Litauen: Gesellschaftervereinbarungen

Beiträge zum Nomos Handbuch über ein sehr wenig geregeltes Rechtsgebiet

Im ersten Halbjahr 2024 wurde das Handbuch „Gesellschaftsrechtliche Nebenvereinbarungen in Europa“ durch den Nomos Verlag herausgegeben.

Gleich drei Anwälte unserer Kanzlei bnt attorneys in CEE, Aet Bergmann, Yvonne Goldammer und Dr. Jörn Brockhuis haben als Autoren mit Länderbeiträgen über Estland, Litauen und Polen zur Veröffentlichung beigetragen.

In Estland sind Verträge und Vereinbarungen zwischen Gesellschaftern insbesondere bei Start-Ups und bei Gesellschaften mit ausländischer Beteiligung recht üblich. Dennoch gibt es dazu weder einschlägige gesetzliche Normen noch eine etablierte Rechtsprechung. Durch Praxis und im Zuge von grenzüberschreitender Zusammenarbeit haben sich Vertragsmodelle gebildet, die heutzutage bei den führenden Anwaltskanzleien Estlands als Standard gelten.

Die weit ausgelegte Form- und Vertragsfreiheit kommt diesen Vereinbarungen zugute; andererseits sind sie gesetzlich nicht gegen Vertragsbruch geschützt. Stimmbindungsklauseln etwa sind rechtlich nicht anders durchsetzbar als durch hohe Vertragsstrafen, ebenso die Pflicht, Anteile zu veräußern oder zu kaufen.

Anwälte befürworten solche Vereinbarungen oft schon deshalb, weil die rechtlich genaue Niederschrift von allgemeinen und optimistischen Regeln der Zusammenarbeit schon vor der Unterzeichnung zeigt, ob die Parteien sich tatsächlich über diese Regeln einig sind. Der Rechtssicherheit kann das nur zugute kommen.

Für Litauen bildet der Beitrag eine der ersten internationalen größeren Publikationen, welche sich nur mit dem Thema  Gesellschaftervereinbarungen beschäftigt. Gesellschafterverträge sind außer der Stimmrechtsvereinbarung und der Vereinbarung über die Übertragungen von Stimmrechten in Litauen nicht separat geregelt.

Deswegen treten oft viele Fragen hinsichtlich ihres möglichen Inhalts als auch der möglichen Beteiligten an einer solchen Vereinbarung auf. Weitere wichtige Punkte sind die Absicherung und Durschsetzung von Vereinbarungen und Forderungen aus Gesellschafterverträgen. Dies gilt umso mehr, wenn Gesellschafterverträge zur Absicherung von Renditen aus getätigten Investionen verwendet werden.

 In Polen sind Gesellschaftervereinbarungen nicht gesetzlich geregelt und unterliegen der vollen Vertragsfreiheit. Sie haben in der Regel eine ergänzende Funktion zum Gesellschaftsvertrag, zumal sie im Gegensatz zum Gesellschaftsvertrag weder die Form einer notariellen Urkunde erfordern noch der Offenlegung in den Akten des Landesgerichtsregisters unterliegen.

Aufgrund der letztgenannten Eigenschaft dienen sie häufig dazu, Regeln festzulegen, die die Gesellschafter aufgrund ihrer Eigenart lieber geheim halten wollen. In den meisten Fällen legen die Vereinbarungen die Regeln für die Abstimmungen in der Gesellschafterversammlung fest, um den tatsächlichen Einfluss bestimmter Gesellschafter auf die Gesellschaft zu verschleiern.

Die weitgehende Freiheit bei der Gestaltung der Vereinbarungen wirft Fragen nach ihren Grenzen auf. Insbesondere gibt es in der Lehre Stimmen, die die Möglichkeit in Frage stellen, die Rechte und Pflichten der Gesellschafter im Widerspruch zu geltenden Vorschriften durch eine Vereinbarung zu regeln.

In allen drei Ländern besitzen die Vereinbarungen keine Wirkung gegenüber Dritten oder gegenüber der Gesellschaft, es sei denn, sie ist Vertragspartei. Ein Verstoß gegen ihre Bestimmungen führt daher nur zu einer Haftung ex contractu.

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