Tschechien: Das Durchschnittseinkommen unter dem Gesichtspunkt der Flexi-Novellierung des Arbeitsgesetzbuchs

Ein Änderungsgesetz zum Arbeitsgesetzbuch – die sog. „Flexibilitätsnovelle“ – sieht neue Regeln für die Berechnung des Durchschnittseinkommens vor, die sich insbesondere auf Entgeltersatzleistungen auswirken. Wie bereitet man sich am besten auf diese Änderungen vor?

Das Durchschnittseinkommen ist ein grundlegendes Rechtskonzept des tschechischen Arbeitsrechts, welches insbesondere zur Berechnung der Leistungen dient, auf die Arbeitnehmer kraft Gesetzes Anspruch haben und die nicht direkt zur Vergütung für die erbrachte Arbeit zählen. Diese Problematik ist in §§ 351 ff. des Arbeitsgesetzbuchs („ArbGB“) geregelt.

Das Durchschnittseinkommen wird u.a. deshalb bestimmt, weil sich aus ihm die sog. Entgeltersatzleistungen herleiten, die Arbeitnehmer für Zeiträume erhalten, in denen sie keine Arbeit erbringen, die aber auf Arbeitsleistungen angerechnet werden, wie z.B. Arbeitshindernisse auf Seiten des Arbeitnehmers oder Arbeitgebers, aber auch bei der Bestimmung von Zuschlägen oder der Ausgleichszahlung für nicht in Anspruch genommenen Urlaub bei Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses i.S.d. § 222 Abs. 2 ArbGB.

Der Grundbaustein, auf dem die Berechnung des Durchschnittseinkommens beruht, ist das Bruttogehalt bzw. der Bruttolohn zusammen mit der abgeleisteten Stundenzahl und dem Referenzzeitraum – bei letzterem handelt es sich gemäß aktuell geltendem Recht grundsätzlich um das Kalenderquartal, das dem Ereignis vorausgeht, welches die Feststellung des Durchschnittseinkommens erforderlich macht.

Gemäß § 354 Abs. 2 ArbGB wird das Durchschnittseinkommen zum ersten Tag des Kalendermonats festgestellt, der auf den Referenzzeitraum folgt.
Der in Vorbereitung befindliche und in Parlamentsdrucksache 775 aufliegende Entwurf für ein Änderungsgesetz zum Arbeitsgesetzbuch – die sog. „Flexi-Novelle“ – sieht u.a. gemäß dem Wortlaut des vorgeschlagenen § 360 eine Änderung der Festlegung des Referenzzeitraums wie folgt vor: „Falls das Durchschnittseinkommen nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses zur Anwendung kommen soll, so wird das Durchschnittseinkommen in Ansatz gebracht, welches zuletzt während des Bestehens des Beschäftigungsverhältnisses bestimmt wurde.“

Die Änderung gegenüber der derzeitigen Regelung besteht darin, dass der Tag, zu dem heute das Durchschnittseinkommen ermittelt wird, nicht notwendigerweise in den Zeitraum des Bestehens des Beschäftigungsverhältnisses fallen muss. Die Neuregelung führt den Grundsatz ein, dass dieser Tag, zu dem das Durchschnittseinkommen bestimmt wird, in den Zeitraum des Bestehens des Beschäftigungsverhältnisses fallen muss.

Die Situation lässt sich an folgendem Beispiel verdeutlichen:

Bei Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses zum 31.12. entsteht dem Arbeitnehmer am 1.1. ein Anspruch auf Abfindung. Bisher gilt, dass das (für die Berechnung der Abfindung benötigte) Durchschnittseinkommen anhand des Referenzzeitraums zu ermitteln ist – dies ist gemäß § 354 Abs. 1 ArbGB das vorausgegangene Quartal, also das IV. Quartal.

Wegen der neu eingeführten Bedingung, wonach der Tag, zu dem das Durchschnittseinkommen bestimmt wird, ins Bestehen des Beschäftigungsverhältnisses fallen muss, ist das Durchschnittseinkommen bereits zu dem Tag zu bestimmen, der auf das Vorquartal folgt und zugleich während des Bestehens des Beschäftigungsverhältnisses eintritt, also im Falle einer Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses zum 31.12. bereits zum 1.10. (so dass der Referenzzeitraum das III. Quartal ist).

Da das Durchschnittseinkommen stets zu dem Tag bestimmt wird, der auf das vorausgehende Kalenderquartal folgt, also zum 1.1., 1.4., 1.7. bzw. 1.10., wird Folgendes gelten:

  • Endet das Beschäftigungsverhältnis im Zeitraum vom 1.1. bis zum 31.3., so wird das Durchschnittseinkommen zum 1.1. festgestellt und der Referenzzeitraum ist das IV. Quartal;
  • Endet das Beschäftigungsverhältnis im Zeitraum vom 1.4. bis zum 30.6., so wird das Durchschnittseinkommen zum 1.4. für das I. Quartal festgestellt,
  • Endet das Beschäftigungsverhältnis im Zeitraum vom 1.7. bis zum 30.9., so wird das Durchschnittseinkommen zum 1.7. für das II. Quartal festgestellt, und
  • Endet das Beschäftigungsverhältnis im Zeitraum vom 1.10. bis zum 31.12., so wird das Durchschnittseinkommen zum 1.10. für das III. Quartal festgestellt.
    Die Neuregelung reagiert auf die bereits bestehende Rechtsprechung: eine Reihe von Entscheidungen berücksichtigt die Einkommensschwankungen im Zusammenhang mit dem Jahresende (Weihnachtsferien, Silvester) und hat deshalb den Referenzzeitraum abweichend bestimmt.

Abschließend sei noch erwähnt, dass der Entwurf des Änderungsgesetzes noch der 1. Lesung im Abgeordnetenhaus harrt; allgemein wird davon ausgegangen, dass er angenommen wird und die Novelle zum 1.1.2025 in Kraft tritt.

Quelle:
Arbeitsgesetzbuch (Ges. Nr. 262/2006 Slg.)
Parlamentsdrucksache 775

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