Frühwarnsystem und präventive Restrukturierung können rechtzeitig vor Insolvenz warnen und diese abwenden

Das tschechische Recht kannte bisher kein Instrument, welches unmissverständlich Regeln geschaffen hätte für die außergerichtlichen Verhandlungen zwischen Unternehmen in wirtschaftlichen Schwierigkeiten und deren Gläubiger. Dies könnte sich jetzt ändern, dank der Übertragung von Regeln des EU-Rechts zur sog. präventiven Restrukturierung und dem Frühwarnsystem.

Am 17.7.2021 läuft die reguläre Frist ab, innerhalb derer die EU-Mitgliedsstaaten die Restrukturierungs- und Insolvenzrichtlinie ins nationale Recht umsetzen müssen; dazu gehören die Regeln für die sog. präventive Restrukturierung. Für Unternehmer, welche sich ihrer beginnenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten bewusst sind, soll es damit möglich werden, auf der Grundlage einer (unter geringster Einmischung seitens der Gerichte geschaffenen) Vereinbarung mit den betroffenen Gläubigern dem Insolvenzverfahren zu entgehen und den fortgesetzten Unternehmensbetrieb sicherzustellen. Schlüsseldokument ist dabei der sog. Restrukturierungsplan, der nicht nur vorgeschlagene Maßnahmen zur Sanierung des Unternehmers enthält, sondern auch Aufschluss gibt über dessen Vermögen, Schulden und (nach wirtschaftlichen Interessen in Kategorien eingeteilte) Gläubiger.

Als Begleitmaßnahme können die Mitgliedstaaten ein sog. Frühwarnsystem einführen, welches dem Unternehmer auf der Grundlage eines einzigartigen Algorithmus eine mögliche Bedrohung durch künftige Insolvenz anzeigt, nachdem einige Eckdaten aus der Buchhaltung eingegeben wurden. Bis dato ist unklar, in welcher Form dieses Instrument Unternehmern zur Verfügung gestellt werden soll. Von ganz grundlegender Bedeutung ist freilich die Frage, wie die eingegebenen buchhalterischen Kennziffern gesichert werden und deren potenzieller Missbrauch bzw. Offenlegung an Dritte verhindert wird. Die bisherigen Erfahrungen deuten darauf hin, dass die Schwachstelle des ganzen Systems letztlich in den Unternehmern selbst und deren Ego zu suchen sein wird – viele werden sich nicht eingestehen wollen, dass die Situation ohne eine rasche Umsetzung der gebotenen Maßnahmen nicht zu bewältigen sein wird.

Ob das Rechtsinstitut der präventiven Restrukturierung zusammen mit dem Frühwarnsystem sein Potenzial ausschöpfen wird und die keineswegs unabwendbaren Insolvenzverfahren insbesondere kleiner und mittelständiger Unternehmen „ausmerzen“ kann, wird erst die Zeit zeigen, und hängt davon ab, zu welcher endgültigen Form der rechtlichen Umsetzung der hiesige Gesetzgeber gelangt. Bereits jetzt ist aber klar, dass die rasche Umsetzung der Richtlinie angesichts der gegenwärtigen gesamtgesellschaftlichen Situation im Zuge der Covid-19-Pandemie mit jedem Tag an Bedeutung gelangt. Von daher ist es bedauerlich, dass die Tschechische Republik die vorgegebene Frist nicht einhalten kann und bereits um eine Verlängerung bis zum 17.7.2022 nachgesucht hat.

Bei Interesse stehen wir gerne mit weiteren Auskünften zur Verfügung.

Quelle:
Richtlinie (EU) 2019/1023 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.6.2019 (Richtlinie über Restrukturierung und Insolvenz)
Zusammenfassung der Zwischenergebnisse der Arbeitsgruppe von Experten zur Umsetzung der Richtlinie 2019/1023 über Restrukturierung und Insolvenz (Justizministerium, Ressort Gesetzgebung)

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