Entschuldungsnovelle der tschechischen Insolvenzordnung

Nach der sog. „großen Novelle“ der Insolvenzordnung, die Mitte 2017 in Kraft getreten ist, folgt der Auftritt eines bereits in der Vergangenheit heiß diskutierten Änderungsgesetzes, das gemeinhin als „Entschuldungsnovelle“ bezeichnet wird. Diese soll ab 2019 gelten.

Dieses Änderungsgesetz wurde Mitte Januar 2018 von der Regierung verabschiedet; es soll einem breiteren Personenkreis die Entschuldung im Rahmen der Privatinsolvenz ermöglichen. Dem Inkrafttreten der Novelle sehen die Gerichte mit größtem Bedenken entgegen, denn auf die mit Insolvenzsachen befassten Richtern wird damit eine sehr viel größere Flut von Arbeit als bisher zukommen.

Gegenwärtig besteht eine der Vorbedingungen für die Genehmigung der Entschuldung (also eines Sanierungsprozesses im Rahmen der Privatinsolvenz) darin, dass der Schuldner über Einkünfte in angemessener Höhe verfügt (ist das Einkommen zu niedrig, so muss der Schuldner für eine Zufuhr von Drittmitteln in Form eines Schenkungsvertrags oder Rentenvertrags sorgen), oder aber Vermögenswerte sein eigen nennt, die zu Geld gemacht werden können, um damit die Schulden zu begleichen. Wenn der Schuldner diese Bedingung erfüllt – sprich, wenn er die Mittel hat, seine Schulden zu tilgen – so greift eine weitere Bedingung, wonach der Schuldner im Rahmen des Entschuldungsprozesses mindestens 30 Prozent seiner Verbindlichkeiten begleichen muss.

Die Entschuldungsnovelle würde es Schuldnern ermöglichen, den Entschuldungsprozess ohne Ansehen ihrer Verbindlichkeiten zu durchlaufen. Der Entschuldungsprozess würde dann drei, fünf oder sieben Jahre dauern, in Abhängigkeit von der Höhe der getilgten Schulden. Die Novelle sieht folgende neue Bedingungen für eine Schuldbefreiung vor:

30 Prozent in 5 Jahren

Der Schuldner muss in einem Zeitraum von fünf Jahren wenigstens 30% seiner Verbindlichkeiten erfüllen. Dem Schuldner bleibt nur das unverpfändbare Mindesteinkommen; sämtliche darüber hinausgehenden Einkünfte dienen der Befriedigung der schuldnerischen Verbindlichkeiten. Begleicht der Schuldner auf diese Weise 30 Prozent seiner Verbindlichkeiten innerhalb von fünf Jahren, so erlöschen seine restlichen Verbindlichkeiten.

50 Prozent in 3 Jahren

Die Entschuldungsnovelle ermöglicht es Schuldnern, den Entschuldungsprozess auch rascher als in fünf Jahren zu durchlaufen, und zwar dann, wenn sie innerhalb von drei Jahren 50% ihrer Verbindlichkeiten begleichen. Diese Variante richtet sich an Schuldner, die nicht so lange im Entschuldungsregime leben möchten, mit dem Motivationsangebot, ihre Gläubiger im Austausch gegen eine Verkürzung des Prozesses zu einem höheren Grad zu befriedigen.

0 Prozent in 7 Jahren

Die letzte, heftig diskutierte Variante sieht die Möglichkeit vor, dass der Schuldner innerhalb von sieben Jahren „nach Möglichkeit“ so viel wie möglich seiner Schulden abbaut, wobei aber keine Mindestgrenze festgesetzt ist, bis zu der der Schuldner seine Verbindlichkeiten während der sieben Jahre getilgt haben muss. Diese Variante soll den Entschuldungsprozess auch Schuldnern eröffnen, die nur sehr geringe Einkommen haben. De facto müsste der Schuldner in einem solchen Fall seinen Gläubigern über sieben Jahre hinweg fast gar nichts zahlen.

Die Entschuldungsnovelle hat eine Reihe von Diskussionen ausgelöst, vor allem was die letztgenannte Variante anbelangt. Ziel des Änderungsgesetzes ist es, den Menschen aus der Schuldenfalle zu helfen und ihnen die Rückkehr ins normale Leben zu ermöglichen. Gläubiger halten dem ihre Befürchtung entgegen, dass die Novelle im Gegenteil Schuldner dazu bewegen könnte, sich immer weiter zu verschulden, ohne die Motivation zu verspüren, ihre Verbindlichkeiten ordentlich abzuzahlen. Für risikoträchtig erachten die Gläubiger insbesondere den Umstand, dass Schuldner womöglich keine einzige Krone ihrer Schuld tilgen müssten, was in der Preisbildung für Dienstleistungen und Waren der Gläubiger berücksichtigt werden müsste – also im Falle von Banken z.B. durch höhere Zinssätze usw. Die Gläubiger verstehen die Entschuldungsnovelle von daher als Lösung der Symptome, nicht aber der Ursachen, und haben das Empfinden, dass der Staat die mit der Lösung eines sozialen Problems – nämlich der Schuldenfalle – verbundenen Pflichten auf sie abwälzt.

Dem Gesetzesentwurf steht nun im Abgeordnetenhaus der parlamentarische Genehmigungsprozess bevor. Von daher steht noch in den Sternen, in welcher abschließenden Form die Entschuldung und Restschuldbefreiung ins tschechische Insolvenzrecht Einzug halten wird.

Quelle:

Tschechische Presseagentur (ČTK): http://www.ceskenoviny.cz/zpravy/vlada-schvalila-novy-jednaci-rad-odmitla-zalobu-proti-limitum-znecisteni/1574211

 

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