Tschechischer Oberster Gerichtshof bestätigt, dass der Schutz des familiären Haushalts an erster Stelle steht

Der Schutz des familiären Haushalts genießt Vorrang vor dem Schutz des guten Glaubens Dritter bei der Verfügung über Immobilien, in denen sich ein solcher Haushalt befindet.

Familie, Elternschaft und Ehe genießen unter dem Bürgerlichen Gesetzbuch besonderen rechtlichen Schutz. Dieses Prinzip kommt u.a. im Schutz des familiären Haushalts zum Ausdruck, worunter zum einen die Lebensgemeinschaft zusammen lebender Personen (im Regelfall: Ehegatten und deren minderjährige Kinder) gemeint ist, zum anderen aber auch die eingerichtete Wohnstätte, in der diese zusammen lebenden Personen, die den Haushalt bilden, ihren ständigen Wohnsitz haben.

Der Schutz des familiären Haushalts schlägt sich u.a. darin nieder, dass der eine Ehepartner, der ansonsten berechtigt wäre, unabhängig über das Haus bzw. die Wohnung zu verfügen, in dem bzw. in der der familiäre Haushalt untergebracht ist (z.B. weil er der ausschließliche Eigentümer ist), sich jeglicher Handlungen zu enthalten hat, die das Wohnen des familiären Haushalts in besagter Wohnung bzw. besagtem Haus in Frage stellen oder verunmöglichen. Insbesondere darf er ohne die Einwilligung des anderen Partners das Haus bzw. die Wohnung nicht veräußern und keine Rechte am Haus (oder Teilen des Hauses) oder an der Wohnung bestellen, deren Ausübung nicht mit der Haushaltsführung des Ehepaars bzw. der Familie vereinbar ist, es sei denn, er sorgt dafür, dass die Eheleute bzw. die Familie anderswo unterkommen, und zwar in einer Wohnstätte, die der bisherigen in allen Aspekten vergleichbar ist. Eine analoge Regel gilt für die Möglichkeit der Aufkündigung des Mietrechts am Haus bzw. der Wohnung, wo sich der familiäre Haushalt befindet.

Wird gegen das o.g. Verbot verstoßen, so kann der andere Ehepartner die Nichtigkeit des betreffenden Rechtsgeschäfts einwenden, mit dem der familiäre Haushalt bedroht wurde, und zwar innerhalb einer Frist von drei Jahren ab dem Tag, an dem der andere Ehepartner vom gefährdenden Rechtsgeschäft erfuhr (bzw. hätte von ihm erfahren sollen und können).

Der Oberste Gerichtshof hat nun in einer kürzlich ergangenen Entscheidung bestätigt, dass der o.g. Schutz des familiären Haushalts Vorrang hat vor dem Schutz des guten Glaubens auf Seiten eines Dritten, der ausschließlich mit dem einen Ehepartner verhandelt hat, welcher im Grundbuch als ausschließlicher Eigentümer der fraglichen Immobilie aufgeführt ist. Der Schutz des familiären Haushalts fußt nämlich nicht auf dem Eigentumsrecht oder einem anderen Recht an einer im Grundbuch eingetragenen Immobilie, und der familiäre Haushalt selbst wird auch gar nicht ins Grundbuch eingetragen, so dass Dritte keinen Schutz unter Verweis auf ihren guten Glauben an die Eintragung im Grundbuch erwirken können (sog. Prinzip der materiellen Publizität).

Im Falle einer Verfügung über Immobilien seitens verheirateter natürlicher Personen sollte von daher der Vertragspartner stets darauf bestehen, dass ihm eine Erklärung des anderen Partners vorgelegt wird, wonach sich der familiäre Haushalt nicht in der betroffenen Immobilie befindet bzw. der andere Partner dem Rechtsgeschäft (Verkauf, Verpfändung der Immobilie) zustimmt. Im gegenteiligen Fall setzt sich der Vertragspartner dem Risiko aus, dass der andere Ehepartner später das Rechtsgeschäft als nichtig anfechtet, falls sich in der Immobilie der familiäre Haushalt befand.

Quelle:
Bürgerliches Gesetzbuch (Ges. nr. 89/2012 Slg.); § 747
Urteil AZ 21 Cdo 3017/2019 des Obersten Gerichtshofs vom 2.6.2020

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