Tschechien: Der Wohnungsmangel ließe sich durch städtischen Wohnungsbau in Zusammenarbeit mit kommerziellen Erschließungsgesellschaften lösen

In Großstädten, aber auch in kleineren Gemeinden, hat sich in jüngerer Zeit der unzureichende Bestand an kommunalen Wohnungen empfindlich bemerkbar gemacht. Ein städtischer Wohnungsbau in Zusammenarbeit mit professionellen Bauträgern könnte die Lösung sein. Allerdings muss bei der Ausgestaltung der handelsrechtlichen Parameter einer solchen Zusammenarbeit das Vergaberecht im Auge behalten werden.

Größere wie kleinere Städte verspüren in jüngerer Zeit den Mangel an Wohnungen in städtischem Eigentum; der Bestandsmangel liegt in der historischen Privatisierungswelle und im Fehlen jeglicher eigenen Bautätigkeit im Sinne neuer Wohnungsbauprojekte begründet. Dass die Städte auf diesem Feld bisher nicht aktiv waren, ist wiederum dem mangelnden Know-how in Sachen Bauentwicklung geschuldet, sowie den fehlenden Erfahrungen mit der Vorbereitung und anschließenden Umsetzung des Wohnungsbaus in seiner gesamten Komplexität. Die löbliche Ausnahme bildet hier die Hauptstadt Prag, die 2020 die „Pražská developerská společnost“ als gemeinnützige Organisation gegründet hat. Diese soll als städtisches Entschließungsunternehmen auftreten; heute liegen bereits erste handfeste Ergebnisse ihrer Arbeit vor. Andere Städte haben sich hiervon inspirieren lassen und denken immer häufiger darüber nach, auf für den Wohnungsbau geeigneten städtischen Grundstücken in Kooperation mit professionellen Bauträgern Stadtwohnungen bauen zu lassen. Im Gegenzug für städtisches Bauland erwarten sie, das Eigentum an einem Teil der von der Bauerschließungsgesellschaft errichteten Wohnungen zu erlangen. Diese Form der Zusammenarbeit kann für beide Seiten von Vorteil sein: kommerzielle Developer klagen sehr häufig über den Mangel geeigneter Grundstücke, sowie mancherorts über nur schwierig zu lösende eigentumsrechtliche Verhältnisse am Zielstandort.

Die Zusammenarbeit zwischen Städten und Bauentwicklungsgesellschaften kann verschiedene Formen annehmen. In Frage käme z.B. die Gründung eines Joint Venture, in welches die Stadt ihre Grundstücke einbringt, für deren Bebauung der Developer anschließend sorgt; die Stadt erlangt die errichteten Wohnungen sodann im Rahmen des Auseinandersetzungsguthabens bei Abwicklung des Joint Venture. Faktisch ähnlich gelagert wäre eine Konstruktion, bei der die Grundstücke auf den Developer übereignet werden, und zwar gegen eine Gegenleistung in Form der künftig bereitgestellten Wohnungen; der wichtigste Unterschied ist hier die fehlende Vermögensbeteiligung der Stadt an der Zweckgesellschaft, die den Bau übernimmt. Nicht auszuschließen ist außerdem der Fall, dass der Developer auf der Grundlage eines (vorübergehenden) Erbbaurechts direkt auf Grundstücken der Stadt baut, die Wohnungen für einen bestimmten Zeitraum vermietet und damit die Rendite für seine Investition erwirtschaftet, um die Wohnungen schließlich auf die Stadt zu übertragen (womit das Erbbaurecht erlischt). Prag hat in diesem Sinne bereits ein Projekt unter dem Namen „Erschwingliches genossenschaftliches Wohnen“ auf den Weg gebracht; Grundlage für den Wohnungsbau auf städtischen Grundstücken soll hier eine gemeinsame Genossenschaft sein, die von der Stadt und einem ausgewählten Bauträger gegründet wird.

An dieser Stelle muss aber darauf hingewiesen werden, dass die gemeinsame Zusammenarbeit in Abhängigkeit davon, wie die Gegenleistung des Developers gegenüber der Stadt konzipiert ist, dem Geltungsbereich des Gesetzes über die Vergabe öffentlicher Aufträge unterworfen sein kann – und zwar konkret der dort enthaltenen Regulierung für die Vergabe von Bauaufträgen. Bei der Ausgestaltung der handelsrechtlichen Aspekte der Zusammenarbeit muss dieser Aspekt berücksichtigt werden, sonst könnte es durchaus passieren, dass sich Developer und Stadt zwar auf eine Zusammenarbeit einigen, aber das Gesetz dem Projekt Steine in den Weg legt.

Wie das Vertragswerk letztlich aussieht, wird neben der Vergabeordnung wesentlich auch dadurch beeinflusst, welche Ansprüche die Städte an die Bauunternehmen stellen – insbesondere Forderungen nach Sicherheiten und Sanktionen, die freilich bis zu einem gewissen Grad verständlich sind. Die Zusammenarbeit zwischen Kommunen und Bauerschließungsgesellschaften erfordert nämlich notwendigerweise oft eine Vorleistung, bei der die Stadt ihre Grundstücke der Bauentwicklungsgesellschaft anvertraut und zur Verfügung stellt, wobei die Gegenleistung (in Form fertiger Wohnungen) noch nicht existiert. Die Stadt muss sich darauf verlassen können, dass der Developer die versprochenen Wohnungen auch tatsächlich baut. Eine zugunsten der Stadt an den erschlossenen Grundstücken errichtete Sicherheit in Form dinglicher Rechte (z.B. ein Grundpfandrecht oder Veräußerungs- bzw. Belastungsverbot) könnte es aber dem Developer wiederum schwierig machen, die Baufinanzierung (durch Banken) auszuhandeln. Deshalb ist es angebracht, Umfang und Konditionen einer solchen Besicherung zugunsten der Stadt von Anfang an auch mit dem Kreditgeber zu diskutieren.

Aber nicht nur die Kommunen stellen Bedingungen für die erfolgreiche Projektrealisierung. Eine fristgerechte Fertigstellung der Wohnungen durch den Bauunternehmer erfordert nicht nur ein solide ausgearbeitetes Projekt, sondern auch, dass die Rechtsverhältnisse am Standort gelöst sind. Dies kann dazu beitragen, dass der notwendige Genehmigungsprozess beschleunigt und die eigentliche Bautätigkeit erleichtert wird. Von daher sollte der Developer im Rahmen des abzuschließenden Vertragswerks darauf achten, dass die notwendige Mitwirkung der Stadt auf der Ebene der kommunalen Selbstverwaltung im Rahmen der einzelnen Genehmigungsprozesse gewährleistet ist.

Aber auch hier ist Vorsicht angebracht! Ein derartiger „Nichtangriffspakt“ zwischen Bauerschließungsunternehmen und Stadtverwaltung kann nämlich nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Verwaltungsgerichts im Extremfall eine systemische Voreingenommenheit des gesamten örtlich zuständigen Bauamts begründen und dann den Genehmigungsprozess erheblich hinauszögern. Gerade die Behebung der systemischen Voreingenommenheit (durch Überführung der Genehmigungsprozesse von der Gemeinde auf staatliche Bauämter mit besonderer Zuständigkeit) gehörte zu den geplanten Instrumenten, mit denen Genehmigungsprozesse, wäre es nach dem ursprünglichen Entwurf des neuen Baugesetzes gegangen, beschleunigt hätten werden sollen. Die gegenwärtige Regierung hat aber beschlossen, von der Umsetzung dieses Prinzips wieder abzurücken, mit der betrüblichen Konsequenz, dass eines der brennendsten Probleme des tschechischen Baurechts wohl ungelöst bleiben wird.

Das Vorstehende ist lediglich als knappe Auflistung einiger der wichtigsten Aspekte bzw. potenziellen Probleme einer Zusammenarbeit zwischen Städten und Bauunternehmen zu verstehen, die nicht nur der Aufstockung des öffentlichen Wohnungsbestands, sondern auch der Steigerung des Wohnungsbauvolumens insgesamt dienen soll, um die Verfügbarkeit von Wohnraum auf dem aktuellen Markt zu verbessern. In Prag allein sollen derzeit bis zu 120.000 Wohnungen fehlen – ein Zustand, der nach einer Lösung schreit. Eine Zusammenarbeit zwischen Kommunen und kommerziellen Developern könnte die Antwort sein, mit beachtlichen Vorteilen für beide Seiten.

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