Deutschland: Gericht entscheidet, dass Gemeinde Unterlagen verlangen darf, um zu prüfen ob ein Vorkaufsrecht besteht
Nach deutschem Recht steht einer Gemeinde unter bestimmten Bedingungen ein Vorverkaufsrecht beim Kauf von Grundstücken zu. Damit soll der Gemeinde die Möglichkeit eröffnet werden, Einfluss auf die Entwicklung ihres Gebietes zu nehmen. Die Gemeinde kann hierdurch unterschiedliche Ziele verfolgen, wie zum Beispiel den Schutz ihrer Bürger vor steigenden Mieten.
Dieses Vorkaufsrecht greift aber grundsätzlich nur beim klassischen direkten Kauf von Grundstücken ein. Deshalb kommt es in der Praxis häufig zu so genannten share-Deals. Bei einem solchen wird nicht das Grundstück selbst verkauft, sondern Anteile des Unternehmens, welchem das Grundstück gehört. Es wechselt also nur der Eigentümer an dem Unternehmen aber nicht der Eigentümer an dem Grundstück. Das Grundstück gehört weiterhin dem Unternehmen. Auf dieser Art wird das Vorkaufsrecht der Gemeinde nicht ausgelöst. Share-Deals kommen vor allem zur Anwendung, wenn es um den Erwerb von Grundstücken durch Investoren geht.
Das Bezirksamt Neukölln in Berlin erlangte im April 2019 Kenntnis von einem solchen Share-Deal und verlangte deshalb die Unterlagen über diesen Vorgang. Die Gemeinde wollte überprüfen, ob der Share-Deal ein bloßes Umgehungsgeschäft darstelle.Dies geschah vor folgendem Hintergrund: Sollte sich nach Sichtung der Unterlagen herausstellen, dass der Share-Deal nur ein Umgehungsgeschäft sei, so würde das gemeindliche Vorkaufsrecht wieder eingreifen.
Bereits 2012 entschied der BGH, dass ein Grundstückskauf per Share-Deal kein Vorkaufsrecht auslöse, außer das Geschäft könne einem Kauf im Sinne des Vorkaufsrechts gleichgestellt werden aufgrund ihrer Ähnlichkeit. Dies betraf aber nur das zivilrechtliche Vorkaufsrecht.
Um prüfen zu können, ob dies im Einzelfall zutrifft, darf die Gemeinde die Unterlagen über den Vorrang vom Erwerber herausverlangen.
Dieses Auskunftsverlangen sieht das Baurecht auch vor. Dem stehen keine Bedenken im Hinblick auf ein „Geheimhaltungsinteresse“ des Unternehmens entgegen. Es sei anzunehmen, dass die Gemeinde dementsprechende Interessen wahren werde.
Ausblick: Bisher erging nur ein vorläufiger Beschluss in der ersten Instanz. Jedoch folgt das VG Berlin in seiner Entscheidung der Rechtsprechung des BGH und weitet diese auch auf das gemeindliche Auskunftsrecht aus. Es erscheint daher wahrscheinlich, dass die Ansicht des VG Berlin in späteren Entscheidungen bestätigen wird.
Quelle: VG Berlin 19 L 566.19