Die ersten praktischen Erfahrungen mit Europäischen Nachlasszeugnissen aus Deutschland in der Tschechischen Republik sind ernüchternd.
Das Europäische Nachlasszeugnis, eingeführt durch die Verordnung 650/2012/EU, soll den Rechtsverkehr in Erbsachen zwischen den EU-Ländern vereinfachen, indem es bei Ämtern, Banken, Gerichten etc. in der gesamten EU, außer drei Mitgliedstaaten, zum Beweis eines Erbrechtes vorgelegt werden kann. Ein zweites Erbverfahren in der EU soll dadurch entfallen.
Aber die Rechtsanwendung brachte Probleme. Deutsche Gerichte weigerten sich beispielsweise beharrlich, überlebenden Ehegatten in Europäischen Nachlasszeugnissen den Ausgleichsanteil gemäß § 1371 Abs. 1 BGB bei einer Zugewinngemeinschaft, d.h. pauschal ¼, zusätzlich neben einem Erbteil von z.B. ¼, einzutragen, und zwar mit der Begründung, dass sei keine erbrechtliche Frage, sondern eine güterrechtliche. Diese deutsche Praxis endete erst, als der EuGH in der Entscheidung Mahnkopf diesen Unsinn beendete (Urteil des EuGH vom 1.3.2018, Rechtssache C 558/16). Dabei hat der EuGH festgestellt (Rn. 35,36), dass „…die Verordnung …die Hindernisse für den freien Verkehr von Personen bei der Durchsetzung ihrer Rechte im Zusammenhang mit einem Erbfall mit grenzüberschreitendem Bezug ausräumen, um das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts zu erleichtern“, soll. Dieser Zweck geht auch aus Art. 63 Abs. 1 EuErbVO klar hervor. Am 21.6.2018 entschied der EuGH strittige Zuständigkeitsfragen (C-20/17 – Oberle) – darüber in der nächsten Ausgabe.
In einer anderen Konstellation geht es um Grundstücke in Österreich, Ungarn und der Tschechischen Republik. Für die Umschreibung von Grundstücken verlangen nämlich die Katasterämter bzw. Notare, dass in Europäischen Nachlasszeugnissen nicht nur der Erbteil eingetragen ist, sondern auch die genaue Bezeichnung der Grundstücke. Art. 68 Buchst. l) EuErbVO lässt das zwar zu, deutsche Gerichte (OLG Nürnberg, Beschluss vom 5.4.2017, 15 W 299/17, sowie OLG München, Beschl. v. 12.09.2017, Az. 31 Wx 275/17) haben aber entschieden, dass dies nicht eingetragen werde.
Allerdings sind diese Angaben in den Nachbarländern nicht überflüssig, denn die Katasterämter bzw. Notarelehnen die Eintragung aufgrund solcher Europäischen Nachlasszeugnisse ab, weil die Katastervorschriften es angeblich erforderten, dass die Grundstücke konkret aufgeführt seien.
Die Lösung liegt entweder darin, diese deutsche Praxis einzustellen und die Grundstücke in die Zeugnisse einzutragen, oder die Kataster- oder Notarvorschriften nicht anzuwenden und die Grundstücke auch so einzutragen. Dies zu entscheiden ist aber Sache des EuGH, eine entsprechende Vorlageentscheidung gibt es noch nicht. Aber im Binnenmarkt sollten gültige europäische Nachlasszeugnisse Vorrang vor Katastervorschriften von EU-Mitgliedsländern haben.
Ansonsten würde der Zweck des europäischen Nachlasszeugnisses, der „zur Verwendung durch Erben …bestimmt (ist), die sich in einem anderen Mitgliedstaat auf ihre Rechtsstellung berufen oder ihre rechte als Erben …. ausüben müssen“, (Art. 63 Abs. 1 EuErbVO), nicht erreicht.
Quelle: Verordnung 650/2012/EU (EuErbVO)