Sammelklagen werden jetzt wohl ihren Weg auch ins tschechische Recht finden

Wirtschaftlichere Verfahren, die Erfüllung des Gebots der Prozessökonomie, Entlastung der Gerichte – kurz, mehr Effizienz in der Justiz: das verspricht neben weiteren Vorteilen eine Gesetzesvorlage, mit der Sammelklagen im tschechischen Recht verankert werden sollen. Worin dieses Rechtsinstitut besteht und wie es umgesetzt werden soll, erfahren Sie im nachstehenden Beitrag.

Elemente eines kollektiven (Gemeinschafts- oder Sammel-)Rechtsschutzes finden wir bereits heute im tschechischen Recht, allerdings nur in sehr knapp gehaltenen und zum größten Teil nicht praxistauglichen Regelungen. In der Realität ist es also so, dass Ansprüche vieler Parteien wg. ein und desselben Delikts bzw. auf der Grundlage von sog. Massenereignissen gegenwärtig nicht effektiv beigetrieben werden können. Die Geltendmachung von Rechten aus Massenereignissen ist nämlich zu teuer; es herrscht Misstrauen, was die gleiche Entscheidungspraxis in gleichen Fragen anbelangt, und die Beitreibung mag angesichts der niedrigen erklagten Beträge für den Einzelnen nicht finanziell attraktiv sein. Das Justizministerium möchte dies jetzt ändern, und zwar vermittels eines neuen Gesetzes über Sammelklagen, mit dem ein gesetzlicher Rahmen für diesen besonderen Typus des Zivilprozesses geschaffen werden soll.

Das Änderungsgesetz fasst verschiedene traditionelle Grundsätze des Gerichtsverfahrens neu auf, so z.B. den Dispositionsgrundsatz (im Sinne der Möglichkeit, ein Verfahren als dessen Beteiligter initiieren und über dieses verfügen zu können). Gestärkt werden soll hingegen die Rolle der Gerichte: der Richter soll nicht länger bloß als unabhängiger Dritter auftreten. Die einzelnen Schritte des Vertreters der Klägergruppe (welche dieser als alleiniger Kläger repräsentiert) werden vom Gericht moderiert, um sicherzustellen, dass die Gruppe als Ganzes keine Einbußen erleidet.

Dem Verfahren wg. einer Sammelklage wird ein Zulässigkeitstest vorausgehen: die Sammelklage ist zulässig, wenn eine Gruppe von Personen Ansprüche geltend macht, die von ihrer Art her ausreichend analog sind. Die Sammelklage muss dabei als geeignete Form der Beilegung der Rechtsstreitigkeit erscheinen. Der Gesetzesentwurf rechnet mit zwei verschiedenen Formen der Sammelklage: Opt-out (bei der die Ansprüche aller Mitglieder der Gruppe automatisch ins Verfahren eingebunden werden und der Einzelne seinen Individualanspruch gegebenenfalls aufgibt) und Opt-in (bei der für die Verfahrenseinbindung der Ansprüche Geschädigter deren ausdrückliche Willenserklärung erforderlich ist).

Der Gesetzesentwurf ist übrigens recht kontrovers; so haben z.B. die Tschechische Rechtsanwaltskammer und der Oberste Gerichtshof bereits diverse juristische Vorbehalte angemeldet.

Quelle:
Begründung des Gesetzesentwurfs für ein Gesetz über Sammelklagen

 

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