Über die Möglichkeit für einen qualifizierten Gesellschafter einer GmbH, seinen Antrag auf Einberufung einer Hauptversammlung an die im Handelsregister eingetragene ausländische Adresse des Geschäftsführers zu richten

In einer seiner Entscheidungen beantwortete das Obergericht in Prag die Frage, ob ein qualifizierter Gesellschafter sein an den Geschäftsführer gerichtetes Gesuch, in dem der die Einberufung der Gesellschafterversammlung fordert, an die im Handelsregister eingetragene ausländische Adresse des Geschäftsführers versenden kann oder ob ein solches Gesuch an die Adresse des Gesellschaftssitzes versandt werden muss.

§ 197(1) des Körperschaftsgesetzes besagt, dass ein qualifizierter Gesellschafter, d.h. ein Gesellschafter (oder mehrere), dessen (bzw. deren) Anteile mindestens 10 % des Stammkapitals oder 10 % der Stimmrechte in einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung betragen, den Geschäftsführer auffordern kann, die Gesellschafterversammlung einzuberufen, um die vom qualifizierten Gesellschafter vorgebrachten Fragen zu diskutieren. Wird die GV trotz eines ordnungsgemäß zugestellten Antrags nicht innerhalb eines Monats nach Einreichung des Antrags einberufen und tritt die GV gleichzeitig nicht innerhalb einer adäquaten Frist zusammen, so ist der qualifizierte Gesellschafter gemäß § 187 Absatz 2 des Körperschaftsgesetzes berechtigt, die Gesellschafterversammlung selbst einzuberufen.

Soweit ein qualifizierter Gesellschafter vom Geschäftsführer die Einberufung einer Gesellschafterversammlung im Sinne der vorgenannten Vorschrift verlangt, stellt sich in der Praxis die Frage, an welche Adresse das Gesuch zu richten ist, insbesondere wenn die Adresse des Geschäftsführers in einem ausländischen Handelsregister eingetragen ist. Ist das Gesuch wg. Einberufung der Gesellschafterversammlung an die Adresse des Sitzes der Gesellschaft zu richten oder kann der qualifizierte Gesellschafter es direkt an den Geschäftsführer unter seiner im Handelsregister eingetragenen ausländischen Adresse richten?

Das Obergericht Prag hat diese Frage in einer seiner Entscheidungen beantwortet, welche bestätigt, dass der Antrag eines qualifizierten Gesellschafters auf Einberufung der Gesellschafterversammlung gemäß § 197 Abs. 1 des Körperschaftsgesetzes tatsächlich nicht zwingend an die Adresse des Sitzes der Gesellschaft zugestellt werden muss, sondern auch an die im Handelsregister eingetragene Privatadresse des Geschäftsführers zugestellt werden kann, auch wenn diese im Ausland liegt.

Dabei ist jedoch Folgendes zu beachten: damit der qualifizierte Gesellschafter die Gesellschafterversammlung selbst einberufen kann, falls diese nicht innerhalb einer bestimmten Frist einberufen wurde, muss sein Gesuch i.S.d. § 172(2) des Körperschaftsgesetz nicht nur an den Adressaten abgehen, sondern auch ordnungsgemäß zugestellt werden. Für die ordnungsgemäße Zustellung des Gesuchs reicht es dabei aus, wenn dieses in die Verfügungsgewalt des Empfängers gelangt. Davon kann z.B. dann ausgegangen werden, wenn der Empfänger davon informiert wurde, dass eine an ihn gerichtete Korrespondenz seitens eines qualifizierten Gesellschafters beim Postamt hinterlegt wurde. In diesem Zusammenhang ist absehbar, dass bei der Zustellung eines Gesuchs wg. Einberufung der Gesellschafterversammlung an die ausländische Adresse des Geschäftsführers Beweisprobleme auftreten könnten, insbesondere in bestimmten Staaten.

Quelle:
Gesetz Nr. 90/2012 Slg. über Gesellschaften und Genossenschaften (Körperschaftsgesetz)
Beschluss des Obergerichts Prag vom 11.02.2021, Az. 7 Cmo 87/2020. In: Obchodněprávní revue 2/2021, S. 143.

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