Keine der gesetzlichen Bestimmungen über die Beendigung gewerblicher Mietverhältnisse schreibt vor, dass für eine gültige Kündigung das tatsächliche Vorliegen des Kündigungsgrunds gleichzeitig mit Aussprache der Kündigung nachgewiesen werden müsste.
Die Klägerin (als Vermieterin) und die Beklagte (als Mieterin) hatten in ihrem Mietvertrag über Gewerberäume vereinbart, dass die Mieterin neben den Kündigungsgründen gemäß § 2308 BGB-cz das Mietverhältnis auch dann vorfristig kündigen dürfe, wenn die in den vertragsgegenständlichen Räumlichkeiten untergebrachte Apotheke einen negativen operativen Cashflow vor Steuern (EBITDA) aufweist. Die Beklagte kündigte den Mietvertrag unter Zitierung dieses Grundes. Betreffend die Kündigung selbst (d.h. deren formelle Anforderungen, die Zustellung des Kündigungsschreibens, die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Kündigung usw.) hatten die Parteien keine von der gesetzlichen Regelung abweichenden Rechte oder Pflichten vereinbart.
Die Klägerin war mit der Kündigung nicht einverstanden und erhob Einwendungen dahingehend, der Kündigungsgrund sei im Mietvertrag unbestimmt und unverständlich vereinbart gewesen und die Kündigungsklausel sei von daher nichtig; außerdem sei das faktische Vorliegen dieses Kündigungsgrunds nicht nachgewiesen worden. Deshalb weigere sie sich, die Räumlichkeiten protokollarisch zu übernehmen.
Der Streit eskalierte letztlich bis zum Obersten Gerichtshof. Dieser befand, Kündigungsgründe müssten zwar im Kündigungsschreiben hinreichend konkretisiert werden; jedoch sehe keine der gesetzlichen Bestimmungen über die Beendigung gewerblicher Mietverträge vor – und entspreche es auch nicht dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung – dass für eine legitime Kündigung das tatsächliche Vorliegen des Kündigungsgrunds gleichzeitig mit Aussprache der Kündigung nachgewiesen werden müsste, bzw. dass das Fehlen eines solchen Nachweises die Ungültigkeit oder gar die Nichtigkeit der Kündigung auslösen könnte.
Damit die Kündigung berechtigt ist, muss der geltend gemachte Kündigungsgrund dem Gesetz oder der Vereinbarung der Parteien entsprechen und muss erfüllt sein. Die Kündigung ist jedoch auch dann berechtigt, wenn das Vorliegen des geltend gemachten Kündigungsgrunds von der kündigenden Partei erst später nachgewiesen wird, nämlich im Verfahren wg. Prüfung der Rechtmäßigkeit der Kündigung – dies war im zur Beurteilung anstehenden Fall auch geschehen.
Im Hinblick auf das Vorstehende wies der Oberste Gerichtshof die Revision der Klägerin ab.
Quelle:
Urteil des Obersten Gerichtshofs vom 15.06.2022 (AZ 26 Cdo 3329/2021)