Czech Republic: Das neue Vergaberecht lockert vor allem den bisherigen, oft überspannten Formalismus
Am 09.03.2016 hat das Abgeordnetenhaus des tschechischen Parlaments eine Gesetzesvorlage für eine neue Vergabeordnung verabschiedet, die an die Stelle des bisherigen Gesetzes über öffentliche Aufträge und des Gesetzes über Konzessionen treten soll. Der Entwurf der Vergabeverordnung war vom Senat an die Abgeordnetenkammer zurückverwiesen worden, mit der Anregung, die Legisvakanz solle besser sechs als nur drei Monate betragen. Dennoch darf davon ausgegangen werden, dass das neue Gesetz noch heuer in Kraft tritt.
Mit der neuen Verordnung geht eine Reihe kleinerer wie größerer Änderungen einher. Die Grundstruktur des Vergabeverfahrens ist aber unangetastet geblieben, so dass die mit der bisherigen Regelung gewonnenen Erfahrungen auch nach Inkrafttreten der Neuregelung von Nutzen sein werden.
Die Vergabeverordnung sorgt vor allem dafür, dass der (mancherorts übertriebene) Formalismus der bisherigen Regelung etwas gelockert wird. In Zukunft ist die Vergabestelle nicht mehr in dem Maße wie bisher gebunden, wenn es um die Beurteilung der Qualifikation der Bieter oder die Vergabe von Mehrarbeit geht. Außerdem ist die Bandbreite der Gründe erweitert worden, aus denen heraus die Vergabestelle einen Bieter vom Vergabeverfahren ausschließen kann. Damit wird es ihr ermöglicht, flexibler auf den bisherigen Verlauf der jeweiligen Ausschreibung zu reagieren, und gegebenenfalls nicht bloß auf Grundlage der vorgelegten Angebotsunterlagen sondern auf der Grundlage ihrer weitergehenden Kenntnis der einzelnen Bieter zu entscheiden.
Zu den wichtigsten Änderungen zählt Folgendes:
Die Vergabestelle hat das Recht, den Bieter gegebenenfalls zur Ergänzung seines bereits eingereichten Angebots um weitere „Angaben, Unterlagen, Muster oder Modelle, die nicht gemäß den Bewertungskriterien bewertet werden“ aufzufordern. Damit müssen formale Mängel bei der Erstellung der Angebotsunterlagen künftig nicht zum „automatischen“ Ausschluss von der Teilnahme am Vergabeverfahren führen.
Der Auftraggeber darf den Leistungsgegenstand gemäß dem öffentlichen Auftrag außerdem um bis zu 10% des ursprünglichen Auftragsvolumens (bzw. 15% im Falle von Bauleistungen) ausweiten, ohne diese sog. Mehrarbeiten gesondert ausschreiben zu müssen.
Der ursprüngliche öffentliche Auftrag kann außerdem um bis zu 50% erweitert werden, falls die gesetzlich vorgegebenen Anforderungen erfüllt sind (nach Art des bisherigen Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Veröffentlichung einer Bekanntmachung).
Quelle: Abgeordnetenhaus, 7. Legislaturperiode, ab 2013 / Parlamentsdrucksache 637