Verbindliche Stellungnahmen als Mittel zur Verfahrensbeschleunigung gemäß dem Baugesetz

Die uneinheitliche Entscheidungspraxis der einzelnen Senate am Obersten Verwaltungsgericht betreffend den Charakter bestimmter verbindlicher Stellungnahmen, wie sie von den betroffenen Behörden für die Zwecke vereinfachter Verfahren gemäß Bauordnung abgegeben werden, bedeutet für Bauherren zusätzliche Unsicherheit. 

§ 149 der tschechischen ZPO definiert die „verbindliche Stellungnahme“ als Verwaltungsakt auf gesetzlicher Grundlage, die nicht als eigenständiger Verwaltungsbescheid gilt und deren Inhalte für den Tenor der letztendlichen Entscheidung der Verwaltungsbehörde verbindlich sind. Dessen ungeachtet kennt das tschechische Recht auch verbindliche Stellungnahmen, die gemäß Spezialgesetz – den sog. „Bestandteilsgesetzen“, von denen jedes einen einzelnen Umweltbestandteil zum Regelungsgegenstand hat (z.B. das Natur- und Landschaftsschutzgesetz oder das Denkmalschutzgesetz) – ergehen und die tatsächlich als förmlicher Verwaltungsbescheid zu gelten haben.

Dabei ist die Unterscheidung, in welcher Form eine konkrete verbindliche Stellungnahme erteilt wurde, von höchster Bedeutung, denn sie bestimmt, ob die Stellungnahme einer Überprüfung offensteht und ob und mit welchen Mitteln sie angefochten werden kann. Eine verbindliche Stellungnahme, die in der Form eines Verwaltungsbescheids im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens ergangen ist, kann auf dem üblichen Weg durch einen Widerspruch im Verwaltungszug angefochten werden können; außerdem steht der Weg zu einer unabhängigen Überprüfung durch die Verwaltungsgerichte offen.

Im Gegensatz hierzu gilt eine verbindliche Stellungnahme im Sinne des § 149 ZPO als Verwaltungsakt gemäß Teil IV ZPO und damit nicht als „Entscheidung“; gegen sie kann also nicht gesondert Beschwerde bzw. Widerspruch eingelegt oder die gerichtliche Prüfung angestrengt werden. Gegen verbindliche Stellungnahmen dieser Kategorie kann also erst in einem späteren Schritt vorgegangen werden, nämlich im Rahmen eines Widerspruchverfahrens (oder einer gerichtlichen Klage auf Prüfung) gegen den späteren Verwaltungsbescheid, der auf einer solchen verbindlichen Stellungnahme beruhte. Damit wird die Phase einer etwaigen Überprüfung in solchen Fällen auf später hinausgeschoben.

Laut Oberstem Verwaltungsgericht hängt die Unterscheidung, in welcher Form eine verbindliche Stellungnahme erteilt werden soll, wesentlich davon ab, ob die verbindliche Stellungnahme in der jeweiligen Sache zugleich die abschließende (einzige, finale usw.) Entscheidung darstellt oder zunächst als Grundlage für den Erlass einer solchen endgültigen Entscheidung dient.

Außerhalb des Rahmens dieser generellen Regelung ist der Charakter verbindlicher Stellungnahmen außerdem in den „Bestandteilsgesetzen“, von denen jedes einen einzelnen Umweltbestandteil zum Regelungsgegenstand hat, geregelt. So sieht das bereits erwähnte Natur- und Landschaftsschutzgesetz in § 90 Ab. 1 ausdrücklich vor, dass die auf der Grundlage dieses Gesetzes erlassenen verbindlichen Stellungnahmen als verbindliche Stellungnahme im Sinne der ZPO (also nicht als Verwaltungsbescheid) gelten. Eine ähnliche Regelung ist z.B. in § 44a Abs. 3 des Denkmalschutzgesetzes enthalten.

Diese Unterscheidung hat aber ihre Fallstricke (und hat denn auch in der Vergangenheit für Probleme gesorgt), soweit es um verbindliche Stellungnahmen geht, die für die Zwecke eines vereinfachten Verfahrens gemäß der Bauordnung ergehen – also z.B. zwecks Erlangung einer sog. Bebauungsfreigabe oder einer zustimmenden Kenntnisnahme zur Errichtung eines zur Anzeige gebrachten Bauvorhabens. Diese vereinfachten Verfahren münden nämlich im Regelfall nicht in förmliche Verwaltungsbescheide (wie z.B. der Bebauungsplan einer ist), sondern einen sog. anderweitigen Verwaltungsakt (wie z.B. die o.g. Bebauungsfreigabe). In seiner Entscheidung AZ 2 As 163/2016-29 vom Mai 2017 äußerte sich das Oberste Verwaltungsgericht dahingehend, das Kriterium zur Unterscheidung zwischen den einzelnen Formen von verbindlichen Stellungnahmen (zur Beantwortung der Frage, ob es sich bei diesen lediglich um Material handelt, welches der letztendlichen Entscheidung zugrunde liegt) müsse breit ausgelegt werden, um alle Fälle abzudecken, in denen die verbindliche Stellungnahme als Grundlage für das Vorgehen gemäß Spezialgesetz dient, egal ob an dessen Ende ein Verwaltungsbescheid oder ein anderweitiger Verwaltungsakt steht. Will man dieser Entscheidung des OVerwG folgen, so müssten die verbindlichen Stellungnahmen, die von betroffenen Behörden für die Zwecke eines vereinfachten Verfahrens gemäß Bauordnung ausgestellt werden, als Verwaltungsakt im Sinne des § 149 ZPO (also nicht als Verwaltungsbescheid) gelten und stünden damit keiner gesonderten Prüfung offen. Leider erging aber seitens eines anderen Senats am OVerwG wenig später eine diametral entgegen gesetzte Entscheidung (AZ 8 As 241/2017-36 vom Januar 2018), wonach – angesichts des Umstands, dass die Bebauungsfreigabe kein förmlicher Verwaltungsbescheid ist, sondern ein „anderweitiger Verwaltungsakt“ gemäß Teil IV ZPO – verbindliche Stellungnahmen seitens der Denkmalschutzbehörden einen eigenständigen Verwaltungsbescheid darstellen: sie dienten nämlich nicht als Grundlage für jegliche Entscheidung des Bauamts (weil gar keine solche ergeht).

Die uneinheitliche Entscheidungspraxis der einzelnen Senate am Obersten Verwaltungsgericht betreffend den Charakter bestimmter verbindlicher Stellungnahmen, wie sie von den betroffenen Behörden für die Zwecke vereinfachter Verfahren gemäß Bauordnung abgegeben werden, bedeutet für Bauherren zusätzliche Unsicherheit, weil es momentan unklar ist, ob solche verbindlichen Stellungnahmen gesondert angefochten oder einer Überprüfung unterzogen werden können. Es bleibt nur zu hoffen, dass der Oberste Verwaltungsgerichtshof seine diesbezügliche Rechtsprechung bald vereinheitlich – am besten in Form einer Stellungnahme des Großen Senats.

Quelle:
Verwaltungsordnung (Ges. Nr. 500/2004 Slg.) Bauordnung (Ges. Nr. 183/2006 Slg.) Natur- und Landschaftsschutzgesetz (Ges. Nr. 114/1992 Slg.) Denkmalschutzgesetz (Ges. Nr. 20/1987 Slg.) Rechtsprechung des Obersten Verwaltungsgerichts (2 As 75/2009-121, 2 As 163/2016-27, 8 As 241/2017-33 u.a.)

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