Slowakei: Wahrscheinliche Insolvenz und neue Pflichten der Unternehmensleitung

Eines der Ziele der Richtlinie (EU) 2019/1023 über präventive Restrukturierungsrahmen, über Entschuldung und über Tätigkeitsverbote sowie über Maßnahmen zur Steigerung der Effizienz von Restrukturierungs-, Insolvenz- und Entschuldungsverfahren ist die Festlegung gemeinsamer Standards für die Pflichten der Unternehmensleitung bei einer wahrscheinlichen Insolvenz des Schuldners. Auf der Grundlage von Art. 19 der Richtlinie hat die Unternehmensleitung bereits in diesem Stadium die Interessen der Gläubiger, Anteilsinhaber und sonstigen Interessenträger zu berücksichtigen und Schritte einzuleiten, um eine Insolvenz abzuwenden.

Nach den geltenden slowakischen Rechtsvorschriften ist der Schuldner verpflichtet, eine Insolvenz zu vermeiden und im Falle ihrer Wahrscheinlichkeit geeignete und angemessene Maßnahmen zu ergreifen, um sie zu verhindern. Grundsätzlich muss der Schuldner seine wirtschaftliche Entwicklung verfolgen, um die Risiken, die zur Insolvenz führen könnten, frühzeitig zu erkennen. Das Gesetz Nr. 7/2005 über Insolvenz und Restrukturierung verweist ausdrücklich auf die Bestimmung des Handelsgesetzbuchs, die sich mit der drohenden Insolvenz befasst. In dieser Bestimmung wird die Überschuldung als Definitionsfaktor für einen solchen Fall herangezogen.

Der Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie in das slowakische Rechtssystem erweitert jedoch die Definition der drohenden (wahrscheinlichen) Insolvenz auch auf die drohende Zahlungsunfähigkeit. Sie ist als ein Zustand konzipiert, bei dem unter Berücksichtigung aller Umstände vernünftigerweise angenommen werden kann, dass der Schuldner innerhalb der nächsten 12 Monate zahlungsunfähig sein wird. In Anbetracht der Tatsache, dass der Faktor Überschuldung weitgehend von der Art und Weise abhängt, wie der Schuldner seine wirtschaftlichen Ergebnisse präsentiert, während die Zahlungsunfähigkeit eine Frage der Pluralität der Gläubiger und ihrer Forderungen ist, ist es klar, dass der letztgenannte Insolvenzfaktor für den Schuldner dringlicher sein kann.

Was die neuen Pflichten der Unternehmensleitung des Schuldners betrifft, so wird vorgeschlagen, dass die Eintragung eines Schuldners als Schuldner in öffentlichen Registern (z. B. von Steuer- oder Sozialversicherungsbehörden) eine Frühwarnung ist, die auf die Wahrscheinlichkeit einer Insolvenz hinweist – der Schuldner wird in diesem Fall verpflichtet sein, dies zu überprüfen. Verfügt die Unternehmensleitung des Schuldners nicht über die erforderlichen Qualifikationen (z. B. wirtschaftlicher Hintergrund), ist sie verpflichtet, einen Sachverständigen mit der Beurteilung der Insolvenzwahrscheinlichkeit zu beauftragen. Der Zweck ist, dass sie sich nicht selbst befreien kann, nur weil sie nicht über genügend Fachwissen verfügt, um alle Risiken zu erkennen. Darüber hinaus sieht der Entwurf direkt vor, dass die Unternehmensleitung des Schuldners bei einer wahrscheinlichen Insolvenz die Interessen der Gläubiger, Anteilsinhaber und anderer betroffener Interessenträger berücksichtigen muss.

Es stellt sich natürlich die große Frage, wer bei Verletzung dieser Pflichten Haftungsansprüche gegen die Unternehmensleitung des Schuldners geltend machen kann. Der Entwurf tendiert eher zum Prinzip der Innenhaftung der Unternehmensleitung gegenüber der Gesellschaft (dem Schuldner), nicht gegenüber den Gläubigern. Für die Gläubiger könnte es eine interessante Aufgabe sein, die Fahrlässigkeit der Unternehmensleitung in den frühen Phasen, die letztlich zur Insolvenz des Schuldners führen, festzustellen. Solche Feststellungen könnten ihre Haftungsansprüche besser begründen. Es ist klar, dass die Unternehmensleitung des Schuldners nach der neuen Vorschrift strengere Sorgfaltspflichttests bestehen müsste, um sich zu befreien.

Die Gesamtwirkung der neuen Rechtsvorschrift wird jedoch sicherlich von der Einschätzung der Gerichte abhängen. Das erwünschte Ergebnis einer frühzeitigen Lösung finanzieller Schwierigkeiten durch die Schuldner und ihre Unternehmensleitungen wird nur erreicht werden, wenn die Gerichte eine transparente und vorhersehbare Rechtsprechung zu diesen Regeln entwickeln. Was die Slowakei betrifft, so ist eine solide und durchsetzbare Rechtsgrundlage für die Bewertung der Haftung der Unternehmensleitung bei wahrscheinlicher Insolvenz und der anschließenden Ansprüche der Gläubiger sehr zu begrüßen.

Quelle:

Der Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/1023 über präventive Restrukturierungsrahmen.

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