Ist es zwingend notwendig, dass der Leiter der Zweigniederlassung zugleich Arbeitnehmer ist? Und lassen sich mehrere Leiter bestellen? Falls ja: können diese zur gemeinsamen Vertretung verpflichtet werden?
Gemäß § 503 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vertritt der Leiter der Zweigniederlassung den Unternehmer in allen Angelegenheiten betreffend die Zweigniederlassung. Allerdings greift diese Vertretungsvollmacht erst ab dem Tag, an dem der Zweigniederlassungsleiter ins Handelsregister eingetragen wurde.
Bei der Gründung der Zweigniederlassung bzw. der Entscheidung, diese ins Handelsregister eintragen zu lassen, stellt sich für den Unternehmer eine Reihe von Fragen betreffend die Leitung der Niederlassung.
Eine dieser Fragen, die in der Praxis recht häufig auftaucht, lautet, ob eine Pluralität von Niederlassungsleitern möglich ist, und ob diese an das Erfordernis der gemeinsamen Vertretung gebunden werden können (die unter dem Namen Vier-Augen-Prinzip für Geschäftsführer bzw. Vorstandsmitglieder und für Prokuristen gängig ist). Aus dem Gesetzestext ergibt sich nicht, dass eine solche Praxis untersagt wäre. Außerdem lässt sich per Analogschluss herleiten, dass eine solche Vertretungsregelung zulässig ist, angesichts anderer Vertretungsformen, die jeweils ausdrücklich vorsehen, dass mehrere Vertreter eingesetzt werden und die Art und Weise, in der diese die Vertretung übernehmen, unterschiedlich bestimmt werden kann.
Bis vor kurzem gab es ein praktisches Hindernis, welches der Bestellung mehrerer Leiter entgegenstand: das sog. „intelligente Formular“, mit dem der Antrag auf Eintragung ins Handelsregister generiert wird, erlaubte die Ernennung mehrerer Niederlassungsleiter schlicht und ergreifend nicht, und machte damit die sog. Leitungspluralität unmöglich, eingedenk der o.g. juristischen Regel, wonach die Vertretungsberechtigung erst mit Eintragung ins Handelsregister konstitutiv geschaffen wird. Das intelligente Formular ist aber kürzlich neu gestaltet worden und erlaubt jetzt Anträge auf die Eintragung gleich mehrerer Leiter der Zweigniederlassung.
Von historischem Interesse mag sein, dass unter dem seinerzeit geltenden Handelsgesetzbuch (Ges. Nr. 513/1991 Slg.) die Ernennung mehrerer Niederlassungsleiter tatsächlich nicht möglich war (vgl. den Beschluss 32 Cdo 505/99 des Obersten Gerichtshofs vom 31.8.1999).
Eine weitere ggfs. relevante Frage ist, ob der Zweigniederlassungsleiter immer auch ein der Zweigniederlassung zugewiesener Arbeitnehmer sein muss. Das Gesetz enthält keine solche Verpflichtung, so dass der Schluss zulässig ist, dass der Leiter der Zweigniederlassung nicht notwendigerweise ein der Niederlassung zugewiesener Arbeitnehmer sein muss (freilich wird dies in der Praxis für gewöhnlich der Fall sein). Wie auch immer: das Rechtsverhältnis mit dem Leiter der Zweigniederlassung sollte in jedem Fall in einem Vertrag abgesteckt werden.