Warum so viele Fälle des ergänzenden Schutzzertifikats (englisch Supplementary Protection Certificate, „SPC“) eines Arzneimittels vor dem EuGH enden

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Warum so viele Fälle des ergänzenden Schutzzertifikats (englisch Supplementary Protection Certificate, „SPC“) eines Arzneimittels vor dem EuGH enden
Was ist ein SPC?
Ein ergänzendes Schutzzertifikat ist ein Recht des geistigen Eigentums, das den Patentschutz (max. 20 Jahre) von Arzneimitteln um max. 5 Jahre verlängern kann.
Zum Beispiel: Wenn ein Patent am 1. Januar 2000 eingereicht wird und die Marktzulassung („MA“) am 1. Januar 2010 erteilt wird, würde der fünfjährige SPC-Schutz ab dem 1. Januar 2020 wirken.
Dadurch können in der EU ansässige Hersteller, die ein Basispatent für das Arzneimittel besitzen, einen längeren exklusiven Schutz ihrer Schutzrechte genießen, nachdem ihr Produkt in der EU eine Marktzulassung erhalten hat.
Was wird durch das Grundpatent abgedeckt?
Das Grundpatent schützt die Wirkstoffe und/oder Kombinationen von Wirkstoffen eines Arzneimittels für den Zweck, den der EU-Hersteller in der Patentanmeldung dafür bestimmt.
Erfindet ein EU-Hersteller ein neues Arzneimittel, wird das Unternehmen in der Regel einen Patentschutz nach dem EU-Patentrecht beantragen (der „Erfinder“).
So schreibt der Erfinder beispielsweise in seiner grundlegenden Patentanmeldung, dass er einen Schutz für einen Wirkstoff „A“ zur Behandlung der Krankheit „B“ anstrebt und dieses Patent wird dann erteilt. Sechs Monate vor Ablauf des Patents für Arzneimittel beantragt der Erfinder das SPC für diesen Wirkstoff „A“ zur Behandlung der Krankheit „B“. In dieser Situation sollte es keine Probleme geben.
So weit, so gut?
Was wäre, wenn der EU-Hersteller (der Patentinhaber) ein Arzneimittel vermarktet, das eine Kombination aus Wirkstoff A (durch ein Grundpatent geschützt) und einem Wirkstoff enthält, das im Grundpatent nicht ausdrücklich erfasst ist?
Schon in der Vergangenheit gab es in Bezug auf die vorstehende Frage zahlreiche Klagen vor dem EuGH zu Rechtsfragen im Zusammenhang mit SPCs und dieser Trend erreicht nun seinen Höhepunkt.
Am 25. Juli 2018 hat der EuGH seine lang erwartete Entscheidung im Fall des Arzneimittels Truvada getroffen, in der er klarstellte, dass ein Kombinationsprodukt für ein SPC in Frage kommt, wenn sich die Ansprüche im zugrunde liegenden Patent notwendigerweise und spezifisch auf diese Wirkstoffkombination beziehen (auch wenn die Kombination von Wirkstoffen, aus denen dieses Produkt besteht, in den Angaben des Grundpatents nicht ausdrücklich erwähnt wird).
In diesem Fall stellte Gilead das Arzneimittel Truvada her, das aus zwei Wirkstoffen bestand. Die Angaben in Gileads Grundpatent erwähnten ausdrücklich nur den ersten dieser beiden Wirkstoffe, und der zweite wurde nur durch den Satz „andere therapeutische Wirkstoffe“ abgedeckt.
Der EuGH hat in seinem Urteil einen neuen zweiteiligen Test formuliert, um festzustellen, ob ein Produkt durch ein Grundpatent geschützt ist oder nicht, d.h.:
1. ob es für einen Fachmann am Prioritätstag des Patents offensichtlich gewesen wäre, dass der betreffende Wirkstoff im Wortlaut der Angaben des Grundpatents spezifisch und genau identifizierbar ist und
2. ob jeder dieser Wirkstoffe von dem Fachmann spezifisch identifizierbar gewesen wäre.
Gilead hat diesen Test nicht bestanden.
Infolgedessen hat der England and Wales High Court of Justice (Patents Court) das SPC von Gilead mit der Begründung für ungültig erklärt, dass das Patent nicht alle Wirkstoffe des Medikaments identifiziert habe.
Wie Sie sehen können, kann die Beschaffung von SPC für Arzneimittel problematisch werden, wenn es sich um ein Kombinationsarzneimittel handelt. Es ist in der Regel schon zu spät, wenn das Grundpatent bereits angemeldet ist aber nicht alle Wirkstoffe eines Produkts abdeckt, bzw. die Kriterien des oben beschriebenen zweiteiligen Tests des EuGH nicht erfüllt. Daher sollte bei Patentanmeldungen insbesondere auch auf die richtige Formulierung geachtet werden.

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