Eindämmung der COVID-19-Auswirkungen: vorübergehende Aussetzung der Insolvenzantragspflicht des Geschäftsführers und weitere Maßnahmen.
Geschäftsführer müssen umgehend ein Insolvenzverfahren einleiten, wenn ihr Unternehmen insolvent ist. Nach litauischem Recht ist ein Unternehmen unter anderem dann insolvent, wenn es seinen Verpflichtungen bei Fälligkeit nicht nachkommen kann, zum Beispiel wenn es seine Rechnungen nicht pünktlich bezahlen kann.
Das litauische Parlament hat am 21. April 2020 einen Gesetzentwurf verabschiedet, der einige Bestimmungen des Insolvenzgesetzes vorübergehend ändert. Dabei folgte das Parlament Beispielen aus Deutschland und anderen Ländern. Ziel ist es, Unternehmen dabei zu unterstützen, den wirtschaftlichen Abschwung zu überstehen, der durch die Einschränkungen verursacht wurde, die von Regierungen in aller Welt im Zuge der COVID-19-Pandemie auferlegt wurden. Viele Unternehmen sind mit ungeplanten und unplanbaren Liquiditätsengpässen konfrontiert.
Folgende Änderungen mit Insolvenzbezug gelten in Litauen:
1. Aussetzung der Verpflichtung des Geschäftsführers, bei Gericht ein Insolvenzverfahren zu beantragen. Diese Aussetzung gilt während der Quarantänezeit und für einen Zeitraum von 3 Monaten ab dem Datum ihrer Aufhebung. Wichtig: die gesetzlichen Pflichten, die vor der Insolvenzantragsstellung bei Gericht gelten, müssen gleichwohl erfüllt werden, so dass Geschäftsführer jedem Gläubiger den Abschluss einer Vereinbarung über finanzielle Unterstützung.
2. Beschränkung des Rechts der Gläubiger auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens. Diese Beschränkung gilt während der Quarantänezeit.
3. Schutz laufender Restrukturierungsverfahren während der Quarantänezeit und für 3 Monate nach deren Aufhebung. Bei Restrukturierungsverfahren lösen die nicht fristgerechte Umsetzung des Restrukturierungsplans durch das Unternehmen, das sich in Restrukturierung befindet, sowie die Nichtzahlung fälliger Steuern nicht die übliche Beendigung des Restrukturierungsverfahrens aus.
4. Schutz bestimmter Transaktionen: Transaktionen/Rechtsgeschäfte, die mit Hilfe staatlicher, aufgrund von COVID-19 gewährter Finanzierungsmaßnahmen durchgeführt wurden, können nicht angefochten werden, falls das Unternehmen später in die Insolvenz geht.
Die Regierung kann unter bestimmten Bedingungen die oben unter Nr. 1 und Nr. 3 genannten Maßnahmen verlängern, jedoch nicht länger als bis zum 31. Dezember 2020.
Es ist wichtig zu betonen, dass alle diese Änderungen nur für Unternehmen gelten, die nach dem 16. März 2020, dem Tag, an dem die litauische Regierung eine Quarantäneregelung für das Land angekündigt hatte, in finanzielle Schwierigkeiten geraten sind oder wegen des Coronavirus (COVID-19) zahlungsunfähig geworden sind.
Die verabschiedeten Änderungen des Insolvenzgesetzes sind als ein Schritt in die richtige Richtung zu begrüßen, um Unternehmen zu erhalten, die aufgrund des COVID-19 vorübergehende Liquiditätsprobleme haben. Ein positiver Effekt des Gesetzes besteht darin, dass es Geschäftsführern eine gewisse Sicherheit gibt, dass ihre Entscheidung, die Geschäftstätigkeit fortzusetzen und zu versuchen, das Unternehmen während der Quarantäne zu retten, keine zivilrechtliche Haftung für die Verletzung der Insolvenzantragspflicht auslöst.
Das Gesetz muss sich jedoch in der Praxis bewähren. Ein Bereich, in dem es zu kurz zu greifen scheint, ist der folgende. Geht das Unternehmen später in Insolvenz, so scheinen viele Transaktionen nicht vor Insolvenzanfechtungen geschützt zu sein. Anders als die jüngsten Änderungen der Insolvenzgesetze in anderen Ländern wie Deutschland schützen die Änderungen des litauischen Insolvenzgesetzes Transaktionen grundsätzlich nicht vor Rückforderungsansprüchen, mit Ausnahme der Covid-19-spezifischen finanziellen Unterstützung im Rahmen von Regierungsprogrammen. Ein weiterer Grund zur Sorge hinsichtlich der Wirksamkeit der erlassenen Maßnahmen steht in Zusammenhang mit der Beweislast für ihre Anwendbarkeit. Anders als bei den jüngsten Änderungen des deutschen Insolvenzregimes gibt es im Zuge der temporären Änderungen in Litauen keine Vermutung, dass ein Unternehmen, das nach einem bestimmten Datum, zum Beispiel dem Tag der Bekanntgabe der Quarantäne in Litauen (16. März 2020), in Not gerät, wegen der Covid-19-Pandemie in Schwierigkeiten geraten ist. Das bedeutet zum Beispiel, dass ein Geschäftsführer, der sich auf die Aussetzung seiner Insolvenzantragspflicht berufen will, nachweisen muss, dass die finanzielle Notlage tatsächlich durch die Pandemie verursacht wurde.
Quelle:
Gesetz über die Auswirkungen der Folgen des neuen Coronavirus (COVID-19) auf die Anwendung des Gesetzes über die Insolvenz juristischer Personen der Republik Litauen (21. April 2020, Nr. XIII-2861)