News bei ENZ: Siege in Prag und in der Berufung in Olmütz! Novelle der Katasterverordnung ab 1.1.2020 in der Tschechischen Republik

Eine tschechische Änderung der Katasterverordnung, die am 1.1.2020 in Kraft getreten ist, soll Erben mit einem Europäischen Nachlasszeugnis unterstützen; sie lässt den Rechtszustand in der Tschechischen Republik aber im Widerspruch zum europäischen Recht. Dagegen haben wir in Olmütz und Prag Recht bekommen!

Zwei unserer Klagen, die ENZ betreffen, wurde am 28.11.2019 und am 8.1.2020 vor dem Obergericht in Olmütz in der Berufung, und eine am 21.1.2020 in Prag in der ersten Instanz stattgegeben (cf. den letzten Artikel „Der Kampf um die Europäischen Nachlasszeugnisse (ENZ) wird in Olmütz und in Luxemburg fortgesetzt“). So wird auf der Grundlage eines ENZ das Eigentumsrecht der Erben in das Immobilienkataster auch ohne Vermögensspezifikation eingetragen.

Aber die Urteile sind nicht eindeutig, und keines der Gerichte hat Fragen dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt.

Die Novelle als Alibi

Die Situation um die ENZ in der Tschechischen Republik hat ab 1.1.2020 mit der Novelle der Katasterverordnung Nr. 301/2019 Slg. eine neue Wendung genommen.

Ab dem 1.1.2020 können die Erben, wenn das ENZ nicht ausreicht, zusammen mit dem ENZ, mit dem sie die Universalsukzession nachweisen, eine Ehrenerklärung vorlegen, in der sie genau spezifizieren, welche Rechte oder Immobilien dies betrifft. Dann wird eingetragen.

Cf. die genaue Formulierung des neuen 6. Absatzes von § 69 am Ende des Artikels.

Methode Baron Münchhausen

Die Novelle bedeutet also, dass dann, wenn ein ENZ dem Katastergesetz nicht entspricht, die Erben selbst erklären können, dass sie Erben sind, was sie und von wem sie geerbt haben. Dies erinnert etwas an Baron Münchhausen, der sich angeblich selbst an den eigenen Haaren aus dem Sumpf gezogen hat. Wobei die Katasterämter den Sumpf hier durch ihre langjährige Praxis, den Vorrang der ENZ zu ignorieren, selbst bereitet haben.

Das Eigentumsrecht von Erben, die als Nachweis „nur“ ein ENZ haben, das aber die konkrete Aufzählung von Immobilien nicht enthält (z.B. solche, die in Bayern und Thüringen ausgestellt wurden), wird nach dieser Novelle in das Immobilienkataster eingetragen werden, wenn diese Erben zusammen mit dem ENZ eine etwas komplizierte (cf. unten § 6 der Katasterverordnung) Erklärung vorlegen:

  • Bezeichnung der Person, die die Erklärung bewirkt und der das Eigentumsrecht zusteht (Erbe); 
  • Bezeichnung der Person enthält, deren Recht erloschen ist (Erblasser); 
  • Bezeichnung der Immobilien gemäß dem Katastergesetz;
  • Bezeichnung des Rechts, das entstanden ist (Eigentumsrecht);
  • die Anführung der rechtlichen Tatsache, die zum Entstehen des Rechts geführt hat (Erbfall).

Das alles muss amtlich unterschrieben sein.

Der Widerspruch der Novelle zur Verordnung Nr. 650/2012/EU („Verordnung“) ist eindeutig: die Verordnung hatte das ENZ eingeführt, um die Situation der Erben in der EU, deren Erbverfahren in einem anderen Land abläuft als in dem, wo das geerbte Vermögen liegt, zu erleichtern und alle zusätzlichen Unterlagen ENZ abzuschaffen. Ein ENZ soll in allen Staaten ohne weiteres verbindlich sein und die gleichen Folgen zeitigen, wie ein inländisches Erbverfahren. Die Verordnung gab den ENZ Vorrang und direkte Wirkung. Wenn aber jeder Staat zusätzliche Erklärung neben dem ENZ einführen würde, hätte die Verordnung keinen Sinn mehr.

Die Katasterverordnung zwingt nun die Erben, zusammen mit dem ENZ noch eine Erklärung vorzulegen, die von inländischen Erben nicht verlangt wird. Auf den ersten Blick ein banales Dokument, es aber zu besorgen wird den Erben große Schwierigkeiten bereiten: Im überwiegenden Fall werden die Erben in anderen EU-Ländern wohnen, aber auch in der Tschechischen Republik. Die Unterschrift auf der Erklärung muss amtlich beglaubigt sein. Wenn die Erben also nicht in die Tschechische Republik fahren oder zu deren Botschaft oder einem deren General- oder Honorarkonsulate gehen, um sie dort zu unterschreiben, muss sie in den meisten Ländern, z.B. in Deutschland, noch mit einer Apostille versehen werden.

Da die Erklärung auf Tschechisch verfasst sein muss, muss sie noch amtlich übersetzt werden (denn ausländische Notare beurkunden nur selten Unterschriften auf Urkunden in einer fremden Sprache). Die meisten ausländischen Erben werden die Beglaubigung der Unterschrift, deren Apostillisierung, die amtliche Übersetzung und wahrscheinlich auch einen Rechtsanwalt, der ihnen die Erklärung entwirft, bezahlen müssen, denn sie werden nicht wissen, wie eine solche Erklärung aussehen soll. Der ganze Prozess wird einige Wochen, wenn nicht Monate in Anspruch nehmen, und er wird teuer sein.

Die Novelle gilt zudem gemäß ČUZK (Staatliche Verwaltung für Landvermessung und Kataster), der Leitung der tschechischen Katasterämter, nur für Anträge ab dem 1.1.2020. Alle vorher gestellten Anträge werden wie bisher behandelt – also wahrscheinlich abgelehnt. Das Problem wurde nicht gelöst.

Außerdem widerspricht die Katasterverordnung jetzt dem Katastergesetz, das in §§ 8 und 17 das Prinzip verankert, dass eine Spezifikation von Immobilien in der Eintragungsurkunde enthalten sein muss. Und dabei blieb es, das Katastergesetz wurde nicht geändert. Über die Zulässigkeit dieser Erklärungen wird der EuGH entscheiden müssen.

Diskriminierende Gebühren

Auch eine andere wesentliche Ungleichheit, die ausländische Erben betrifft, hat die Novelle 301/2019 Slg. nicht abgeschafft: die Verwaltungsgebühr für das Eintragungsverfahren (ab dem 1.1.2020 schon 2.000,- CZK, ca. 80,- EUR). Diese Gebühr zahlen die Erben, die ein Recht an einer Immobilie auf der Grundlage eines tschechischen Erbverfahrens nachweisen, nicht. In Deutschland (und anderen EU-Ländern) zahlen Erben, die die Umschreibung mit einem ENZ beantragen, keine Gebühr. Wir haben die Vorlage dieser Frage an den EuGH beantragt.

Wie schon oben erwähnt, sind zwei von uns geführte Berufungsverfahren vor dem Obergericht in Olmütz erfolgreich ausgegangen (AZ: 5 Co 34/2019 und 1 Co 38/2019). Das Gericht hat jedoch den Fehler bei den deutschen Gerichten gesehen, die keine Spezifikation des Vermögens in die ENZ eingetragen haben. Es hat den Berufungen dennoch stattgegeben, weil die Praxis der tschechischen Ämter die Erben in der Ausübung ihres Eigentumsrechts hinderte, womit deren Grundrechte auf Eigentum und Erbe verletzt seien.

Vorlage von Fragen an den EuGH

Das Stadtgericht in Prag hat in einem weiteren von uns geführten Verfahren (immer das gleiche ENZ) die Vorlage von Fragen an den EuGH gemäß Art. 267 AEUV vorbereitet. Am 21.1.2020 hat es aber überraschend entschieden, eine Vorlage an den EuGH sei nicht mehr notwendig, weil es ja die oben genannte Katasterverordnung gebe, und hat der Klage stattgegeben. Wie aber diese Novelle, die zum 1.1.2020 in Kraft tritt, mit einem Gerichtsverfahren zusammenhängen soll, das schon im Jahre 2018 begonnen hat, hat das Gericht nicht erklärt. Auch hat es keine Erklärung, die ab 1.1.2020 vorgelegt werden kann, verlangt.

Über weitere gerichtliche Streitigkeiten bezüglich ENZ – wir haben verschiedene Varianten von Eintragungen beantragt, teilweise von Erben oder gutgläubigen Erwerbern von Erben mit einem ENZ, teilweise mit einem notariellen Protokoll, das die Verordnung Nr. 650/2012 auch zulässt, – werden Sie in den nächsten Ausgaben dieses Journals lesen.

Mitverfasser des Artikels ist die bnt Junior Associate Vendula Doležalová.

 

Quelle:
Verordnung Nr. 650/2012/EU AEUV
(tschechische) Zivilprozessordnung, Gesetz Nr. 99/1963 Sb. Katastergesetz, Gesetz Nr. 256/2013 Sb.
Katasterverordnung, Nr. 357/2013 Sb., mit der Änderung durch die Verordnung, Nr. 301/2019 Sb.:
„(6) Wenn in der Urkunde, die nach den Bedingungen ausgegeben wurde, die von einer direkt anwendbaren Vorschrift der Europäischen Union festgelegt werden und die die Universalsukzession nachweist, keine Rechte oder Immobilien angeführt sind, die die Universalsukzession betrifft, weil dies die Rechtsordnung des Staates, in der die Urkunde ausgegeben worden ist, nicht ermöglicht, schreibt das Katasteramt die Änderung des Eigentums- oder eines anderen dinglichen Rechts auf der Grundlage dieser Urkunde und einer Erklärung des Rechtsnachfolgers mit den Erfordernissen gemäß § 66 Abs. 4 Buchst a) bis d) und f) ein.“

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