Aktionärsrechterichtlinie II in Litauen: mehr als nur die Registrierung der Wirtschaftlich Berechtigten

Im September 2020 bringt die Aktionärsrechterichtlinie II das zweite Reformpaket in Litauen und den meisten EU-Ländern mit sich.

Die allgemeine Diskussion um die Aktionärsrechterichtlinie II (ARUG II) konzentriert sich hauptsächlich auf die Registrierung als Wirtschaftlich Berechtigter und das Register der Wirtschaftlich Berechtigten[1]. Die ARUG II ist jedoch viel mehr als das – und ein Großteil ihrer Umsetzung tritt am 3. September 2020 in Kraft.

Ab September 2020 müssen in Litauen – wie in vielen anderen EU-Ländern auch – die ARUG II-Anforderungen hinsichtlich der Vermittlerverpflichtungen gegenüber Emittenten und Aktionären eingehalten werden. Nach Einschätzung der Regierung hat Litauen bereits die notwendigen Rechtsvorschriften erlassen und erfüllt die Umsetzungsanforderungen vollständig.

Die ARUG II soll Aktionären bekanntermaßen die Ausübung ihrer Rechte erleichtern. Sie fördert und strebt – wenn auch nur unterschwellig – eine größere Markttransparenz an. Vermittler erhalten dementsprechend mehr Verpflichtungen zur Weitergabe zusätzlicher Informationen oder zur Weitergabe von Emittenteninformationen an die Aktionäre. Im Wesentlichen erstrecken sich die Verpflichtungen der Vermittler auf:

  • Weiterleitung von Hauptversammlungsbenachrichtigungen an die Aktionäre;
  • Schaffung von Bedingungen für die Abstimmung und Sicherstellung von Feedback;
  • Beantwortung von Offenlegungsanfragen von EU-Emittenten.

Der Anwendungsbereich dieser Anforderungen hängt wesentlich davon ab, was und wer als Aktie und Aktionär gilt. Da die ARUG II keine Definition enthält, obliegt es den Mitgliedstaaten zu entscheiden, was als Aktie in einer bestimmten Rechtsordnung gilt. Das litauische Recht definiert „Aktien“ nicht ausschließlich gemäß den Zwecken der ARUG II. Im Allgemeinen werden Aktien als Wertpapiere verstanden und bezeichnet, die folgenden Rechte des Inhabers (Aktionär) verbriefen:

  • an der Verwaltung der Gesellschaft mitzuwirken, sofern nicht gesetzlich etwas anderes bestimmt ist,
  • Dividenden zu erhalten,
  • einen Teil des nach der Liquidation verbleibenden Vermögens der Gesellschaft zu erhalten.

Per Definition umfassen Aktien keine Anleihen oder andere Finanzinstrumente. In den Rechtsakten zur Umsetzung der ARUG II wird jedoch in der Regel der breitere Begriff „Finanzinstrumente“ verwendet und darauf Bezug genommen. Dieser umfasst Folgendes:

  • Anteile an Unternehmen und andere Wertpapiere, die Anteilen an Unternehmen, Personengesellschaften und anderen Unternehmen entsprechen, sowie Hinterlegungsscheine, die Aktien darstellen;
  • Schuldverschreibungen und andere Formen von Nichtdividendenwerten, einschließlich Hinterlegungsscheinen für Nichtdividendenwerte;
  • andere Wertpapiere, die das Recht zum Erwerb oder zur Übertragung übertragbarer Wertpapiere verleihen

Daher wäre im Rahmen der ARUG II in Litauen der Begriff „Finanzinstrument“ anstelle von „Aktie“ passender.

Ein weiterer potenziell problematischer Bereich ist die Identifizierung des Halters (Eigentümer oder Inhaber) von Finanzinstrumenten. Litauen (wie einige andere CEE-Länder) beschreibt Eigentum als eine Kombination von drei Rechten: Besitz, Genuss und Disposition. Auf den Finanzmärkten werden diese Elemente oft nach rechtlichem Eigentum und wirtschaftlichem Eigentum aufgeteilt. Bisher ist noch nicht absehbar, wer im Falle einer Trennung und Aufteilung dieser drei Elemente auf mehrere Personen als Inhaber oder Eigentümer der Finanzinstrumente anzusehen ist. Angesichts der Tendenz des litauischen Rechts, im Sinne der Grundsätze und Ziele der ARUG II das Prinzip der wirtschaftlichen Betrachtungsweise („Substance over Form“) anzuwenden, ist es jedoch wahrscheinlich, dass sich das Prinzip der wirtschaftlichen Eigentümerschaft durchsetzen wird.

[1] Anfang 2019 wurde in Litauen ein Register der Wirtschaftlich Berechtigten eingeführt. Trotz seiner „Existenz“ in den Rechtsakten funktioniert es in der Praxis jedoch aus technischen und organisatorischen Gründen noch immer nicht.

Newsletter abonnieren

Wenn Sie den Newsletter abonnieren, stimmen Sie zugleich unseren Datenschutzbedingungen zu.