Zum gegenseitigen Vorkaufsrecht der Eigentümer von Gebäuden und der Eigentümer der darunter gelegenen Grundstücke in Tschechien

In einer Reihe von Entscheidungen hat der Oberste Gerichtshof der Tschechischen Republik einige Regeln für das gegenseitige Vorkaufsrecht der Eigentümer von Gebäuden und der darunter liegenden Grundstücke geklärt und Grenzen für die Anwendung dieses Rechts aufgezeigt.

Mit dem gegenwärtigen Bürgerlichen Gesetzbuch ist nach langer Zeit ein Rechtsgrundsatz in die tschechische Rechtsordnung zurückgekehrt, der unter der Bezeichnung superficies solo cedit bekannt ist und der besagt, dass bis auf gesetzlich festgelegte Ausnahmen sämtliche Gebäude Bestandteil des Grundstücks darstellen, auf dem sie errichtet wurden. Allerdings gilt im Hinblick auf den Schutz der Rechte von Eigentümern von Bauwerken, die noch vor Inkrafttreten des neuen Bürgerlichen Gesetzbuchs errichtet wurden, dass diese Gebäude nur dann Bestandteil des Grundstücks werden, auf dem sie errichtet wurden, falls der Eigentümer des Bauwerks und der Eigentümer des Grundstücks ein und dieselbe Person sind; dies gilt auch für das anteilige Miteigentum. Solange also die Eigentumsverhältnisse an einem vor dem 1.1.2014 errichteten Gebäude nicht mit denen am Grundstück darunter zusammenfallen, bleibt das Gebäude eine eigenständige Sache im Rechtssinne und wird nicht zu einem Bestandteil des Grundstücks.

Im Interesse der allmählichen Durchsetzung des Superfizialitätsgrundsatzes und der „Verschmelzung“ des Altbestands an Gebäuden von vor 1.1.2014 mit dem Baugrund besteht ein wechselseitiges gesetzliches Vorkaufsrecht zwischen den Eigentümern derartiger Gebäude und den Eigentümern der darunter liegenden Grundstücke. Bei der Veräußerung eines Gebäudes, welches bisher nicht Grundstücksbestandteil geworden ist, hat der Eigentümer des darunter liegenden Grundstücks damit das Recht auf den vorrangigen Erwerb dieses Gebäudes; umgekehrt hat der Eigentümer des Gebäudes ein Recht auf den vorrangigen Erwerb des darunter liegenden Grundstücks, sollte dieses veräußert werden.

Wie es mit jeder neuen rechtlichen Regelung der Fall ist, so warf auch dieses gesetzliche Vorkaufsrecht eine Reihe juristischer Fragen auf, die erst im Nachhinein durch die Entscheidungspraxis der Gerichte geklärt wurden. Gegen Ende des letzten Jahres schließlich erließ der Oberste Gerichtshof eine Reihe interessanter Entscheidungen, in denen er einige weitere Regeln und Anwendungsbeschränkungen für dieses gegenseitige Vorkaufsrecht zwischen Grundstückseigentümern und den Eigentümern der darauf errichteten Gebäude erläuterte.

Es würde den Rahmen dieses Beitrags sprengen, auf alle vom Obersten Gerichtshof behandelten Fragen einzugehen, deshalb wenigstens so viel: dem OGH zufolge findet auf das Vorkaufsrecht zwischen Grundstücks- und Gebäudeeignern die Ausnahme für die Übertragung unter nahestehenden Personen keine Anwendung, welche z.B. für das gesetzliche Vorkaufsrecht zwischen den anteiligen Miteigentümern einer Immobilie gilt (hier sei angemerkt, dass sich seit dem 1.7.2020 dieses gesetzliche Vorkaufsrecht zwischen anteiligen Miteigentümern von Immobilien erneut nur auf gesetzlich klar umrissene Ausnahmesituationen bezieht und also allgemeine Gültigkeit hat). Bereits früher hatte der Oberste Gerichtshof geklärt, dass das gesetzliche Vorkaufsrecht der Eigentümer von Grundstücken und der Eigentümer von auf diesen errichteten Bauwerken bis auf Ausnahmen nicht für die Übertragung des anteiligen Miteigentums an Gebäude oder Grundstück gilt. Befindet sich ein Gebäude auf mehreren Grundstücken, so findet das gegenseitige Vorkaufsrecht nur in Bezug auf dasjenige Grundstück Anwendung, auf dem sich der überwiegende Teil des Gebäudes befindet. Bezüglich der übrigen Grundstücke, auf denen sich ein kleinerer Teil des Gebäudes befindet, greift das gegenseitige Vorkaufsrecht nicht. Nicht ausschließen wollte der Oberste Gerichtshof hingegen die Anwendung des gegenseitigen Vorkaufsrechts im Falle eines Gebäudes, welches unselbständiger Bestandteil (Zubehör) eines anderen (Haupt-)Gebäudes ist – dem Gericht zufolge wäre eine solche Situation unter Abwägung der konkreten Einzelfallumstände zu beurteilen.

Ungeachtet des Vorstehenden können aber immer noch Situationen eintreten, in denen nicht ganz klar ist, ob das gegenseitige Vorkaufsrecht von Grundstückseignern und Eigentümern der darauf errichteten Gebäude greift oder nicht. Gleichermaßen wissen viele nicht, wie bei der Anwendung dieses gesetzlichen Vorkaufsrechts korrekt vorzugehen ist – sprich, die Abgabe des Vorkaufsangebots (bzw. umgekehrt die Wahrnehmung des Vorkaufsrechts bei einem anderen) oder die Vorgehensweise bei einer Verletzung des Vorkaufsrechts. Wir empfehlen unseren Mandanten deshalb, bei Verfügungsgeschäften betreffend eigenständige Bauwerke, die nicht Grundstücksbestandteil sind, oder bei der Verfügung über die Grundstücke unter solchen Bauwerken, lieber einen erfahrenen Rechtsbeistand beizuziehen, der den konkreten Fall unter Berücksichtigung der jüngsten Entscheidungspraxis der Gerichte beurteilt und dem Mandanten das geeignete Vorgehen bei der Verfügung über derartige eigenständige Bauwerke oder das darunter gelegene Grundstück empfiehlt.

Quelle:
Höchstrichterliche Rechtsprechung (22 Cdo 1952/2019, 22 Cdo 1503/2020, 22 Cdo 1995/2020 u.w.)

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