Notwegerecht

Czech Republic: Sie haben eine unzugängliche Immobilie erworben? Wahrscheinlich sind Sie damit um die Möglichkeit gekommen, sich ein gerichtliches Wegerecht zusprechen zu lassen.

Das Rechtsinstitut des sog. Notwegerechts wurde für diejenigen Fälle geschaffen, in denen ein Eigentümer seine Immobilie in Ermangelung eines Zugangs von öffentlichen Straßen und Wegen nicht nutzen kann. Der Eigentümer einer solchen unzugänglichen Immobilie kann die Nachbarn bitten, ihm gegen Entschädigung den Zugang über deren Grundstück zu erlauben, bzw. im Bedarfsfall die gerichtliche Genehmigung eines solchen Wegerechts zu erwirken.

Das Institut des Notwegerechts war auch dem früheren Bürgerlichen Gesetzbuch aus dem Jahre 1964 bekannt (und dort in § 151o Abs. 3 verankert). Allerdings war die Regelung überaus spärlich gehalten und erfuhr eine Fortschreibung durch die hierzu reichlich vorhandene Rechtsprechung. Das neue BGB regelt das Institut des Notwegerechts eingehender, und zählt dabei ausdrücklich diejenigen Fälle auf, in denen es nicht eingerichtet werden kann (§ 1032). Insbesondere genehmigt das Gericht kein Notwegerecht, falls der Eigentümer der Immobilie selbst den fehlenden Zugang aus grober Fahrlässigkeit bzw. wg. Vorsatz zu verantworten hat. Zur Anwendung dieser Bestimmung hat sich der Oberste Gerichtshof der Tschechischen Republik in seiner Entscheidung AZ 22 Cdo 3242/2015 vom 15.11.2016 geäußert.

Konkret befand der Oberste Gerichtshof, diese Bestimmung komme u.a. dort in Frage, wo jemand eine Immobilie erwirbt, ohne sichergestellt zu haben, dass eine Verbindung zu öffentlichen Straßen und Wegen besteht, und dabei grob fahrlässig bzw. vorsätzlich handelt. Dabei ging der OGH von dem Grundsatz aus, dass ein Erwerber sich im Rahmen der üblichen Sorgfalt dafür interessieren sollte, welcher Zugang zur Kaufimmobilie existiert; ist kein solcher Zugang gesichert, so sollte der Erwerber noch vor dem Erwerb versuchen, für einen Zugang zu sorgen. Der Oberste Gerichtshof will dabei nicht den bloßen Umstand sanktionieren, dass jemand eine Immobilie ohne Zugang erwirbt, sondern vielmehr die Tatsache, dass sich der Erwerber leichtfertig darauf verlässt, es werde ihm seitens der Nachbarn schon der Zugang ermöglicht (bzw. seitens der Gerichte zuerkannt) werden, ohne sich darum zu bemühen, selbst noch vor Erwerb der Immobilie für den Zugang zu sorgen. Hat er aber in dieser Hinsicht Bemühungen entfaltet und diese bleiben ohne Erfolg, so darf ihm dies nicht zum Nachteil gereichen. Hier weicht der Oberste Gerichtshof vom bisherigen Fallrecht ab, wonach die Möglichkeit der Bestellung eines Notwegerechts nie ganz ausgeschlossen war, selbst wenn es der Eigentümer selbst zu verantworten hatte, dass zu seinem Gebäude kein ordentlicher Zugang bestand. Bemerkenswerterweise sollen auch vor dem 1.1.2014 getätigte Rechtsgeschäfte nach der besagten Bestimmung beurteilt werden.

Mit anderen Worten, die Gerichte sind gehalten, vor Genehmigung eines Notwegerechts zu beurteilen, ob der Erwerber Interesse an der Zugangsfrage gezeigt hat, ob er vom Mangel des Zugangs wusste bzw. wissen musste, ob er sich bemüht hat, vor dem Erwerb der Immobilie einen solchen Zugang zu erlangen, und ob die Möglichkeit real gegeben war, einen solchen Zugang zu erlangen. Angesichts dessen, dass die Rechtsvorschriften zum Notwegerecht nur allgemeine Bedingungen für das Zustandekommen dieses Rechts vorgeben, besteht für die Gerichte ein breiter Ermessensspielraum. Es bleibt abzuwarten, wie die Gerichte mit dieser Interpretation arbeiten werden, und ob sie künftig im Einzelfall noch Notwegerechte zuerkennen werden.

Quelle: BGB (Ges. Nr. 89/2012 Slg.)

 

 

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