Tschechien: Gegenseitiges Vorkaufsrecht von Gebäudeeigner und Grundstückseigner

Der Oberste Gerichtshof befasste sich mit der Frage des gegenseitigen Vorkaufsrechts von Gebäudeeigner und Grundstückseigner für den Fall einer Übertragung des anteiligen Miteigentums, im Lichte der relevanten Neufassung des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

Im Jahre 2014 verankerte das Bürgerliche Gesetzbuch den Grundsatz superficies solo cedit im tschechischen Recht. Gemäß diesem Grundsatz ist das Gebäude ein Bestandteil des Grundstücks, was im Regelfall zur Folge hatte, dass bestehende Gebäude, soweit deren Eigentümer derselbe ist wie der Eigentümer des Grundstücks, auf dem das Gebäude errichtet wurde, dem Grundstück einverleibt wurden und weiterhin nicht als eigenständige Sache galten.

Dessen ungeachtet stößt man in der Praxis aber immer wieder auf den gängigen Fall, dass der Eigentümer des Grundstücks und der Eigentümer des darauf befindlichen Gebäudes eben verschiedene Personen sind, was es unmöglich macht, dass das Gebäude zum Grundstücksbestandteil wird. Aus diesem Grund führte der Gesetzgeber im Bürgerlichen Gesetzbuch Vorkaufsrechte ein, mit denen die Wahrscheinlichkeit erhöht werden soll, dass das Eigentumsrecht an Grundstück und Gebäude bei ein und derselben Person liegt, woraufhin das o.g. Prinzip durchgesetzt werden kann.

U.a. führte das BGB-cz ein gegenseitiges Vorkaufsrecht für die Eigentümer von Grundstück und Gebäude überall dort ein, wo das Gebäude nicht Bestandteil des Grundstücks ist.

Der Oberste Gerichtshof befasste sich nunmehr mit der Situation, dass ein Eigentümer seinen Anteil am gemeinschaftlichen Eigentum am Grundstück oder am Gebäude veräußert. Bisher galt die vom OGH gefasste Maxime, dass das gegenseitige Vorkaufsrecht von Grundstückseigner und Gebäudeeigner in einem solchen Fall nicht greift, weil dem in § 1124 BGB-cz (in der Fassung zwischen dem 01.01.2018 und dem 30.06.2020) geregelten Vorkaufsrecht des Miteigentümers der Immobilie der Vorrang zu geben ist.

Gemäß der zitierten Bestimmung galt: wird der Miteigentumsanteil an einer Immobilie übertragen, so haben die Miteigentümer ein Vorkaufsrecht, es sei denn, die Übertragung erfolgt an eine nahestehende Person. Mit Wirkung zum 01.07.2020 wurde dieses zuletzt genannte Vorkaufsrecht allerdings stark beschnitten.

Der Oberste Gerichtshof ist nun zum Schluss gelangt, dass im Hinblick auf die erhebliche Beschränkung des Umfangs des Vorkaufsrechts von Miteigentümern bei der Veräußerung von Immobilien mit Wirkung ab dem 01.07.2020 das gegenseitige Vorkaufsrecht von Gebäude- und Grundstückseigentümer auf die Übertragung des anteiligen Miteigentums an Grundstücken oder Gebäuden Anwendung finden soll.

Quelle:
Urteil des Obersten Gerichtshofs vom 28.08.2024 (AZ 22 Cdo 3248/2023)

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