Ist bald Schluss mit der Einrede der systembedingten Befangenheit?

Ein bereits seit langem diskutiertes Problem – die sog. „systembedingte Befangenheit der Verwaltung“ – harrt einer Lösung: ein neu eingebrachter Gesetzesvorschlag sieht vor, diese Einrede ganz auszuschließen, um so den Entscheidungsfindungsprozess von Verwaltungsbehörden effizienter und rascher zu gestalten.

Anfang März nahm der Entwurf einer Novellierung der Verwaltungsordnung, der von der Bezirksregierung Pardubice eingebracht wurde, die Hürde der ersten Lesung im Abgeordnetenhaus des Parlaments. Der Entwurf sieht vor, dass es künftig nicht mehr möglich sein soll, die Befangenheit von Amtspersonen wg. deren Dienstverhältnisses oder arbeitsrechtlichen Beschäftigungsverhältnisses zum Staat oder zur regionalen oder kommunalen Selbstverwaltung einzureden; dies würde de facto die Abschaffung der Einrede der sog. systembedingten Befangenheit der Verwaltung bedeuten.

Die systembedingte bzw. systemimmanente Befangenheit der Verwaltung beschreibt eine Situation, in der von der Entscheidung über eine bestimmte Sache alle Amtspersonen der betroffenen Verwaltungsbehörde einschließlich der Führungsspitze ausgeschlossen werden müssten, und zwar wg. deren Dienstverhältnisses oder Angestelltenverhältnisses zum Träger der öffentlichen Verwaltung (im Regelfall Gemeinde oder Regierungsbezirk), der am Ausgang des betreffenden Verwaltungsverfahrens ein derart erhebliches Interesse hat, dass eine reale Beeinflussung der von den Verwaltungsbeamten bezogenen Stellung durch außergesetzliche Aspekte droht. Das Paradebeispiel für systembedingte Befangenheit sind die Bauämter, an denen Beamte als Angestellte der Gemeinde tätig sind, welche im Rahmen der Kompetenzübertragung nicht selten über Bauvorhaben entscheiden, an deren Genehmigung die Kommune ein konkretes Interesse haben kann. Oft sind diese Gemeinden zugleich direkt am Verwaltungsverfahren beteiligt. Dies kann dazu führen, dass womöglich die unvoreingenommene Entscheidungsfindung der zuständigen Amtsperson am Bauamt beeinträchtigt wird, weil sie von der Gemeinde als Arbeitsgeber abhängig ist.

Der Gesetzesentwurf reagiert primär auf die Entscheidungspraxis des Obersten Verwaltungsgerichts, welches in der Vergangenheit zwar den automatischen Ausschluss von Amtspersonen von Entscheidungen in derartigen Sachen verneint hat, aber doch auf die Existenz der sog. systembedingten Befangenheit als solcher geschlossen hat. Damit genügt für Zweifel an der Unbefangenheit eines Beamten und seinen Ausschluss von der Entscheidung in solchen Fällen ein relativ geringer Verdachtsgrad, denn die Existenz des Risikos der systembedingten Befangenheit ist bereits für sich genommen ein Signal, welches zu erhöhter Umsichtigkeit und Argwohn aufruft, wenn es darum geht, die Gründe für den Ausschluss einer Amtsperson vom Verfahren zu beurteilen. Dem Obersten Verwaltungsgericht zufolge können Verdachtsmomente zum Beispiel in Äußerungen in Politik und Medien bestehen, die dem betreffenden Verwaltungsverfahren vorausgehen oder dieses begleiten und die darauf hindeuten, dass Personen von Einfluss als Arbeitgeber der Amtsperson ein Interesse am Verfahrensausgang haben könnten. Diese Rechtsprechung hat in der Praxis dazu geführt, dass von den Beteiligten an Verwaltungsverfahren gerade wg. der behaupteten systembedingten Befangenheit häufig die Voreingenommenheit von Entscheidungsträgern eingewandt wird.

Vor diesem Hintergrund beabsichtigt das Änderungsgesetz, die Gründe zu verschärfen, aus denen heraus Amtspersonen für befangen erklärt werden können. Ein Dienst- oder Beschäftigungsverhältnis der Amtsperson zum Staat oder zu einer Gebietskörperschaft könnte dann nicht mehr ins Feld geführt werden. Dies soll letztlich die Zahl der eingebrachten Einwendungen drastisch reduzieren und damit zu effizienteren Entscheidungen der Verwaltungsbehörden führen. Die gegenwärtige Praxis zeigt nämlich, dass manche Verwaltungsverfahren durch mißbräuchliche Einreden der systembedingten Befangenheit praktisch zum Stillstand gebracht worden sind; die Situation bedarf also dringend einer Lösung.

Allerdings hegt die Fachwelt eine Reihe von Zweifeln daran, ob die vorgeschlagene Lösung der richtige Weg ist, die anstelle einer grundlegenden Behandlung der mit der systembedingten Befangenheit verbundenen Risiken einfach das Gesetz so neu fasst, dass die systembedingte Befangenheit überhaupt nicht mehr eingewandt werden kann. So ist denn auch bereits eine Diskussion entbrannt, wie sich die Gerichte, allen voran das Verfassungsgericht, zu einer solchen Lösung stellen werden, d.h. insbesondere, ob sie diese Regelung womöglich für verfassungswidrig befinden. Kritiker des Gesetzesentwurfs finden, die schlüssigere Lösung bestünde darin, dass die Zentralregierung anstelle der Regionen die Initiative ergreift und insbesondere im Falle der Bauämter für eine Trennung der Ausübung der Amtsgewalt sorgt, indem ein getrenntes System von Bauämtern eingerichtet wird, welche weder personell noch anderweitig mit der Selbstverwaltung verbunden oder von dieser abhängig sind, so wie dies z.B. bei der Finanzverwaltung, der Zollverwaltung usw. bereits der Fall ist.

Quelle: https://apps.odok.cz/veklep-detail?pid=ALBSAV5L3HFDv

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