In Ungarn ist der Erwerb von strategisch wichtigen Unternehmen durch ausländische Investoren bis zum 31. Dezember 2020 meldepflichtig.
Die durch Regierungsverordnung 227/2020. (V. 25.) („RegVO“), wegen der Gefahrenlage eingeführte Regelung gilt über die Dauer der Gefahrenlage hinaus und betrifft GmbHs und AGs ungarischen Rechts. Die maßgeblichen strategischen Sektoren, in denen die betroffenen Unternehmen tätig sein müssen, damit die Meldepflicht eintritt, sind sehr weit gefasst, hierzu gehört u.a. der Einzel- und Großhandel, der Tourismus, der Transport, die Logistik, das Gesundheits- und Bauwesen. Eher nachvollziehbar gehören der Kategorie auch die kritischen Infrastrukturen und Technologien an.
In erster Linie gelten juristische und natürliche Personen als Ausländer, die nicht in einem Mitgliedstaat der EU, des EWR oder in der Schweiz niedergelassen sind. Gleichzeitig gelten aber auch Gesellschaften mit Sitz in der EU, dem EWR oder der Schweiz als ausländische juristische Personen, wenn ihr Mehrheitsgesellschafter eine ausländische natürliche oder juristische Person ist.
Eine Meldung an das Ministerium für Innovation und Technologie (ITM) muss erfolgen, wenn eine ausländische Person unmittelbar oder mittelbar an einem ungarischen Unternehmen eines strategischen Sektors
• eine Mehrheitsbeteiligung erwirbt, oder
• mindestens 10% der Anteile erwirbt und der Gesamtwert der Investition 350 Millionen HUF übersteigt, oder
• wertunabhängig, wenn der Umfang des Eigentums 15%, 20% oder 50% erreicht.
Obwohl in den EU- und EWR-Staaten ansässige Unternehmen nicht als ausländische Investoren gelten, müssen beim direkten oder indirekten Erwerb einer Mehrheitsbeteiligung auch diese eine Anmeldung tätigen.
Das ITM kann die Anmeldung bestätigen, oder – wenn die Transaktion u.a. zur Gefährdung der staatlichen Interessen, der öffentlichen Sicherheit oder der öffentlichen Ordnung Ungarns führen würde – den Erwerb verbieten. Die Anmeldefrist beträgt 10 Tage ab Vertragsabschluss, die Erledigungsfrist 45 Tage ab Zugang der Anmeldung.
Durch die RegVO erhofft sich die Regierung ein geeignetes Instrument, um den Erwerb betroffener Unternehmen durch ausländische Investoren zu verhindern, die den durch COVID-19 verursachten wirtschaftlichen Abschwung und den unmittelbaren Umsatzrückgang in bestimmten Sektoren ausnutzen.
Unseres Erachtens nach wirft die praktische Anwendung der RegVO mehrere Fragen auf, auf die sich in den kommenden Monaten praktische Antworten ergeben werden. Wir halten es auch für wahrscheinlich, dass die RegVO von der Europäischen Kommission auf seine Übereinstimmung mit dem EU-Recht hin überprüft wird. Offensichtlich entsteht aber bis Ende des Jahres für ausländische Investoren eine außerordentliche zusätzliche administrative Belastung.