Wie lässt sich dem Risiko der Nichtleistung seitens des Vertragspartners vorbeugen? Und wenn es doch dazu kommt: wie reagiert man am effektivsten auf einen solchen Ausfall?
Die allerwenigsten werden durch die ersten sechs Monate dieses Jahres ganz ohne Ängste und Sorgen gekommen sein. Wie schön wäre es, wenn die Situation sich so rasch als möglich normalisiert! Aber die Zeichen stehen auf Sturm. Die Europäische Kommission rechnet damit, dass die tschechische Wirtschaft dieses Jahr um sieben Prozent einbricht, nach langer Zeit beginnt die Arbeitslosenquote jetzt zu steigen, und die Epidemiologen bereiten sich auf zusätzliche Quarantänemaßnahmen zum Herbstanfang vor.
Wir würden alle gerne glauben, dass die Epidemie und die zu deren Eindämmung getroffenen Gegenmaßnahmen nur milde Auswirkungen haben werden. Aber selbst wenn dem so sein sollte, macht es doch Sinn, sich auf die Risiken vorzubereiten, die mit einer wirtschaftlichen Rezession einhergehen. Dazu gehören eine erhöhte Anzahl von Ausfällen bei vertraglichen Leistungserfüllung und der Bedarf, die Einhaltung vertraglicher Pflichten durchzusetzen.
Unternehmer und Firmenleitungen sollten proaktiv an die Situation herantreten und sich fragen, welche Vorbeugungs- und Verbesserungsmaßnahmen möglich sind, z.B. in Form der Umsetzung von Vertragsanpassungen, der Einführung von neuen Abläufen und Regeln und der sorgfältigeren Prüfung von Vertragspartnern.
Vorbeugung – Tiefenprüfung potenzieller Auftragnehmer
Bei zahlreichen Großunternehmen ist es längst gang und gäbe, vertragliche Lieferanten anhand standardisierter Regeln auszuwählen (die eine sorgfältige Prüfung voraussetzen). Eine Verlässlichkeitsprüfung zukünftiger Vertragspartner durch Einsichtnahme in öffentlich zugängliche (amtliche) Quellen sollte der Regelfall sein. Wie weit diese Prüfung geht, wird von der konkreten Art und dem konkreten Umfang der geplanten Zusammenarbeit abhängen.
- Die Einsichtnahme ins beim Justizministerium geführte Insolvenzregister erlaubt die Feststellung, ob gegen den Vertragspartner ein Insolvenzverfahren anhängig ist. (Achtung: für Konkurs- und Vergleichsverfahren gemäß der früheren Rechtsordnung, d.h. Verfahren, die vor dem 1.1.2018 eröffnet wurden, sind diese Angaben im sog. Verzeichnis der Gemeinschuldner zu finden).
- Ein Vertragspartner, der seinen Pflichten im Bereich der Umsatzsteuer nicht nachgekommen ist, ist im Verzeichnis der Umsatzsteuerzahler als unzuverlässiger Zahler bzw. unzuverlässiges Subjekt gekennzeichnet.
- Soweit Vollstreckungsverfahren von Gerichtsvollziehern gemäß der Vollstreckungsordnung betrieben werden, sind sie im Zentralregister für Zwangsvollstreckungen zu finden. Dessen Aufzeichnungen sind aber leider nicht lückenlos: die Beschlussvollstreckung und Schuldbeitreibung seitens Gerichten, staatlichen Stellen, Behörden der Selbstverwaltung, Finanzbehörden und Krankenkassen scheint darin nicht auf. Es scheint von daher angebracht, die Untersuchung um die Vorlage von Bescheinigungen seitens der Finanzämter, der Sozialversicherungsbehörden und der Krankenkasse zu ergänzen, wonach der Vertragspartner keine Zahlungsrückstände aufweist.
- Um einen Überblick darüber zu gewinnen, inwieweit das Geschäftsvermögen eines Vertragspartners belastet ist, sollte man Einsicht ins Handelsregister, ins Grundbuch und ins Pfandregister nehmen.
- Auch die Jahresabschlüsse und Geschäftsberichte in der (beim Handelsregister geführten) Urkundensammlung können nützliche Erkenntnisse liefern – freilich nur dann, wenn die Gesellschaft ihrer diesbezüglichen Veröffentlichungspflicht nachgekommen ist.
Mit der Ausnahme des Zwangsvollstreckungsregisters sind alle diese Informationsquellen gratis und öffentlich einsehbar, und werden von den zuständigen Behörden oder sonst auf gesetzlicher Grundlage geführt. Hinzu kommen diverse private (gebührenpflichtige) Dienste und Register – so z.B. das von der CRIF (der Tschechischen Kreditaufsicht) angebotene Monitoring von Unternehmen. In Zusammenarbeit mit der Tschechischen Wirtschaftskammer stellte sie diese Dienstleistung während der Pandemie für zwei Monate gratis zur Verfügung.
Für langfristige Verträge sollte eine Regel eingeführt werden, wonach diese Checks in festen Intervallen wiederholt werden; dasselbe gilt für Verträge in Bereichen oder Beziehungen, die von den Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung besonders betroffen sind bzw. waren.
Vorbeugung – Vertragliche Vereinbarungen
In Verträgen können eine ganze Reihe von Instrumenten eingesetzt werden, um die Position der einen Partei zu stärken, für den Fall des Leistungsausfalls (oder der Insolvenz) der anderen Partei. Hierzu gehören Sanktionen wie Verzugszins, Vertragsstrafe, Verlust des Rechts auf Ratenzahlung oder das Recht auf Vertragsauflösung bei wiederholtem oder dauerhaftem Leistungsausfall oder bei dringlichem Insolvenzrisiko.
Neben der Ultima Ratio der Vertragsbeendigung mag es angebracht sein, eine separate Klausel vorzusehen, wonach die Erfüllung des Vertrags für den Zeitraum des Leistungsausfalls der anderen Partei ausgesetzt werden darf. Damit bleibt die Vertragsbeziehung erhalten und sobald die Probleme gelöst sind, können die Parteien zur Leistungserfüllung zurückkehren, ohne dass ein neuer Vertrag ausgehandelt werden muss.
Derartige Klauseln sind durchaus gängig, sind aber oft nach ein und demselben Muster geschnitten. Wir empfehlen statt dessen, die möglichen zukünftigen Entwicklungen durchzuspielen und eine maßgeschneiderte Kombination von Sanktionen zu wählen, die dem konkreten Vertragsverhältnis und dessen Umsetzung Rechnung trägt. So findet man z.B. recht häufig eine Vertragsklausel, wonach die Parteien stets berechtigt (oder, umgekehrt, nie berechtigt) sind, über die Vertragsstrafe hinausgehenden Schadensersatz zu fordern. Anstelle einer derartigen Klausel mag es angebracht sein, die vertraglichen Sanktionen zu staffeln: beim ersten oder kurzfristigen Verzugsfall zahlt die säumige Partei lediglich eine Vertragsstrafe; erst im Wiederholungsfall wird außerdem Schadensersatz fällig.
Zur Risikovorbeugung im Zusammenhang mit dem Leistungsausfall in Vertragsbeziehungen können außerdem Klauseln gehören, die eine Partei zur Aufrechnung nichtfälliger Forderungen berechtigt, Dritten die Leistung namens des Schuldners untersagt, oder ein bestimmtes Gericht zum örtlich zuständigen Gericht erklärt (z.B. weil ein Gericht in einer größeren Stadt eher die Gewähr bietet, dass bestimmte Arten von Streitigkeiten mit der gebotenen Kompetenz entschieden werden, oder weil der Gerichtsstand am Sitz des Gläubigers Reisekosten vermeidet, oder weil die Verfahrenskonzentration bei nur einem Gericht der Prozessökonomie Rechnung trägt).
In der nächsten Ausgabe werden wir uns dem empfohlenen Vorgehen bei Leistungsausfall des Vertragspartners und der Durchsetzung vertraglich geschuldeter Leistungen zuwenden…