wurde, hat das  Gericht den Insolvenzantrag des Schuldners zugelassen, einen vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt und Aussetzung aller Vollstreckungsmaßnahmen gegen den Schuldner angeordnet. Danach wurde der Schuldner als insolvent erklärt und die Zwangsvollstreckung wurde ausgesetzt sowie das Insolvenzverfahren wurde eingeleitet. Aus diesem Grund hat der Gerichtsvollzieher in Übereinstimmung mit den Anforderungen des Gesetzes den Erlös aus der Veräußerung des Grundstücks dem Insolvenzverwalter übergeben.

Die Vorschriften § 123 und § 153 Abs. 1 und 2 Insolvenzgesetzes (Pankrotiseadus) regeln die Rangfolge der Forderungen in einem Insolvenzverfahren, wobei die mit einem Pfandrecht gesicherten Forderungen Vorrang genießen. In seiner Entscheidung legte das Oberste Staatsgericht diese Vorschriften weit aus. Der im Wege der Zwangsmaßnahmen erlangte Erlös trete danach in der oben beschriebenen Situation an Stelle der gepfändeten Sache. Das Oberste Staatsgericht hat ferner die Ansicht vertreten, dass die rechtliche Stellung des Pfandgläubigers nicht davon abhängig gemacht werden könne, ob die Insolvenz des Schuldners vor oder nach der Übertragung des Erlöses durch den Gerichtsvollzieher an den Pfandgläubiger erklärt wird. Der Pfandgläubiger könne aber die Befriedigung seiner Forderung in der ersten Folge nur in dem Umfang des im Wege der Vollstreckung erlangten Erlöses und nicht in dem Umfang der gesamten mit dem Pfandrecht gesicherten Forderung verlangen.

Quelle: Das Oberste Staatsgericht https://www.riigikohus.ee/et/lahendid?asjaNr=3-2-1-123-16

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