Abtreibungsrecht in Litauen – Liberale Gesetze stehen immer wieder zur Disposition

Von Werbeverboten bis Gewissensklauseln – Das Abtreibungsrecht innerhalb der EU weist teils gravierende Unterschiede auf. Auch medizinische Fachkräfte, die keine Schwangerschaftsabbrüche durchführen, sollten die Regelungen kennen, um Patienten mit entsprechenden Anliegen gesetzesgemäß zu beraten. In einer dreiteiligen Artikelreihe geben wir einen Überblick anhand der Beispiele Polen, Litauen und Deutschland.

Litauen besitzt ein vergleichsweise liberales Recht hinsichtlich der Schwangerschaftsabbrüche. Abtreibungen auf Anfrage sind vor Beendigung der 12. Schwangerschaftswoche in Litauen grundsätzlich legal. Unter Strafe steht nach dem litauischen Strafgesetzbuch lediglich ein Schwangerschaftsabbruch, wenn dieser

  • von für diesen Eingriff nicht zugelassenem Personal und/oder unter Vorhandensein von Kontradiktionen oder nicht in einer medizinischen Einrichtung durchgeführt wird
  • gegen den Willen der Frau durchgeführt wird.

Eine Schwangerschaft darf nur durch Ärzte mit spezieller Zulassung abgebrochen werden.

Ab der 12. Schwangerschaftswoche ist ein Schwangerschaftsabbruch lediglich zulässig, wenn ein tatsächliches Risiko für das Leben und die Gesundheit der Frau besteht. Der Abbruch ist per Absaug- oder Ausschabungsmethode möglich. Die medikamentöse Abbruchmethode ist dagegen in Litauen nicht erlaubt.

Der potenzielle Gesundheitsschaden einer Frau durch den Schwangerschaftsabbruch sowie der physische und moralische Schaden für beide Ehepartner muss der Frau (und vorzugsweise ihrem Ehepartner) erklärt werden, bevor eine Überweisung zum Schwangerschaftsabbruch erteilt wird. Frauen müssen ihre Entscheidung, die Schwangerschaft zu beenden, vor dem Abbruch der Schwangerschaft schriftlich bestätigen.

Der Abbruch von Schwangerschaften nach der 12. Schwangerschaftswoche darf allerdings nur in einem der beiden perinatologischen Zentralkliniken des Landes durchgeführt werden.

Sofern der Schwangerschaftsabbruch aus medizinischen Gründen erfolgt, wird er von der litauischen Krankenkasse getragen. Im Fall des Schwangerschaftsabbruchs auf Antrag, müssen die Kosten selbst getragen werden. 

Ärzte dürfen darauf hinweisen (z.B. auf ihrer Webseite), welche Leistungen sie in Bezug auf Schwangerschaftsabbrüche erbringen – auch unter Angabe des Honorars.

Immer wieder gibt es einzelne Bestrebungen in Litauen, das Abtreibungsrecht zu verschärfen. Nach 2013 wurde im Jahr 2018 bereits zum zweiten Mal ein Gesetzesentwurf in das litauische Parlament eingebracht, der Schwangerschaftsabbrüche unter Strafe stellen und in seinem Regelungsumfang strikter als in Polen sein sollte. Nach dem Gesetzesentwurf von 2018 wäre ein Schwangerschaftsabbruch verboten, außer in seltenen Fällen:

  • wenn die Schwangerschaft das Leben oder die Gesundheit der schwangeren Frau gefährden würde oder
  • der begründete Verdacht bestand, dass die Frau durch Vergewaltigung schwanger wurde

Ein Schwangerschaftsabbruch wäre nach dem Entwurf auch unter den oben genannten Bedingungen lediglich zulässig, wenn seit Beginn der Schwangerschaft nicht mehr als 12 Wochen vergangen sind. Der Entwurf wurde vom litauischen Parlament abgelehnt.

Quellen:
Strafgesetzbuch der Republik Litauen
Verordnung Nr. 50 des Gesundheitsministeriums der Republik Litauen vom 28. Januar 1994 „In Bezug auf das Verfahren für den Schwangerschaftsabbruch“

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