Geplante Verschärfung des tschechischen Staatsbürgerschafts-gesetzes – Ausländer müssen öfters ihre Unbescholtenheit nachweisen

Im September 2019 kam es zu einer Vereinfachung der Voraussetzungen für die Erteilung der tschechischen Staatsbürgerschaft für Emigranten und deren Abkömmlinge (Novelle Nr. 207/2019 Slg.). Jetzt wird im Abgeordnetenhaus eine weitere Novelle des Gesetzes über die (tschechische) Staatsbürgerschaft (Gesetz Nr. 186/2013 Slg., weiterhin nur „StBG-cz“ und „Novelle StBG-cz“) verhandelt.

Das Ziel der Novelle StBG-cz ist die Verschärfung der Bedingungen für die Erteilung der tschechischen Staatsbürgerschaft. Das Innenministerium, das die Novelle StBG-cz vorbereitet hat, argumentiert, dass die vorgeschlagenen Änderungen insbesondere aus dem Grunde der sich verschlechternden globalen Sicherheitslage notwendig seien. Dies ist aber überraschend, weil diese Gründe, also die Bedrohung „der Sicherheit des Staates, dessen Souveränität und territorialer Integrität, der demokratischen Grundlagen, des Lebens, der Gesundheit oder der Vermögenswerte“ schon als Gründe berücksichtigt sind, auf deren Grundlage die Erteilung der tschechischen Staatsbürgerschaft an einen Ausländer abgelehnt werden kann (cf. § 13 Abs. 2 und § 22 Abs. 3 StBG-cz). Welche konkreten Änderungen führt die Novelle StBG-cz also ein? Untenstehend stellen wir drei Änderungen dar, die unseres Erachtens die wichtigsten sind.

Dieser Artikel schließt an unseren früheren Artikel an, der behandelte, wie sich das gegenwärtige StBG-cz in der Praxis bewährt hat (Link: Überschrift Erwerb der Tschechischen Staatsbürgerschaft). An diesen statistischen Trends hat sich im Prinzip nichts geändert – cf. unter 4 in diesem Artikel.

1. Erweiterung der Notwendigkeit der strafrechtlichen Unbescholtenheit auf weitere Gruppen von Ausländern

Allgemein gilt, dass ein Ausländer, der die tschechische Staatsbürgerschaft erlangen will, nachweisen muss, dass er strafrechtlich unbescholten ist. Das StBG-cz lässt bei einer relativ großen Gruppe von Ausländern zu, dass diese die Staatsbürgerschaft auf der Grundlage einer Erklärung erlangen, also ohne einen Nachweis der strafrechtlichen Unbescholtenheit.

Gemäß den derzeitigen Regeln weist ein Ausländer seine strafrechtliche Unbescholtenheit durch eine Erklärung nach, wenn er die Staatsbürgerschaft gemäß § 35 StBG-cz erlangt. Diese Bestimmung hat Auswirkungen auf junge Leute, die langjährig in der Tschechischen Republik wohnen. In den Jahren 2017 und 2018 handelte es sich um 1539 Personen. Die Novelle schafft diese Art des Erlangens der Staatsbürgerschaft ab, und für diese Gruppe von Antragstellern wird ein neues Regime anwendbar sein, das das Erlangen der Staatsbürgerschaft auf Antrag und zu vereinfachten Bedingungen zulässt. Bei den anderen Arten des Erlangens der Staatsbürgerschaft durch Erklärung fehlt die Bedingung des Nachweises der strafrechtlichen Unbescholtenheit (konkret handelt es sich um die in §§ 31, 32, 34 und 36 StBG-cz beschriebenen Arten). Gerade in dieser fehlenden Bedingung der strafrechtlichen Unbescholtenheit eine Schwächung der Sicherheitsinteressen der Tschechischen Republik. Deswegen schlägt es vor, dass dieser Nachweis der strafrechtlichen Unbescholtenheit auch in diesen weiteren Fällen der Erteilung der Staatsbürgerschaft verpflichtend sein wird.

Wenn die Novelle das StGB-cz ändert, werden auch solche Ausländer die strafrechtliche Unbescholtenheit nachweisen müssen, die die tschechische oder die tschechoslowakische Staatsbürgerschaft vor dem Inkrafttreten des StBG-cz (also dem 1.1.2014) verloren haben, und solche, bei denen mindestens ein Eltern- oder Großelternteil tschechischer bzw. tschechoslowakischer Staatsbürger war, und Kinder, die auf dem Gebiet der Tschechischen Republik in Pflegeschaft gegeben wurden. Diesen Antragstellern hatte die Novelle zum StBG-cz Nr. 207/2019 geholfen. In der Regel handelt es sich dabei um die Restitution der tschechischen Staatsbürgerschaft an solche Personen, denen die tschechischen bzw. tschechoslowakischen totalitären Regimes die Staatsbürgerschaft entzogen hatten. Bei dieser Gruppe ist allerdings das Erfordernis des Nachweises der strafrechtlichen Unbescholtenheit einigermaßen unlogisch, weil es sich um eine Restitution, nicht um eine Erteilung der tschechischen Staatsbürgerschaft handelt.

2. Ordnungswidrigkeitenrechtliche Unbescholtenheit

Eines der Ziele des StBG-cz und der Novelle ist der Versuch, dass nur solche Ausländer die tschechische Staatsbürgerschaft erlangen, die sich ausreichend in die tschechische Gesellschaft integriert haben, insbesondere, was die Integration aus der familiären, arbeitsmäßigen und sozialen Sicht angeht. Das Innenministerium beurteilt während des Prozesses des Verfahrens über die Erteilung der Staatsbürgerschaft insbesondere die soziale Integration, die auch die Stellung des Ausländers zur Einhaltung der tschechischen Rechtsordnung beurteilt (einschließlich des Nachweises der Unbescholtenheit). Unserer Ansicht nach ist aber die Unbescholtenheit von Ausländern eher eine Frage der Sicherheit, nicht der Integration.

Das Innenministerium weist in der Gesetzesbegründung darauf hin, dass es für die Beurteilung der Einstellung eines Ausländers zur tschechischen Rechtsordnung auch wichtig ist, nicht nur die strafrechtliche, sondern auch die ordnungswidrigkeitenrechtliche Unbescholtenheit des Ausländers zu kontrollieren. Weil Ordnungswidrigkeiten typischerweise weniger ernste Taten als Vergehen oder Straftaten sind, schlägt das Innenministerium vor, dass nur ein solcher Ausländer keine Staatsbürgerschaft erhält, der rechtskräftig einer vorsätzlichen Begehung von mindestens zwei Ordnungswidrigkeiten in den letzten drei Jahren bis zum Tag der Stellung des Einbürgerungsantrages als schuldig gefunden wurde.

Unserer Meinung ist aber, dass übliche Ordnungswidrigkeiten z.B. auf tschechischen Straßen nichts mit einer „sich verschlechternden globalen Sicherheitssituation“ zu tun haben, wie z.B. mit Terrorismus, Radikalismus, Nationalismus oder mit dem organisierten Verbrechen, also mit Tatsachen, mit denen das Innenministerium die Notwendigkeit der Novelle begründet.

3. Nachweis von Einkommen

Bisher galt, dass die Antragsteller verpflichtet waren, die Höhe und die Quellen ihres Einkommens nachzuweisen. Sie waren aber nicht verpflichtet nachzuweisen, dass dieses Einkommen ausreichend war, ihre Lebenshaltungskosten auf der Gebiet der Tschechischen Republik zu decken. Real würde drohen, dass die tschechische Staatsbürgerschaft solchen Personen erteilt würde, die keine ausreichenden finanziellen Mittel dazu haben, um sich auf dem Territorium der Tschechischen Republik selbst zu ernähren.

Das soll sich mit der Novelle ändern. Jetzt soll ein Ausländer nicht nur die Höhe und die Quellen seines Einkommens nachweisen, sondern er muss gleichzeitig nachweisen, dass sein Einkommen ausreichend ist, seine lebensnotwendigen Bedürfnisse und Kosten zu sichern. Aber wie das in der Praxis aussehen soll, ist unklar: muss ein Ausländer, der Hedonist, z.B. ein Liebhaber von gutem Essen und Wein oder schnellen Autos, ist, mehr finanzielle Mittel nachweisen als einer, der eher bescheiden ist und nur Mineralwasser trinkt? Wenn ein Ausländer über keine eigenen finanziellen Mittel verfügt, sondern durch eine andere Person unterstützt wird, dann werden in die erforderlichen Einkünfte auch die finanziellen der Person eingerechnet, die ihn finanziell unterstützt.

4. Statistische Daten

Die meisten neuen tschechischen Staatsbürger wurden im Jahre 2014 eingebürgert – mehr als 10.000. Ab dem Jahre 2015 bis zum Jahre 2018 kamen jährlich ca. 5-6.000 neue Staatsbürger dazu, im Jahre 2019 wird dies wahrscheinlich ähnlich sein. Die Herkunftsländer dieser neuen Staatsbürger haben sich seither nicht geändert – auf den ersten Plätzen sind die Länder der ehemaligen Sowjetunion platziert (Ukraine, Russland, etc.), und weiterhin die Slowakei und Vietnam.

Ergebnis

Die Novelle ist überhaupt nicht überzeugend, weil nicht klar ist, wie sie mit Gefahren kämpfen soll, die von neuen Staatsbürgern ausgehen. Der Eindruck von der Novelle ist daher enttäuschend. Einige Regeln, die die Novelle einführt, werden für den Kampf mit einer sich verschlechternden globalen Sicherheitssituation unserer Ansicht nach wenig wirksam sein. Im Gegenteil, die Interessenten für die tschechische Staatsbürgerschaft werden immer mehr bürokratische Hindernisse überwinden müssen.

Mitverfasser des Artikels ist der bnt Junior Jan Mandík.

 

Quelle:
Gesetz Nr. 186/2013 Sb. – Gesetz über die tschechische staatliche Staatsbürgerschaft
Novelle des Gesetzes über die tschechische staatliche Staatsbürgerschaft, Gesetz Nr. 207/2019 Sb.

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