Einstweilige Maßnahmen in Litauen: Die Rechtsprechung ändert sich

Beschlagnahme von Schuldnervermögen: Kein selbstverständliches Privileg des Klägers mehr

Einstweilige Maßnahmen sind normalerweise die einzige Möglichkeit, die Interessen von Klägern zu wahren. Am Beliebtesten dabei: Die Beschlagnahme des Schuldnervermögens. Besitzt der Schuldner etwas Wertvolles, ist es wichtig, die Vermögenswerte im Voraus einzufrieren, damit der Beklagte sie nicht absichtlich verschwendet und so ein Urteil vereitelt.

Um einstweilige Maßnahmen einleiten zu können, genügte es bisher, wenn der Kläger mithilfe schriftlicher Beweise begründete, dass aufgrund der kritischen finanziellen Lage des Beklagten ein ernstzunehmendes Risiko besteht, dass ein endgültiges Urteil schwer durchsetzbar sein wird (besonders bei einem beträchtlichen Streitwert).

Momentan ändern die litauischen Zivilgerichte die Beweisanforderungen. Im Einklang mit der Rechtsprechung der obersten litauischen Gerichtshöfe setzen die Richter nun zunehmend hinreichende Beweise für eine bestehende oder potentielle Unredlichkeit des Schuldners voraus. Die Rechtsprechung hat bereits erste Richtlinien dafür festgelegt, welche Beweise ein ausreichendes Level an Unredlichkeit begründen. Als Beweis können gelten: Frühere unredliche Vermögensübertragungen des Schuldners; die Herausgabe von falschen Informationen / Gewährleistungen in Vertragsverhältnissen; die Weitergabe oder der Verkauf von Vermögenswerten durch den Schuldner; unredliches Verhalten bei anderen Verfahren; die Nichtbeachtung anderer Gerichtsentscheidungen; das anhaltende Versäumnis, Jahresabschlüsse vorzulegen, etc. Beachtenswert ist, dass die Verweigerung des Schuldners, die Forderung des Gläubigers zu akzeptieren, bevor die Sache vor Gericht gebracht wird, nicht als Beweis der Unredlichkeit erachtet wird.

Die neuen Standards bringen den Beklagten mehr Sicherheit und werden definitiv von denen befürwortet werden, die als mutmaßliche Schuldner von unfairen Klägern (Vertragspartnern, Konkurrenten) zum Beispiel mit der verdeckten Absicht in einen Prozess verwickelt werden, Druck im Hinblick auf wichtige geschäftliche Entscheidungen auszuüben.

Andererseits könnten es viele faire Kläger schwer haben, überhaupt Beweise für die Unredlichkeit von Schuldnern zu finden und so trotzdem mit der Verschwendung von Vermögen konfrontiert werden, was in einem bedeutungslosen Gerichtsprozess ohne zufriedenstellendes Urteil resultieren kann.

Es ist offensichtlich, dass die Gerichte immer noch auf der Suche nach der richtigen Balance sind. Wir sollten daher die Schaffung weiterer Präzedenzfälle abwarten.

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