Haftung des De-Facto-Geschäftsführers

Litauen: Kriterien für eine Haftung gemäß der Rechtsprechung des litauischen Obersten Gerichtes

Autor: Roberta Palčiauskaitė (Praktikum bei bnt Vilnius)

Im Rahmen der Weiterentwicklung seiner Rechtsprechung zur Haftung von Geschäftsführern hat sich das litauische Oberste Gericht (nachstehend – LOG) am 7. Februar 2018 zum Verhältnis zwischen De-Facto und De-Jure Geschäftsführer (formeller Geschäftsführer) geäußert und Kriterien für die Haftung des De-Facto Geschäftsführers festgelegt. Diese neu entwickelte Rechtsprechung wird die Tätigkeit der faktischen Geschäftsführer der Gesellschaften in Zukunft beeinflussen. Sind es doch gerade diese Geschäftsführer, die aktiv tätig sind, ihre Tätigkeiten jedoch hinter dem Rücken der De-Jure Geschäftsführer ausführen. In der Praxis kommt es sehr oft vor, dass der De-Jure Geschäftsführer seine Funktion nicht erfüllt. Diese übernimmt dann häufig der De-Facto Geschäftsführer. Somit war es an den Gerichte, die Kriterien für eine Unterscheidung der faktischen und formellen Leitung einer Gesellschaft zu bestimmen.

In seiner neuen Entscheidung hat das LOG nun zusätzlich die Kriterien klargestellt, nach welchen auf einen De-Facto Geschäftsführer die zivilrechtliche Haftung angewandt wird. Im vorliegenden Fall war der alleinige Gesellschafter und zugleich Berater (Arbeitnehmer) der Klägerin (eine insolvente Gesellschaft) aktiv in die Geschäftstätigkeiten involviert, d.h. er hat die Gesellschaft de-facto geleitet. Das LOG stellte fest, dass in Fällen, in welchen der Gesellschafter seinen Einfluss auf die Gesellschaft in einer Weise ausdehnt, durch welche er die Leitung der Gesellschaft übernimmt, muss auch die zivilrechtliche Haftung eines De-Jure Geschäftsführers auf seine Handlungen ausgeweitet werden.

Folgende Kriterien sind für die Beurteilung, ob auf eine Person die Geschäftsführerhaftung anzuwenden ist, wichtig: (1) erfüllt die Person Leitungsaufgaben (einschließlich des Erteilens von bindenden Anweisungen an formell bestellte Gesellschaftsorgane); (2) werden diese Leitungsaufgaben fortwährend vorgenommen (systematisches Handeln, welches gemäß Gesetz und Satzung für den Geschäftsführer der Gesellschaft charakteristisch ist). Die Umstände, ob die Tätigkeit des Beklagten die Funktionen eines Gesellschafters und / oder Beraters (als Arbeitnehmer) übersteigt, ob er Geschäftsentscheidungen trifft und dies fortwährend tut, hat das Gericht sehr streng bewertet. Diese Kriterien hat das LOG als die grundlegenden Kriterien für die Anerkennung einer Person als De-Facto Geschäftsführer anerkannt. Es hat eindeutig klargestellt, dass das alleinige fortwährende Treffen von strategischen Geschäftsentscheidungen einen Geschäftsführer von anderen Arbeitnehmern und Gesellschaftern unterscheidet.

Das LOG hat des Weiteren hervorgehoben, dass im Falle einer doppelten Geschäftsführung beide Geschäftsführer die in Gesetzen vorgesehenen Vorschriften einhalten müssen. Beide Geschäftsführer haften gegenüber der Gesellschaft gesamtschuldnerisch für die Verletzung von fiduziarischen Pflichten, wenn durch die gemeinsamen Handlungen ein Schaden entstanden ist.

 

Quelle: Beschluss des litauischen Obersten Gerichtes vom 7. Februar 2018 in der Zivilsache Nr. 3K-3-4-313/2018

 

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