Tschechien: Beschränkungen der Übertragbarkeit von Schuldverschreibungen und deren rechtliche Konsequenzen in der Praxis

Der Oberste Gerichtshof hat sich kürzlich mit der Rechtsfrage befasst, welche Folgen die Übertragung einer Schuldverschreibung hat, die im Widerspruch zur Abrede zwischen Schuldner und Gläubiger geschieht. Im Kern beruht die Entscheidung auf der Notwendigkeit, das von den am Übertragungsgeschäft Beteiligten getroffene Arrangement und deren Absichten zu berücksichtigen.

Author: Aneta Phanová, paralegal

In einem kürzlich ergangenen Urteil (AZ 27 ICdo 30/2022, 27.4.2023) befasste sich der Oberste Gerichtshof mit einer bisher von der gerichtlichen Praxis ungeklärten Rechtsfrage betreffend die Folgen einer Anleihenübertragung im Widerspruch zur Abrede zwischen Schuldner und Gläubiger, mit der eine solche Übertragung im Einklang mit § 1881 Abs. 1 BGB-cz ausgeschlossen werden sollte. Der Problemkreis, hinsichtlich dessen die Rechtslehre uneinig ist, wurde durch die zur Schlichtung anstehende Streitigkeit aufgeworfen, die die Übertragung einer Anleihe betraf, welche erfolgte, ohne dass die hierfür notwendigen Bedingungen erfüllt waren.

Im Kern besteht die Entscheidung darin, dass die Abreden und Absichten der an der Anleihenübertragung beteiligten Parteien in Betracht gezogen werden müssen. Das Gericht betonte die grundlegende Bedeutung der Frage, ob der Erwerber von irgendwelchen zwischen Schuldner und Gläubiger festgesetzten Übertragungsbeschränkungen wusste. Soweit diese Beschränkungen dem Erwerber bekannt sein mussten, kann die Abtretung der Forderung als schwebend unwirksam betrachtet werden, was die Interessen des Schuldners schützt. Allerdings ist das Gericht der Ansicht, dass solche Rechtsgeschäfte nicht unheilbar nichtig sein sollten; das Gericht argumentierte diesbezüglich, man könne nicht von vornherein ausschließen, dass der Schuldner die Abtretung akzeptiert, auch wenn sie von der ursprünglichen Abrede mit dem Gläubiger abweicht.

In seinem Urteil untersuchte der Oberste Gerichtshof verschiedene Szenarien und deren mögliche Konsequenzen. Steht die Übertragung der Forderung im Widerspruch zum Vertrag zwischen Schuldner und Gläubiger und führt sie unter bestimmten Umständen zu einem rechtsgültigen und wirksamen Rechtsübergang, so könnten hierdurch die Interessen des Schuldners bedroht sein. Für diesen Fall hielt das Gericht fest, es gehe nicht an, dass die Interessen eines bösgläubigen Zessionars Vorrang vor den Interessen des Schuldners haben sollten.

Auf der anderen Seite argumentierte das Gericht, wie bereits angedeutet, gegen eine absolute Ungültigkeit der Übertragung. Die absolute Ungültigkeit könnte den Sinn und Zweck der Bestimmung des § 1881 Abs. 1 BGB-cz in Zweifel ziehen, insofern als dem Schuldner die Möglichkeit genommen würde, die Übertragung gutzuheißen. Auch eine relative Ungültigkeit wurde vom Gericht als Möglichkeit untersucht. Käme diese zum Ansatz, so würde der Schuldner die Folgen des exzessiven Handelns von Zedent und Zessionar tragen, wenn er nicht die Ungültigkeit der Übertragung einwendet. Nach Auffassung des Obersten Gerichtshofs wird eine solche Auslegung den schuldnerischen Interessen nicht notwendigerweise den angemessenen Schutz einräumen.

Die vom Gericht vorgeschlagene optimale Lösung soll deshalb darin bestehen, dass die Übertragung schwebend unwirksam wird, falls sie im Widerspruch zur Vereinbarung zwischen Schuldner und Gläubiger steht und der Zessionar sich dieses Widerspruchs bewusst ist. Diese schwebende Unwirksamkeit soll so lange dauern, bis der Schuldner in die Übertragung einwilligt. Auch vor diesem Zeitpunkt würde jedoch die mit dem Übertragungsvertrag begründete Rechtsbeziehung fortdauern.

Diese Schlussfolgerung steht im Einklang mit dem vom Gesetzgeber bei Namensaktien gewählten Ansatz, zu deren Übertragung eine organschaftliche Zustimmung notwendig ist. Analog zu diesem Szenario schlägt das Gericht vor, dasselbe Konzept auch für Schuldverschreibungen bzw. Anleihen anzuwenden, mit den in den Emissionsbedingungen aufgeführten Einschränkungen.

Die praktischen Konsequenzen dieser Entscheidung sind erheblich. Sie stärkt die Rechtstellung des Schuldners, dessen Interessen besonders hervorgehoben werden und dem ein stärkerer Grad der Kontrolle über seine finanziellen Verbindlichkeiten zuerkannt wird. Die Gläubiger hingegen sind gezwungen dafür zu sorgen, dass Erwerber vollumfänglich über sämtliche Beschränkungen der Übertragbarkeit von Anleihen aufgeklärt werden. Kurz gesagt ist von den an der Übertragung von Anleihen beteiligten Parteien ein konsequenteres Vorgehen gefordert, womit die Wahrscheinlichkeit von Konflikten wg. eines Verstoßes gegen den Übertragungsvertrag reduziert wird. Der Oberste Gerichtshof akzentuiert hier die allgemeine Regel, dass sämtliche Rechtsgeschäfte am Redlichkeitsgrundsatz auszurichten sind.

Quelle:
Beschluss des Obersten Gerichtshofs, AZ 27 ICdo 30/2022, vom 27. April 2023

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