Fernmündliche Verhandlungen per Videokonferenz aus juristischer Sicht

In den letzten paar Tagen sind wir wieder dazu übergegangen, zahlreiche Gespräche und Verhandlungen per Videokonferenz zu führen. Welche juristischen Aspekte sind bei dieser Form der Kommunikation zu beachten?

In den letzten paar Tagen ist an die Stelle persönlicher Gespräche in den Konferenzräumen unserer Büros wieder die Kommunikation übers Telefon oder – noch häufiger – in Form von Videokonferenzen getreten; dabei werden durchaus auch Vertragsverhandlungen geführt. Natürlich haben solche Verhandlungen per Videokonferenz auch rechtliche Aspekte. Im Folgenden wollen wir diese in Erinnerung rufen, und Gesprächspartnern bestimmte Regeln und Vorgehensweisen ans Herz legen.

Mit wem verhandeln wir eigentlich

Im Rahmen der Videokonferenz kommen oft Inhalte zur Sprache, die vertraulichen Charakters sind, als Geschäftsgeheimnis Schutz genießen, oder nicht in unbefugte Hände gelangen dürfen, weil sonst jemand Schaden erleidet. Bei sensitiven Gesprächsthemen lautet die Grundregel, die Zugangsdaten (Link, Einwähl-PIN usw.) sorgfältig zu schützen, so dass sich niemand einwählen kann, dessen Anwesenheit nicht vorgesehen ist. Falls angemeldete Teilnehmer ihre Kamera abgeschaltet haben, sollten sie darum gebeten werden, den Videostream zuzuschalten, um sich vergewissern zu können, mit wem verhandelt wird. Wer den Datenschutz in Videokonferenzen unterschätzt, riskiert natürlich, für die unbefugte Weitergabe von Daten zur Verantwortung gezogen zu werden.

Aufnehmen oder nicht?

Die meisten Apps und Programme für die Organisation von Videokonferenzen machen es sehr einfach, den Gesprächsverlauf mitzuschneiden, und zwar auch ohne Wissen der Teilnehmer. Darf man solche Aufnahmen machen, ohne dass die Beteiligten sich hierauf geeinigt und die Aufzeichnung abgesegnet haben? Grundsätzlich gilt, dass Audio- oder Videoaufnahmen von Menschen und deren Äußerungen persönlichen Charakters nur mit deren Einwilligung gemacht und verwendet werden dürfen. Dennoch lassen sich zahlreiche Fälle in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs und des Verfassungsgerichts der Tschechischen Republik der letzten zwanzig Jahre finden, in denen ohne Wissen und Zustimmung der Beteiligten angefertigte Aufnahmen geschäftlichen oder beruflichen Charakters für legal befunden und von den Gerichten als Beweis im Zivil- oder Strafverfahren zugelassen wurden. Generell neigen die Gerichte nämlich dazu, Aufzeichnungen von geschäftlichen oder beruflichen Verhandlungen nicht als „Äußerung persönlichen Charakters“ zu werten. Die Beteiligten an Videokonferenzen sollten deshalb davon ausgehen, dass das Gespräch aufgezeichnet und verwendet werden kann, ohne dass sie davon wissen oder einem solchen Vorgehen zugestimmt haben. Wünscht jemand nicht, dass eine Aufzeichnung gemacht wird, so sollte er dies zu Beginn der Konferenz ausdrücklich festhalten und gegebenenfalls seine Gründe nennen. Die Anfertigung solcher Aufzeichnungen und deren Speicherung außerhalb der Reichweite aller Beteiligten bedeutet u.a. ein erhöhtes Risiko der Preisgabe von Tatsachen, die zum Geschäftsgeheimnis gehören und über die im Rahmen der Videokonferenz gesprochen wird.

Was, wenn Vertragsverhandlungen anstehen?

Ein Vertrag kann im Rahmen einer Videokonferenz ebenso gut geschlossen werden wie bei einer persönlichen Begegnung, solange das Gesetz nicht zwingend die Schriftform (oder eine andere qualifizierte Form des Vertragsschlusses) vorschreibt. Es ist völlig ausreichend, dass alle Gesprächsbeteiligten, zwischen denen der Vertrag entstehen soll, sich auf den Inhalt des Vertrags einigen. Allerdings ist anzuraten, dann eine Aufzeichnung der Videokonferenz anzufertigen und zu archivieren, als Nachweis des Abschlusses des Vertrags und seiner Inhalte.

Falls eine der Parteien auf der Schriftform besteht, ohne dass das Gesetz ein zwingendes Schriftformerfordernis vorsieht, sollte dieser Vorbehalt noch vor den Vertragsverhandlungen ausgesprochen werden, dies deshalb weil sich gemäß älteren Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs aus der Zusendung eines schriftlichen Vertragsangebots allein noch nicht ergibt, dass die Beteiligten (oder einzelne von ihnen) den Vertrag nur schriftlich schließen wollen.

Selbst wenn wir uns die Schriftform vorbehalten und der Vertrag noch nicht dadurch zustande kommt, dass im Rahmen der Verhandlungen ein Konsensus erzielt wurde, kann die Aufzeichnung der Videoverhandlungen als Beweismittel dienen, welches von der einen oder anderen Partei zum eigenen Vorteil genutzt werden könnte. Eine solche Aufzeichnung könnte z.B. als Richtschnur bei der (richterlichen) Auslegung unklarer Vertragsbestimmungen dienen (d.h. sie könnte nachweisen, welche Absicht die Parteien mit einer konkreten Vereinbarung verfolgten). Diese Auslegungsregel kann aber schon im Vorfeld im Vertrag selbst ausgeschlossen werden.

Die Aufzeichnung könnte außerdem z.B. als Beweis dafür genutzt werden, dass die jeweils andere Partei von bestimmten Vertragsbestimmungen oder Anlagen zum Vertrag in Kenntnis gesetzt wurde, oder dass ihr Erklärungen zum Inhalt bzw. der Bedeutung solcher Bestimmungen und Anlagen bereitgestellt wurden. Dies verlangt das Gesetz in bestimmten Fällen, wenn eine vertragliche Bestimmung gültig oder einklagbar sein soll. Schließlich kann die Aufzeichnung der Videokonferenzverhandlungen auch dann als Beweis dienen, wenn der Vertrag gar nicht geschlossen wird, nämlich darüber, dass die Verhandlungen bis zu einem Stadium fortgeschritten waren, in dem die Entscheidung einer der Parteien gegen den Vertragsschluss als Verstoß gegen die Regeln der redlichen Vertragsvereinbarung gelten muss und eine sog. vorvertragliche Haftung begründet, woraus sich wiederum die Pflicht zum Schadensersatz ergibt. Aus den genannten Gründen ist es angebracht, stets im Vorfeld zu klären, ob eine Aufzeichnung angefertigt wird oder nicht, und wer sie aufbewahren wird, und wo.

Quelle:
Gesetz Nr. 89/2012 Sb., Bürgerliches Gesetzbuch

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