Laut Oberstem Gerichtshof erstreckt sich der besondere Schutz, den Arbeitnehmer genießen, auch auf den Fall der direkten Haftung für den Schaden, den der Arbeitnehmer Dritten zufügt.
Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom 26.10.2021 (AZ 25 Cdo 1029/2021) zur direkten Haftung von Arbeitnehmern für Schaden, der einem Dritten verursacht wurde, führt zu wichtigen Schlüssen v.a. im Bereich der Delikthaftung gemäß dem Bürgerlichen Gesetzbuch (Ges. Nr. 89/2012 Slg., idgF – „BGB-cz“).
Der vom Obersten Gerichtshof zu entscheidende Fall hatte mit der Auslegung d. Best. d. § 2914 BGB-cz zu tun, die u.a. eine Pflicht zum Schadensersatz für Personen festsetzt, die sich zu ihrer Tätigkeit eines Bevollmächtigten, eines Arbeitnehmers oder eines anderen Verrichtungsgehilfen bedient. Unklar war bisher jedoch, ob die Schadensersatzpflicht unmittelbar auch den Verrichtungsgehilfen trifft – umso mehr in Gestalt eines Arbeitnehmers (Erfüllungsgehilfen).
Die allgemeine Schadenshaftung von Arbeitnehmern ist im Arbeitsgesetzbuch (Ges. Nr. 262/2006 Slg., idgF – im Weiteren nur „ArbGB-cz“) geregelt, dessen Normensetzung sich allerdings nur auf arbeitsrechtliche Beziehungen erstreckt, und damit nicht auf das Verhältnis zwischen dem Arbeitnehmer und dritten Personen, mit denen der Arbeitnehmer in Ausübung seiner abhängigen Tätigkeit womöglich in Kontakt kommt. In Bezug auf den Schadensersatz setzt § 250 ArbGB-cz sodann fest, dass der Arbeitnehmer verpflichtet ist, dem Arbeitgeber den Schaden zu ersetzen, den er diesem durch eine schuldhafte Pflichtverletzung bei (bzw. im direkten Zusammenhang mit) der Erfüllung von Arbeitsaufgaben verursacht. Des Weiteren heißt es in § 257 Abs. 1 ArbGB-cz, dass der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber den tatsächlichen Schaden in Geld zu ersetzen hat, soweit er den Schaden nicht durch Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands wiedergutmacht. Abs. 2 der zit. Bestimmung setzt jedoch ein gesetzliches Limit fest, wonach die Höhe des geforderten Schadensersatzes für fahrlässig verursachten Schaden nicht mehr als das Viereinhalbfache des durchschnittlichen Monatsverdiensts des jeweiligen Arbeitnehmers (aus der Zeit vor der schadensbegründenden Pflichtverletzung) betragen darf. Diese Deckelung greift nicht, falls der Schaden vorsätzlich, in Trunkenheit oder nach Missbrauch anderer Suchtmittel verursacht wurde.
Wie bereits angedeutet liefern uns diese Regeln keine Antwort auf die Frage, ob der Arbeitnehmer direkt zum Schadensersatz gegenüber der Person verpflichtet ist, welcher er den Schaden zugefügt hat. Die früher in Kraft befindlichen Regelungen des vormaligen Bürgerlichen Gesetzbuchs (Ges. Nr. 40/1964 Slg.) ließen keine Haftung des Arbeitnehmers gegenüber Dritten zu. In derartigen Fällen traf die Schadenshaftung ausschließlich den Arbeitgeber, bei dem der Geschädigte direkt seine Ansprüche geltend machen konnte. Das neue Bürgerliche Gesetzbuch von 2012 hat diese Limitierung aber nicht übernommen und damit eine Debatte über die mögliche Direkthaftung des Arbeitnehmers für den an Dritten verursachten Schaden ausgelöst.
Die o.g. Entscheidung des Obersten Gerichtshofs gibt eine klare Antwort auf diese Frage: für den Schaden, den der Arbeitnehmer einem Dritten in Ausübung seiner abhängigen Erwerbstätigkeit zufügt, ist der Arbeitnehmer nicht haftbar zu machen. Der Oberste Gerichtshof bezog in seine Erwägungen den Grad der Autonomie bzw. den Grad der Abhängigkeit des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber ein. Schlüsselaspekt bei der Beurteilung, ob die separate Haftung des Arbeitgebers überwiegt, soll insbesondere der spezifische Charakter arbeitsrechtlicher Beschäftigungsverhältnisse sein. Die besondere Regelung dieser Verhältnisse, die vom Arbeitsgesetzbuch geschützt wird und außerdem ein Rechtsgut der öffentlichen Ordnung ist, begründet laut OGH die Entbindung der arbeitnehmerseitigen Haftung gegenüber Dritten. Nach höchstrichterlicher Auffassung kommt der Arbeitnehmer nämlich lediglich den Weisungen des Arbeitgebers nach, der dessen Tätigkeit leitet, weswegen der Schluss nicht stichhaltig ist, dass neben dem Arbeitgeber auch der Arbeitnehmer für den Schaden haften soll, den der Arbeitnehmer in Erfüllung seiner Arbeitsaufgaben verursacht hat.
An der vorstehend beschriebenen Entscheidung finden wir den Umstand problematisch, dass die rechtliche Stellung des Geschädigten damit verschlechtert wird: er hat keinen Regress gegenüber dem Arbeitnehmer, und der Kreis der Personen, von denen er Schadensersatz einfordern kann, wird damit faktisch enger gezogen. Der Oberste Gerichtshof erwähnt zwar in seiner Entscheidung, der Arbeitgeber sei im Regelfall eher in der Lage, den Schaden zu ersetzen; in der Praxis muss dies aber nicht immer der Fall sein. Andererseits sendet der Oberste Gerichtshof ein klares Signal, was die Rechtstellung des Arbeitnehmers betrifft: der Status als Arbeitnehmer schützt diesen gegenüber Dritten und schließt eine Direkthaftung aus. Allerdings sorgt die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs für Unklarheit, welche Regeln denn für Verrichtungsgehilfen gelten sollen, die nicht Arbeitnehmer sind. Hier ist noch offen, wohin sich die Entscheidungspraxis der niederen Instanzen bewegen wird, die künftig bei der Beurteilung der direkten Haftung des Verrichtungsgehilfen für den an Dritten verursachten Schaden in Betracht ziehen sollten, bis zu welchem Grad der Verrichtungsgehilfe vom Geschäftsherrn unabhängig ist.
Quelle:
Urteil AZ 25 Cdo 1029/2021 des Obersten Gerichtshofs vom 26.10.2021